Donnerstag, März 20

Wiz ist die bisher teuerste Akquisition der Google-Mutter Alphabet. Seine Gründer kennen sich seit ihrer Zeit bei den israelischen Streitkräften.

«Wenn du deine erste Firma gründest, bist du ein bisschen naiv. Du weisst nicht, was dich erwartet. Bei deiner zweiten Firma weisst du, dass es eine Achterbahnfahrt wird.»

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Das sagte Assaf Rappaport vor zwei Jahren in einem Online-Interview mit einem seiner Investoren. Da wusste er noch nicht, welche Achterbahnfahrt seinem Unternehmen, dem israelischen Cybersecurity-Startup Wiz, bevorstehen würde: 2024 nahmen Rappaport und sein Team Gespräche mit der Google-Mutter Alphabet auf, die Wiz für 23 Milliarden Dollar übernehmen wollte. Doch das Geschäft scheiterte.

Er wolle sich auf einen Börsengang konzentrieren und unabhängig bleiben, sagte Rappaport im vergangenen Sommer. Doch im derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld stellte sich das als schwierig heraus. Wiz sah sich erneut nach Käufern um – und am meisten bot Alphabet. Nun, ein knappes Dreivierteljahr später, war der Google-Konzern sogar bereit, 32 Milliarden zu bezahlen.

Die Armee als Kaderschmiede

Somit hat sich Rappaport mal eben den grössten Deal in Googles Geschichte gesichert. Und nicht nur das: Der Verkauf von Wiz ist der grösste Verkauf eines privaten, Risikokapital-finanzierten Unternehmens aller Zeiten. Er stellt den bisherigen Spitzenreiter, den Kauf von Whatsapp durch Meta für 19 Milliarden Dollar, deutlich in den Schatten.

Aber eigentlich passt die Metapher einer Achterbahnfahrt für Wiz gar nicht. Denn für das Unternehmen ging es immer nur steil bergauf.

Gegründet wurde Wiz erst 2020 von Assaf Rappaport, Ami Luttwak, Yinon Costica und Roy Reznik. Die vier lernten sich vor über zwanzig Jahren beim israelischen Militär kennen, wo sie nach ihrem Schulabschluss im Bereich Cybersecurity arbeiteten. Die sogenannte Unit 8200 der israelischen Streitkräfte ist berühmt. Ehemalige Mitglieder der Einheit haben schon zahlreiche erfolgreiche Firmen im Bereich Cybersicherheit gegründet, darunter Palo Alto Networks, Check Point und Fireblocks. Rappaport sagte später, er habe beim Militär «eine gewaltige Menge phantastischer Leute» kennengelernt. «Der Himmel war die Grenze.»

Microsoft schluckte das erste Unternehmen

Ihre erste Firma gründeten Rappaport und Co. 2012: Adallom, einen Security-Anbieter für Cloud-basierte Software. Der Adallom-Dienst konnte erkennen, ob verdächtige Zugriffe auf Cloud-Anwendungen stattfanden, und automatisch Gegenmassnahmen ergreifen. Das erweckte die Aufmerksamkeit von Microsoft, das Adallom 2015 für 320 Millionen Dollar kaufte.

Für Microsoft lohnte sich der Kauf: Adallom wurde zur Grundlage für die Cloud-Security des Unternehmens. Die Gründer wechselten ebenfalls zu dem amerikanischen Konzern, Rappaport war bis 2020 Manager bei Microsoft Israel.

Vielleicht ist es das, was er mit der angesprochenen Naivität meinte: Man liess sich von einem grossen Konzern einfach schlucken. Mit seinem zweiten Unternehmen sollte ihm das nicht passieren. Wiz wird nun zwar von Google übernommen, bleibt aber eine eigene Einheit und kann auch mit der Konkurrenz Geschäfte machen.

Während Adallom sich auf den Schutz der Cloud-Nutzung durch Mitarbeiter fokussierte, deckt Wiz die gesamte Cloud-Umgebung eines Unternehmens ab, inklusive Infrastruktur. Die Software führt eine Art «Sicherheitsinspektion» durch, um gefährliche Schwachstellen zu finden und zu beheben.

Die Nachfrage ist ungebrochen

Mit grossem Erfolg: Der Umsatz, den das Unternehmen jährlich durch Lizenzen macht, stieg innerhalb von nur drei Jahren auf 350 Millionen Dollar. In diesem Jahr, fünf Jahre nach der Gründung, soll die Milliardenschwelle überschritten werden. Palo Alto Networks, das heute zu den grössten Cybersecurity-Firmen zählt, brauchte dafür mehr als doppelt so lange.

Inzwischen gehört die Hälfte der hundert grössten amerikanischen Unternehmen zu den Kunden von Wiz. Die letzte Bewertung des Unternehmens betrug 16 Milliarden Dollar, diese hat Alphabet nun deutlich übertroffen.

Der Suchmaschinengigant erhofft sich von der Akquisition, im Cloud-Geschäft zu den Konkurrenten Microsoft und Amazon Web Services aufschliessen zu können. Alphabets Marktanteil beträgt hier nur 12 Prozent, doch die Nachfrage nach Cloud-Diensten ist wegen neuer KI-Anwendungen so hoch wie nie.

Gründer werden zu Milliardären

Wiz kam zu einer Zeit, in der die Nachfrage nach Cloud-Dienstleistungen explodierte – und in der das Bedürfnis nach Sicherheit stieg. Während der Pandemie mussten die Unternehmen in vielen Bereichen sparen, nicht aber bei der Cybersecurity. «Die Budgets, die die Unternehmen dafür aufbrachten, wuchsen sogar», so Rappaport.

Der 41-Jährige gibt sich gerne betont casual, er läuft mit Sweatshirt und Turnschuhen herum und postet Fotos mit seinem Hund Mika, dem «Chief Dog Officer» von Wiz. Als Mika vergangenes Jahr starb, schrieb Rappaport bei Linkedin, sie sei «die Liebe seines Lebens» gewesen.

Den Erfolg seines Unternehmens führte er in dem eingangs erwähnten Interview auf die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter zurück: «Wenn ich in einen Raum gehe, will ich, dass ich dort der Dümmste bin. Dann muss ich nur noch zuhören.» Eine Herangehensweise, die sich für ihn und seine Mitgründer gelohnt hat: Als Anteilseigner von je neun Prozent an Wiz gehen sie als Milliardäre aus dem Geschäft mit Alphabet hervor.

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