Samstag, Dezember 28

In Freiburg beginnt im Sommer eine neue Zeitrechnung. Vorher will der Eishockeyklub mit dem frisch engagierten Coach Lars Leuenberger die Saison halbwegs würdig abschliessen. Obwohl Christian Dubé weiterhin Unruhe stiftet.

Am Sonntag wechselte der HC Fribourg-Gottéron den Trainer: Lars Leuenberger ersetzte Patrick Émond, einen frankokanadischen Leisetreter, dem es nicht gelungen ist, Gottérons Übergangssaison zu moderieren. Nichts anderes ist die Spielzeit 2024/25 für diesen Klub – es gibt eigentlich kein anderes Ziel, als die Zeit bis zum Sommer halbwegs würdevoll zu überbrücken. Dann soll unter dem schwedischen Spitzentrainer Roger Rönnberg eine neue Ära beginnen.

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Seine Verpflichtung ist ein spektakulärer Coup; zu erwarten ist, dass Rönnberg Gottéron nicht weniger als revolutioniert. Er wurde mit Frölunda zweimal schwedischer Meister und gewann viermal die Champions Hockey League. Unter ihm gediehen unzählige Talente zu NHL-Profis.

Die mangelnde Entwicklung junger Spieler war eine der grossen Vorhaltungen gegen Gottérons starken Mann der vergangenen Dekade: Christian Dubé. Dubé, 47, führte den Klub neun Jahre lang als Sportchef und Trainer, teilweise im Doppelmandat. Gemessen an den hohen finanziellen Aufwendungen war die Bilanz mit zwei gewonnenen Play-off-Serien miserabel.

Die von Dubé zusammengestellte Mannschaft ist überaltert – dafür zahlt der Klub heute den Preis – unter anderem, weil Spieler wie der hoffnungsvolle Verteidiger David Aebischer aussortiert wurden. Aebischer, mittlerweile in Lugano gelandet, erklärte den Abschied von seinem Stammverein kürzlich so: «Es sind Dinge passiert, die einfach nicht gehen. Es wurden mit Aktionen und Worten Grenzen überschritten. Da war für mich klar, dass ich in diesem Klub keine Zukunft habe.»

«Ich kann auch keine jungen Topspieler kacken», sagt Christian Dubé

Im November wurde Dubé in einem auf einer Doppelseite ausgewallten Interview mit den «Freiburger Nachrichten» darauf angesprochen, dass unter ihm kaum junge Spieler prosperierten. Seine Replik beinhaltete diese Sätze: «Wie viele gute Junge hatten wir in meinen fünf Jahren als Trainer in Freiburg? Ich will nicht vulgär werden, aber ich kann auch keine jungen Topspieler kacken.» Kein Wort zu Aebischer, und auch sonst auffallend wenig Selbstkritik für einen Macher, dessen Teams sich trotz einem der grössten Budgets der Liga in einem anderen Orbit bewegten als die Titelkandidaten.

Und doch: Seit Maria und Josef in Bethlehem das Obdach verwehrt wurde, hat es nicht mehr viele so degoutante Ungerechtigkeiten gegeben wie seine Entlassung – so lassen sich Dubés Auslassungen grob zusammenfassen. Mit dem Sportchef Gerd Zenhäusern werde er nicht reden, dafür sei er zu enttäuscht. Und auf den absurden, im Herbst vom «Blick» vorgebrachten Vorschlag, Gottéron solle Dubé für den Rest der Saison zurückholen, entgegnete er, dass dafür erst einmal «gewisse Personen die Organisation verlassen müssten».

Es ist normal, dass ein entlassener Coach enttäuscht ist, vermutlich ist die erste Trennung besonders schmerzhaft, wie im richtigen Leben. Aber die Frage ist schon, ob Dubé sich mit seiner PR-Kampagne einen Gefallen tut. Vor Weihnachten empfing er ein Kamerateam von «My Sports», der Beitrag hatte den Titel «Herzbeben», und schon der Trailer war von Musik untermalt, bei der selbst der Regisseur James Cameron gesagt hätte: Ganz so melancholisch müssen die Tonleitern beim Untergang der «Titanic» auch wieder nicht sein.

Dubé scheint zudem zu vergessen, dass es nicht sein ehemaliger Assistent Zenhäusern war, der ihn ausbootete. Sondern die Spieler. Dem Vernehmen nach sprachen sich bei den Saisonabschlussgesprächen so viele Akteure gegen den Coach aus, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit undenkbar war.

Gottéron hilft die mediale Omnipräsenz des ehemaligen Trainers ganz bestimmt nicht – unter diesen Umständen zur Ruhe zu kommen, ist schwierig. Auch wenn Zenhäusern, ein besonnener Macher, der einer Oberwalliser Eishockeydynastie entstammt, zu viel Klasse hat, als dass er sich auf eine öffentliche Schlammschlacht einlassen würde. Es sei Zeit für einen neuen Zyklus, sagte Zenhäusern nur. Unabhängig von der Person Dubé, deren Stärken und Schwächen, ist diese Überzeugung nach den mageren Resultaten der vergangenen Dekade nachvollziehbar.

Mit Ludvig Johnson hat Gottéron dem EV Zug ein umworbenes Talent abgejagt

Mit Rönnberg wird diese neue Zeitrechnung im Sommer beginnen. Und Gottéron profitiert schon jetzt von diesem Umstand: Soeben hat sich der 18-jährige Verteidiger Ludvig Johnson, eines der interessantesten Talente im Land, für einen Wechsel von Zug nach Freiburg entschieden. Ohne Rönnberg hätte Gottéron nicht einmal ein Angebot unterbreiten müssen.

Der am Sonntag engagierte Leuenberger wird Rönnberg assistieren. Vorderhand besteht seine Aufgabe darin, diese Saison mit Anstand zu beenden. Niemand erwartet einen wundersamen Steigerungslauf wie 2016, als Leuenberger den SC Bern zum Meistertitel führte. Derzeit geht es um etwas anderes: Gottéron ist der einzige Klub mit einer Stadionauslastung von hundert Prozent; nun gilt es, dieses treue Publikum halbwegs bei Laune zu halten. Schliesslich wird der überfällige, von Dubé zu lange aufgeschobene Kaderumbruch viel Geld kosten. Die Renovationsarbeiten sollen irgendwann im ersten Titel der Klubgeschichte zinsen. Es bleibt das ultimative Ziel dieser Organisation: das Trauma zu überwinden, dass der Trophäenschrank komplett leer ist.

Die Teilnahme am Spengler-Cup wird dem Interimscoach Leuenberger helfen, sich mit den Eigenheiten dieser Mannschaft vertraut zu machen – es ist eine Art Crashkurs, gepaart mit einem Höhentrainingslager. Er sei «extrem überrascht», wie schwer Gottéron sich in dieser Saison tue, und glaube «zu hundert Prozent» an diese Mannschaft, sagte Dubé auch noch. Womöglich war das sein finaler Irrtum, was seinen ehemaligen Arbeitgeber anbelangt.

Exit mobile version