Mittwoch, Januar 15

Die Grippe hat die Romandie früher und heftiger erfasst als den Rest des Landes. In Neuenburg sollen Patienten nur noch in schweren Fällen die Notaufnahme aufsuchen.

Fast scheint es, als halte sich die Grippe derzeit an Sprachgrenzen: Die Romandie ist auf der Landeskarte im Influenza-Monitoring des Bundesamtes für Gesundheit teilweise tiefblau gefärbt. Zunächst wurden insbesondere die Kantone Neuenburg, Waadt und Genf von der saisonalen Grippewelle erfasst. Der Rest des Landes hingegen ist in hellstes Blau oder gar grau gefärbt – hier gibt es kaum oder keine (Appenzell Innerrhoden) gemeldeten Fälle.

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Die vier Neuenburger Spitäler sind wegen der Grippe und weiterer Faktoren dieser Tage immer wieder am Anschlag. Am Dienstag stand das Ampelsystem auf der Website des Spitalnetzwerks Neuenburg für zwei Notaufnahmen auf Rot. Am Mittwoch entspannte sich zwar die Lage, dafür wechselte die Ampel der Kindernotaufnahme in der Stadt Neuenburg auf Rot.

Skiunfälle, Ferien, Grippe

Dieses Jahr sei eben alles zusammengekommen, sagt Claire Charmel, die Direktionspräsidentin des Spitalnetzwerks RHNe: der Schnee und die Glätte, also Ski- und sonstige Unfälle, dazu die Grippe und weitere Winterviren. Und das mitten in den Weihnachtsferien der Allgemeinmediziner. Ähnlich war die Lage an den vier Standorten des Kantonsspitals Freiburg. Das Resultat: Die Spitäler wurden zu Jahresbeginn überrannt.

In Neuenburg riefen die Behörden deshalb dazu auf, nur noch in lebensbedrohlichen Situationen in die Notaufnahme zu gehen. In den Pflegebereichen der Spitäler gilt wieder eine Maskenpflicht, um die Verbreitung der Viren – auch von Covid-19 – zu verlangsamen. Zudem hätten die Spitäler eine Reserveeinheit geöffnet und in Patientenzimmern zusätzliche Betten aufgestellt, sagt die Direktionspräsidentin Charmel. So sei die Bettenanzahl um rund 10 Prozent ausgebaut worden, auf nun 420.

Die Massnahmen entsprechen dem typischen Wintermodus der Neuenburger Spitäler, in dem sie nun mehrere Wochen bleiben werden. Seit der Reorganisation ist die Lage laut Claire Charmel nicht mehr so angespannt. Aber ein Problem bleibt: Weil es nicht genug Plätze in Alters- und Pflegeheimen gibt, können derzeit rund 50 Personen nicht aus den Spitälern entlassen werden. Sie blockieren also dringend benötigte Betten.

Altersheime haben zu wenige Plätze

Ähnlich ist die Situation andernorts in der Romandie. Sieben vom Westschweizer Rundfunk RTS befragte Spitäler gaben am Montag an, dass sie 375 Patienten eigentlich entlassen möchten, aber nicht könnten. In den meisten Fällen liege das an fehlenden Plätzen in Alters- und Pflegeheimen. Insgesamt warteten allein in der Waadt 600 Senioren auf den Umzug ins Altersheim.

Im Waadtland sind derzeit auch die Spitalabteilungen für Medizin, Chirurgie und Traumatologie stärker als gewöhnlich belegt, wie das Gesundheitsdepartement mitteilt. Bei den Notaufnahmen steche etwa das Spital Riviera-Chablais an der Rhone-Mündung hervor. Statt wie üblich maximal 130 Patienten am Tag gebe es nun bis zu 160 Patienten, teilt das Spital mit. Das liege ebenfalls vor allem an der Grippe und an Skiunfällen.

Die Waadt hat deshalb am Freitag die höchste Stufe vier ihres Systems zur Entlastung der Spitäler aktiviert. Somit kann das Gesundheitsdepartement etwa intervenieren, um die Verlegung von Patienten in andere Einrichtungen zu erleichtern. Zudem appellieren die Behörden an die Bevölkerung, bei Gesundheitsproblemen zuerst ihren Haus-, Kinder- oder Bereitschaftsarzt zu kontaktieren.

Bis jetzt betonen alle Akteure, dass weder die Grippewelle noch die Belastung der Spitäler aussergewöhnlich stark sei, es sei ein typisches Winterphänomen. Allerdings hat die Grippewelle dieses Jahr früher begonnen als im Vorjahr und in vielen anderen Jahren.

Wie dynamisch die Lage ist, zeigt das Schweizer Influenza-Monitoring, das am Mittwochnachmittag seine wöchentliche Aktualisierung erhielt: Es belegt die Entspannung in Neuenburg – und meldet neu für den zuvor recht verschonten Jura den Schweizer Höchstwert an Infektionen. Zudem ist auf der Landeskarte nun auch Basel-Stadt leuchtend blau gefärbt. Da in Deutschland die saisonale Grippewelle bereits in vollem Gange ist, dürfte auch die Deutschschweiz bald stärker betroffen sein.

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