Mittwoch, April 23

In London, Paris oder Berlin gibt es tolle Museen. Aber auch weniger bekannte Orte locken mit inspirierender Kunst.

Auf der kleinen Insel Odderöya, die sich vor dem Städtchen Kristiansand in den südnorwegischen Schären befindet, steht ein 38 Meter hohes, weisses Gebäude. Früher diente es als Notlager für 15 000 Tonnen Getreide, seit einem Jahr wird hier Kunst gezeigt.

Die Idee dazu hatte der Financier Nicolai Tangen, der seiner Heimatstadt einen grosszügigen Teil seiner privaten Sammlung nordischer Kunst von den 1930er Jahren bis heute schenkte. Gleichzeitig schlug er vor, das 1935 erbaute Getreidesilo als neues Kunstmuseum zu nutzen. Heute gilt das Kunstsilo als eines der innovativsten Kunstzentren Nordeuropas und beherbergt eine der weltweit grössten Sammlungen nordischer Moderne.

Herzstück des Museums ist die Tangen-Sammlung mit über 6000 Werken der nordischen Moderne, darunter Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Textilien, Keramik, Kunsthandwerk, Fotografie und Konzeptkunst von bekannten Künstlerinnen und Künstlern wie Reidar Aulie, Asger Jorn, Lars-Gunnar Nordström und Anna-Eva Bergman.

Derzeit und noch bis zum 25. Mai 2025 zu sehen sind die neuen Arbeiten der renommierten norwegischen Fotografin Mette Tronvoll, die in den letzten zwei Jahren auf der Insel Hidra vor der Küste des Flekkefjords in Südnorwegen entstanden sind. Sie zeigen Meeres- und Waldszenen, von Menschenhand geschaffene Bauten wie Häuser und Bootshäuser sowie Menschen in ihrer Umgebung auf See und an Land.

Parallel dazu sind noch bis zum 1. Juni 2025 die Werke der Norwegerin Else Hagen ausgestellt, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer prominenten Künstlerin avancierte. Die Ausstellung mit fast sechzig Werken dokumentiert ihren künstlerischen Werdegang.

Darüber hinaus bietet das Museum digitale Erlebnisse, Konzerte, Workshops und eine stilvolle Panoramabar auf dem Dach mit weitem Blick über die Fjorde. Von einem gläsernen Raum ganz oben kann man Kristiansand überblicken, und nachts verwandelt sich das Museum selbst in einen wunderschönen Leuchtturm.

Kunstsilo Kristiansand, Sjølystveien 8, 4610 Kristiansand, Norwegen.

Das Masi (Museo d’arte della Svizzera italiana) entstand 2015 aus der Fusion des Kantonalen Kunstmuseums und des Kunstmuseums der Stadt Lugano und bietet mit immer neuen Präsentationen der eigenen Sammlung und abwechslungsreichen Sonderausstellungen ein äusserst reichhaltiges Programm.

Die Frühjahrsausstellung «Ferdinand Hodler – Filippo Franzoni», die noch bis zum 10. August 2025 läuft, erinnert an einen bedeutenden Künstleraustausch. Denn Hodler und Franzoni waren nicht nur befreundet, sie standen auch in einem umfassenden malerischen Dialog, der hier erstmals ausführlich dokumentiert wird.

Zeitgenössisch ist dagegen die erste grosse Ausstellung in der Schweiz, die bis am 20. Juli 2025 Louisa Gagliardi gewidmet ist. Die in der Romandie geborene Kunstschaffende zählt zu den interessantesten neuen Künstlerinnen. In ihren Gemälden verwandeln sich scheinbar alltägliche Szenen durch verstörende Details und Wahrnehmungsverschiebungen in traumatische Visionen, die durch den Einsatz von Trompe-l’œil und einer obsessiven Detailversessenheit die Betrachterinnen und Betrachter dazu verleiten, hinter die gemalte Oberfläche zu blicken.

Interessant ist auch die Technik, die die Grenzen der traditionellen Malerei auslotet: Luisa Gagliardis Werke durchlaufen einen Prozess, der mit der digitalen Bearbeitung beginnt und mit dem Druck auf Vinyl endet, wobei die Bilder auch auf Keilrahmen gespannt und mit Lack, Gel oder Glitter veredelt werden.

Auf der Piazza vor dem See steht das Bistrot Luini 6 für erschöpfte Museumsbesucher bereit. Aus der von der Berner Künstlerin Christine Streuli mit kräftigen Pinselstrichen bemalten Küche kommen kreative Neuinterpretationen lokaler Spezialitäten, oder man geniesst einfach einen Kaffee oder einen Apéro mit Blick auf den Luganersee.

Masi Lugano, via Canova 10, 6900 Lugano, Schweiz.

Dundees grösste Attraktionen sind schon vom Zug aus zu sehen, wenn er über die 3,5 Kilometer lange Tay Rail Bridge fährt. Da ist zum einen der 100 Jahre alte, in Dundee gebaute Polar-Expeditionssegler «Discovery», der seit Jahrzehnten als Ausstellungsstück am Tay-Ufer schaukelt.

Viel wichtiger aber ist der gleich daneben stehende, mit 2500 grauen Betonplatten verkleidete Bau des 2018 eröffneten V&A Museum, eines Ablegers des berühmten Londoner Haupthauses. Der japanische Architekt des Gebäudes, Kengo Kuma, sagt, dass die dunklen Texturen, Risse und Überhänge seines geschwungenen und gewölbten Entwurfs die Form der nahen schottischen Nordseeklippen aufgreifen. Tatsächlich erinnert das Gebäude aber eher an ein überdimensionales keltisches Schiff.

Besonders spannend sind die sogenannten Scottish Design Galleries, die die oberen 550 Quadratmeter des Gebäudes einnehmen und sowohl Design aus aller Welt nach Schottland bringen als auch schottischen Designschaffenden eine Plattform bieten. Die Galleries zeigen rund 300 schöne und innovative Objekte aus den Bereichen Möbel, Textilien, Keramik, Mode, Architektur und digitales Design.

Bis im Januar 2016 zu sehen sind die Ausstellungen «Garden Futures» mit bahnbrechenden Gärten von Visionären wie Piet Oudolf, Mien Ruys, Derek Jarman und Eden Project Scotland und «Shylight», eine Installation aus grossformatigen, beweglichen Seidenskulpturen, die die Beziehung zwischen Pflanzen, Technologie und Menschen untersucht.

Die von Robotern angetriebenen Shylights (bis 19. August) imitieren die Bewegungen von Pflanzen und Blumen, die nachts ihre Blütenblätter schliessen und beim Öffnen von der Decke schweben, bevor sie sich langsam wieder nach oben bewegen – ein faszinierendes Erlebnis!

V&A Dundee, 1 Riverside Esplanade, Dundee DD1 4EZ, Schottland.

Arles? Bisher stand das Städtchen für südfranzösischen Charme, Stierkampf und eine vielbeachtete Fotomesse. Seit einigen Jahren aber auch für hochkarätige zeitgenössische Kunst. Zu verdanken ist dies der Schweizer Milliardärin, Kunstsammlerin und Hoffmann-La-Roche-Erbin Maja Hoffmann, die 2013 Luma Arles gründete – ein Zentrum für Kunstausstellungen, Forschung, Bildung und Freizeit.

Sein spektakulärer, 56 Meter hoher und mit über 11 000 glänzenden Edelstahlpaneelen verkleideter Turm wurde vom amerikanischen Stararchitekten Frank Gehry entworfen.

Luma Arles nutzt das Gelände eines ehemaligen französischen Eisenbahnausbesserungswerkes direkt an den Gleisen der Strecke Paris–Marseille und umfasst mehrere imposante Industriehallen aus dem 19. Jahrhundert, die von der deutschen Architektin Annabelle Selldorf umgebaut wurden. Das gesamte Areal wurde im Juni 2021 eröffnet und gilt als eines der grössten privaten Kunstprojekte Europas.

Und gerade weil es so gross ist, finden immer mehrere Ausstellungen gleichzeitig statt. Dazu gehören ab dem 1. Mai 2025 «Dance with Demons», eine in Zusammenarbeit mit der Fondation Beyeler entstandene Schau mit Werken von Carsten Höller, Precious Okoyomon, Philippe Parreno und anderen, sowie eine von Hans Ulrich Obrist kuratierte und der österreichischen Malerin Maria Lassnig gewidmete Ausstellung.

Ab dem 5. Juli 2025 werden Fotografien von Peter Fischli zum Thema «People Planet Profit» und eine Werkschau des Fotografen David Armstrong zu sehen sein.

Für alle frei zugänglich sind die Open-Air-Kunstwerke, darunter die phosphoreszierende Skateboardbahn der koreanischen Künstlerin Koo Jeong A, die doppelte Röhrenrutsche von Carsten Höller, der rotierende Spiegel von Olafur Eliasson und der weitläufige Garten des belgischen Landschaftsarchitekten Bas Smets.

Auf dem Gelände der Luma Arles befinden sich ausserdem das empfehlenswerte Restaurant Parc des Ateliers und das gemütliche Café du Parc. Wer in Maja Hoffmanns Kunstwelt auch übernachten möchte, bucht am besten ein Zimmer im Hotel Arlatan, das der Künstler Jorge Pardo in ein kühnes, farbenfrohes Gesamtkunstwerk verwandelt hat.

Luma Arles, 33 Av. Victor Hugo, 13200 Arles, Frankreich.

Der Ableger des berühmten Pariser Museums steht direkt am Hafen und ist schon von weitem an einem grossen, bunten Glaskubus zu erkennen. El Cubo, wie das Gebäude von den Einheimischen genannt wird, ist der Eingang zu dem vollständig unterirdisch angelegten Museum, das sich seit seiner Eröffnung zu einem Erfolg entwickelt hat.

Wie der Ableger des Centre Pompidou in Metz kann es sich derzeit über unverhofften Zuwachs freuen: Das Museum im Pariser Stammhaus hat seine Pforten für eine fünfjährige Renovierungsphase geschlossen und seine Bestände, so gut es geht, verteilt.

Ohnehin kann Málaga mit einer hochkarätigen ständigen Sammlung glänzen: Sie umfasst über achtzig Werke grosser Künstler wie Pablo Picasso, Joan Miró, Max Ernst, René Magritte, Frida Kahlo oder Alberto Giacometti. Auf 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche gibt es ausserdem ein umfangreiches Kulturprogramm mit Tanz, Theater und Film sowie interessante Wechselausstellungen.

Soeben eröffnet wurde eine Wassily-Kandinsky-Retrospektive, die bis am 7. September läuft und die den aussergewöhnlichen Lebensweg des russischen Künstlers durch Russland, Deutschland und Frankreich nachzeichnet.

Ausserdem zu sehen bis Februar 2026: «It’s Playtime!», eine immersive Installation der niederländischen Künstlerin Guda Koster, bestehend aus sieben bunten Spielskulpturen. Das Publikum taucht ein in ein heiteres, manchmal beunruhigendes, aber immer rätselhaftes Universum.

Centre Pompidou Málaga, Pje. del Dr. Carrillo Casaux, s/n, Distrito Centro, 29016 Málaga, Spanien.

Nach Humlebaek verirrt sich kaum jemand, obwohl der Ort malerisch an der Meerenge Öresund zwischen Dänemark und Schweden liegt. Schon die halbstündige Zugfahrt von Kopenhagen nach Humlebaek ist eine idyllische Reise: Sie führt am Meer entlang, vorbei an Villenvororten, und endet in einer wahren Oase der Kunst. Nicht umsonst zieht das Louisiana Museum jährlich mehr als 700 000 Besucherinnen und Besucher an und ist damit das meistbesuchte Museum für zeitgenössische Kunst in Skandinavien.

Das 1958 von Knud W. Jensen als Schrein der dänischen Moderne gegründete Museum hat sich schnell zu einem internationalen Ausstellungsort entwickelt, der Werke von Künstlern aus aller Welt zeigt.

Zu sehen sind jährlich sechs bis zehn Sonderausstellungen – momentan etwa die monumentalen Kohlezeichnungen des amerikanischen Künstlers Robert Longo. Seine Arbeit basiert auf der künstlerischen Umsetzung von Fotografien: In Hunderten von Arbeitsstunden übertragen Longo und seine Assistenten Pressefotos auf Papier.

Im Louisiana Museum of Modern Art ist zudem eine herausragende ständige Sammlung mit über 3500 Werken etwa von Pablo Picasso, Alberto Giacometti, Dubuffet, Yves Klein, Andy Warhol, Robert Rauschenberg oder Georg Baselitz zu sehen. Die «Louisiana Collection» deckt den Zeitraum von 1945 bis zur Gegenwart sowie nahezu jedes Genre ab, wobei der Schwerpunkt auf Malerei und Skulptur liegt.

Zu den Höhepunkten des Museums gehört ein Park mit rund fünfzig Skulpturen, die teils prominent und unübersehbar sind, teils versteckt und fast geheimnisvoll mit der Umgebung verschmolzen. Einen Besuch wert ist auch das Louisiana-Café, das nicht nur feinste nachhaltige Küche bietet, sondern auch eine erstklassige Aussicht auf den Öresund und die majestätischen Skulpturen von Alexander Calder.

louisiana.dk

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