Vor einigen Jahren war Las Vegas abgesehen von Boxkämpfen in den Kasinos sportliches Niemandsland. Nun will die Stadt mithilfe des Sportes ihr Image aufpolieren und neue Besuchergruppen anziehen.

Mit 750 Millionen Dollar könnte eine Stadt viel Gutes anstellen. Schulen bauen zum Beispiel. Oder die Mittel in die Gesundheitsversorgung und die soziale Wohlfahrt investieren. Las Vegas hat sich in einem Fall anders entschieden.

In der Nacht auf Montag (0 Uhr 30 MEZ) spielen die San Francisco 49ers und die Kansas City Chiefs um den Super Bowl in Las Vegas. Das dortige Allegiant Stadium ist brandneu, es wurde 2020 fertiggestellt. Das Stadion verfügt über 65 000 Plätze, ist überdacht und hat einen riesigen Parkplatz. Eine Seite der Fassade ist verglast und lässt sich öffnen. Die Spielunterlage lässt sich automatisch von Natur- auf Kunstrasen wechseln. Der Bau kostete fast 2 Milliarden Dollar – eine Arena der Superlative. 750 Millionen Dollar davon haben die Steuerzahler von Clark County beigesteuert.

Dass die öffentliche Hand Spielstätten grosser Sportteams mitfinanziert, ist in den USA üblich. Die Mannschaften sind zwar als gewinnorientierte Unternehmen aufgestellt und erwirtschaften Milliardenumsätze. Doch steht der Bau eines neuen Stadions bevor, klopfen die Teams gerne bei der Stadtverwaltung an und bitten um grosszügige Zuschüsse. Die Städte geben den Wünschen oft nach. Sie versprechen sich von den Teams Prestige und Umsätze im Tourismus.

Darauf hofft auch Las Vegas. Die Finanzkrise 2008 und die Corona-Pandemie 2020 haben der Stadt vor Augen geführt, wie gross die Abhängigkeit vom Glücksspiel ist. Der Sport ist in Las Vegas nun ein Mittel, um wirtschaftlich zu wachsen und neue Kundengruppen anzuziehen – eine Konjunkturmassnahme.

Seit 2020 sind in Las Vegas die Raiders aus der National Football League (NFL) beheimatet. Das Team gibt es seit über sechzig Jahren; es wurde in Oakland gegründet, zügelte später nach Los Angeles, von dort zurück nach Oakland und schliesslich nach Las Vegas. Angelockt wurden die Raiders vom neuen Stadion. In Oakland spielten sie noch im ehrwürdigen, aber maroden Coliseum, das sie sich obendrein mit den Baseballern der Oakland Athletics teilen mussten. Oaklands Stadtregierung lehnte es ab, das Stadion zu sanieren.

Um die Gunst der Profiteams ist ein Wettbieten entstanden

Bisweilen entbrennt unter den Städten ein regelrechter Bieterstreit um die Gunst der Profimannschaften. Das zeigt auch das Beispiel der Los Angeles Rams. Diese wurden in Cleveland im Gliedstaat Ohio gegründet, spielten später in Los Angeles, Kalifornien, und dann bis 2015 in St. Louis, Missouri. Danach kehrten die Rams nach Los Angeles zurück. Dort wurde ihnen das Sofi Stadium gebaut, das noch teurer war als die Arena in Las Vegas – ebenfalls zu einem Teil von der öffentlichen Hand finanziert.

Dass es in Las Vegas seit bald vier Jahren ein NFL-Team mit einem modernen Stadion gibt, passt in die Strategie der Stadt. Die als «Sin City» bekannte Glücksspielmetropole will sich unter anderem mithilfe des Sports von ihrem einst halbseidenen Image befreien.

In Las Vegas gab es jahrzehntelang nur eine Art von sportlichen Veranstaltungen: Boxkämpfe. Muhammad Ali, George Foreman, Evander Holyfield und Mike Tyson – die Granden der Sportart kämpften allesamt in den riesigen Arenen, die in die Kasinos integriert sind. Abgesehen davon war die Stadt sportliches Niemandsland.

Das lag daran, dass die vier grossen Profiligen im Eishockey (NHL), Baseball (MLB), American Football (NFL) und Basketball (NBA) jahrzehntelang einen grossen Bogen um Las Vegas machten – wegen des Glücksspiels. Die Liga-Oberen fürchteten eine ungesunde Nähe zu Sportwetten. Die NFL nahm beim Super Bowl beispielsweise lange keine Werbegelder von Wettanbietern an.

Das Erfolgsmodell Golden Knights

Diese Haltung wurde in den vergangenen Jahren zunehmend weniger rigide. Den Anfang nahm die Verwandlung von Las Vegas zur Sportstadt 2017. Die NHL verkaufte damals die Rechte für ein zusätzliches Team, das Rennen machte Las Vegas mit den Golden Knights. Der Unternehmer Bill Foley gründete mitten in der Wüste ein Eishockeyteam und hatte Erfolg. In der vergangenen Saison hat Las Vegas den Stanley-Cup gewonnen, nur sechs Jahre nach der Gründung. Die Golden Knights gelten als erfolgreichste Gründung einer Franchise in der Geschichte der NHL.

Im vergangenen Jahrzehnt hat Las Vegas ein diversifiziertes Sportangebot aufgebaut. Die Stadt gilt als Zentrum der Ultimate Fighting Championship (UFC) in den Mixed Martial Arts (MMA). Diese bisweilen brutalen Käfigkämpfe locken anders als klassische Boxkämpfe jüngere Zuschauer an. Im vergangenen November kehrte die Formel 1 nach 42 Jahren Absenz nach Las Vegas zurück. Glaubt man Steve Hill von der Tourismusbehörde, war das Rennen ein finanzieller Erfolg. Der Grand Prix habe gegen 100 Millionen Dollar zusätzliche Umsatzsteuereinnahmen generiert, sagte er amerikanischen Medien.

Las Vegas scheint noch nicht genug vom Sport zu haben. Schon länger bemüht man sich, je ein Team aus der NBA und der MLB zu beherbergen. Lange sah es danach aus, dass die MLB-Franchise der Oakland Athletics vom Pazifik in die Wüste umziehen würde. Der Besitzer des Baseball-Teams träumt von einer 1,5 Milliarden Dollar teuren Arena direkt am Strip – natürlich von Steuergeldern mitfinanziert. Gegen dieses Unterfangen wehrt sich nun der Lehrerverband von Las Vegas auf juristischem Weg. Er sieht das Steuergeld andernorts besser investiert.

Von der Pazifikküste in die Wüste von Nevada

Die Raiders waren schon in drei Städten beheimatet.

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