Samstag, Februar 22

Die Zeit der Firmenessen im Advent ist überstanden. Doch Lokale, die sich für kleinere Gesellschaften eignen, sind ganzjährig gefragt. Dieses Zürcher Quartierrestaurant weiss da besonders zu punkten.

Wie lässt sich der Teamgeist durch gemeinschaftliche Aktivitäten stärken? Dazu gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen. Manche Vorgesetzte nehmen ihre Crew mit zum Minigolf oder Kegeln, andere zum gemeinsamen Bungee-Jumping, Dritte schicken sie durchs Feuer, wie vor einigen Jahren ein Werbevermarkter vom Zürichsee: Die Aktion auf der Halbinsel Au(a) ging unter dem Motto «Hot Feet» tüchtig in die Hose beziehungsweise die Füsse und unter die Haut. Dutzende Teilnehmende verbrannten sich auf den Kohlen die Sohlen.

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Diese Torheit zeitigte keine strafrechtlichen Konsequenzen, aber Kopfschütteln und Spott rund um den Globus. Nicht nur deshalb empfiehlt der Restaurantkritiker, den Gruppengeist risikoarm mit einem gemeinsamen Mahl auswärts zu fördern. Es muss ja nicht zwingend in der Adventszeit sein, wenn sich Firmenessen und private Einladungen kumulieren, bis die Bäuche platzen.

Doch welche Gastbetriebe eignen sich in Zürich für kollektive Erfahrungen dieser Art? Einige bieten Säli, andere eine Art Separee wie das französische «Le Rendez-vous» beim Bahnhof Enge, das ich von früheren Besuchen kenne und jüngst einem Berufskollegen für ein Gruppenmahl empfahl. Die Jury eines (gastronomiefernen) Branchenpreises, die dort zu einem Abschiedsessen lud, soll zur Wahl des Lokals ein sehr positives Urteil gefällt haben.

Frischer ist meine eigene Erinnerung an den «Alten Löwen» beim Rigiplatz, wo ich in den drei letzten Monaten zufälligerweise gleich bei zwei Essen rund zehnköpfiger Teams mitspeisen durfte. Keine Bange, die Gruppe wird hier in keinen Raubtierkäfig gesperrt, um gemeinsam Ängste zu überwinden. Für Gesellschaften steht entweder ein separater Raum zur Verfügung, oder es wird ein langer Tisch in eine Ecke des Restaurants gestellt: Beim ersten Besuch stand er im Hauptraum beim Eingang, beim zweiten im Stübli mit weiteren Gästen, und die Gesprächsatmosphäre war stets angenehm.

Beide Male wurde die Tavolata aufgetischt, für die das Haus seit längerem bekannt ist. Diese Tradition setzt nun gekonnt die Wirtefamilie fort, die den Betrieb vor einem Jahr übernommen hat: Eero und Cecilia Meili führen mit ihren Söhnen unter anderem schon das «Cinque», diese Institution der italienischen Küche an der Langstrasse, das «Toscano» und seit fünf Jahren sommers das «Berg 8044» am Zürichberg, eines der charmantesten Freiluftangebote der Stadt.

Beim ersten Besuch waren drei Angestellte kurzfristig ausgefallen, es half Personal aus anderen Lokalen der Meilis aus. Der Qualität des Gebotenen unter Leitung des Sohns und seiner Partnerin tat das keinen Abbruch. Der altersdurchmischte Service agierte erstklassig: kompetent, aufmerksam, unkompliziert und sehr freundlich. Er war beim zweiten Besuch, einige Wochen später innerhalb eines Vereinsvorstands, nicht mehr ganz so erstklassig, aber ebenfalls ansprechend.

Das Essen war beide Male ausgezeichnet und preiswert. Für 68 Franken pro Person besteht die Tavolata aus Antipasto, Primo, Pasta und Hauptgang mit je drei oder vier Gerichten zur Wahl (und zu einem moderaten Aufpreis noch kleine Desserts).

Alle Pasta kam al dente, was in Zürich keine Selbstverständlichkeit ist; in bester Erinnerung bleiben auch knuspriger Schweinebauch mit Miso, köstlich gewürzte Kichererbsen mit Grünkohl, Ricotta-Spinat-Ravioli mit Salbeibutter, ein saftig-zartes Second-Cut-Stück vom Rind, dessen perfektes Gelingen eine grössere Kunst ist als bei edlen Filets, oder eine vollmundige Sauerrahmglace. Und anders als bei der vergleichsweise uninspirierten, kargen Tavolata, an der ich neulich bei einem Teamessen in einem anderen italienisch angehauchten Zürcher Lokal teilnahm, knurrte am Ende kein Bauch mehr am Tisch.

Nicht allen gefällt der gastronomische Trend, den Gästen die Gerichte zum Teilen auf den Tisch zu stellen, neumodisch «sharing plates» genannt. Doch diese Tavolata überzeugt und eignet sich bestens für Gruppen: Die gemeinsam verzehrten Speisen (es hat auch Glutenfreies und Vegetarisches dabei) liefern Gesprächsstoff, man kann zusammen die kleine Mutprobe unternehmen, vom gezupften Wildkaninchen in einem Ragout zu kosten, und alle Füsse bleiben unversehrt.

Die zwei Abende fügen sich zur besten Visitenkarte für dieses gemütliche Quartierrestaurant, das vor zwanzig Jahren zum Glück vor dem drohenden Abbruch gerettet worden ist. An wärmeren Tagen lockt übrigens ein prächtiger Biergarten unter Kastanie – ein Grund, das Jahresessen vom Advent in den Sommer zu verlegen.

Zum Alten Löwen
Universitätstrasse 111, 8006 Zürich
Sonntags geschlossen
Telefon 043 343 11 69

Für diese Kolumne wird unangemeldet und anonym getestet und am Ende die Rechnung stets beglichen. Der Fokus liegt auf Lokalen in Zürich und der Region, mit gelegentlichen Abstechern in andere Landesteile.

Die Sammlung aller NZZ-Restaurantkritiken der letzten fünf Jahre finden Sie hier.

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