Im Januar wird für gewöhnlich sparsamer gelebt – auch in Sachen Genuss. Preisgünstige Weine sind also gefragt. Diesbezüglich ist Deutschland nach wie vor praktisch unschlagbar.
Günstige Weine gibt es zuhauf. Kostet indessen eine Flasche weniger als 10 Franken, kann man davon ausgehen, dass der Tropfen mehr oder weniger industriell hergestellt wird. Er muss nicht zwingend schlecht sein, aber es fehlen ihm wahrscheinlich Charakter und Herkunftsmerkmale. Für preiswerte Weine, die trotzdem etwas höhere Ansprüche erfüllen, wird man wohl am besten in Deutschland fündig. Ich kenne kein anderes Land, das so exzellente Qualitäten zu (meist) fairen Preisen anbietet. Gerade im Einstiegsbereich sind die Weine aus dem Nachbarland praktisch unschlagbar.
Zwei Hauptsorten dominieren in Deutschland mit einer Rebfläche von rund 100 000 Hektaren: Riesling bei den Weissen, Pinot noir oder Spätburgunder bei den Roten. Daneben werden etliche Spezialitäten in beiden Farben produziert. Ich habe fünf gelungene Beispiele bis zu einem Preis von 20 Franken ausgewählt. Ein Versuch lohnt sich in jedem Fall.
Nackter Riesling 2023, Weingut Katrin Wind, Pfalz
Diesen Weisswein der Winzerin Katrin Wind vergleiche ich gerne mit Quellwasser. Er ist klar, geradlinig, frisch, leicht, aber nicht banal. Man kann ihn jederzeit und ohne schlechtes Gewissen geniessen, zum Apéro, zu einem leichten Fischgericht oder einfach so. Und der Riesling strapaziert das Budget nicht allzu stark.
Riesling Schiefer trocken 2023, Weingut Grans-Fassian, Mosel
Der Riesling wächst auf Schieferboden und ist durch eine deutliche Mineralität geprägt. Stilistisch unterscheidet er sich vom Nackten Riesling. Mosel-typisch ist eine dezente, aber keinesfalls aufdringliche Restsüsse feststellbar. Ein frischer, eleganter, leichter Riesling mit wenig Alkohol.
Sauvignon blanc 2023, Weingut Weedenborn, Rheinhessen
Ein guter Sauvignon blanc zeichnet sich dadurch aus, dass er sich nicht zu aromatisch, aber auch nicht zu grün präsentiert. Dafür müssen die Trauben zum perfekten Zeitpunkt gelesen werden. Das auf diese Sorte spezialisierte Weingut Weedenborn schafft das in jedem Jahr meisterhaft – auch 2023. Der Weisswein ist saftig, elegant und leichtfüssig.
Spätburgunder 2022, Shelter Winery, Baden
Fast nicht zu glauben, dass der Rotwein so wenig kostet. Die Qualität ist für diesen Preis schlicht hervorragend. Der gehaltvolle, dichte, saftige, mineralische Spätburgunder zeigt sich mit feinen Gerbstoffen und einer gut integrierten Säure. Vorzüglicher Trinkfluss.
Pinot noir trocken 2021, Weingut Lisa Bunn, Rheinhessen
Die talentierte Winzerin war die Überraschung der grossen Pinot-noir-Degustation in der NZZ-Wein-und-Genuss-Beilage vom letzten Herbst. Ihr tiefgründiger, finessenreicher, ausdrucksstarker Lagen-Pinot-noir landete im Spitzenfeld. Aber auch die Basisqualität lässt sich sehen, wie dieser fruchtbetonte, elegante Rotwein aus einem kühlen Jahr beweist.