Donnerstag, Dezember 5

Mit Mut, Unternehmergeist und viel Arbeit haben es die Kreutzkamms zur renommiertesten Konditorei-Dynastie Deutschlands gebracht. Und zu einer Lieblingsadresse für Stollen-Fans aus aller Welt.

«Wenn die Familie nicht mitzieht, geht gar nichts», sagt Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller. Sie muss es wissen: Die weizenblonde Münchnerin leitet die vor 200 Jahren gegründete Konditorei Kreutzkamm in fünfter Generation, die sechste – zwei Töchter und zwei Söhne – steht schon bereit.

Ihr Reich ist ein schmuckloser Industriebau in einem ebenso schmucklosen Gewerbegebiet im Münchner Osten. Wer es betritt, kommt allerdings in eine Welt, die er ungern wieder verlässt. Das liegt zunächst am unwiderstehlichen Duft, der durch die Räume wabert. Je nach Abteilung ist er von Hefe und Teig geprägt, von der Schokolade, die für Couvertures und Pralinés verwendet wird, oder von den fruchtigen Aromen der selbst gekochten Marmeladen, die bei Keksen und Torten zum Einsatz kommen. Dann an den Backwaren selbst, die hier produziert werden und in voller Pracht zum Verpacken bereitliegen: Dominosteine, Prinzregententorten, Petit Fours, Vanillekipferl, Zimtsterne . . .

Die Petit Fours und Vanillekipferl der Konditorei Kreutzkamm.

Das alles entsteht in einer schon fast kultigen Retro-Umgebung, die wirkt, als habe sich in den letzten 100 Jahren nichts verändert: Vor hell gekachelten Wänden stehen archaisch aussehende Öfen und Rührmaschinen wie die von der Oma, nur viel grösser. Automatisierte Abläufe sucht man vergebens, überall arbeiten Menschen mit ihren Händen: Sie kneten den Strudelteig und rollen ihn aus, tunken Mürbeteigherzen in heisse Konfitüre, beziehen Baumkuchen sorgfältig von allen Seiten mit einer durchscheinenden Glasur.

Kreutzkamm wird zu einer Institution

Als Highlight der Advents- und Weihnachtsproduktion gilt der Christstollen – ein aus Sachsen stammendes Gebäck, dessen Geschichte als Kuchenbrot beginnt. Um es kurz zu machen: Heinrich Jeremias Kreutzkamm eröffnet 1825 eine Konditorei in Dresden, er erkennt das Potenzial des einzigartigen Traditionsgebäcks und entwickelt daraus den Dresdner Stollen. Nach seinem Tod übernimmt der Sohn Heinrich Julius den Betrieb, verbessert die Qualität und wird 1867 zum Hofkonditor und 1873 zum königlichen Hofkonditor ernannt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist das Kreutzkamm-Unternehmen zerstört, Fritz Kreutzkamm wagt einen Neuanfang in München. 1954 eröffnet er das bis heute existierende Café Kreutzkamm an der Maffeistrasse als neues Stammhaus der Marke. Heute ist Kreutzkamm zu einer Institution geworden, die Produkte werden bis in die USA und nach Japan exportiert. Das Unternehmen beschäftigt 74 Mitarbeitende, betreibt drei Cafés und hat rund 800 verschiedene Artikel im Sortiment.

Zutaten von ausgesuchter Qualität

Der berühmte Dresdner Stollen heisst jetzt Kreutzkamm-Christstollen. «Natürlich backen wir ihn nicht mehr nach dem exakt gleichen Rezept von vor 200 Jahren», erklärt Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller, «das liegt vor allem daran, dass sich die Zutaten im Laufe der Jahrzehnte verändert haben und wir uns anpassen mussten.»

Nach wie vor ist alles, was in den Stollen kommt, von ausgesuchter Qualität: viel bayerische Butter, in karibischem Rum getränkte australische Sultaninen, Orangeat, das nicht aus Allerwelts-Orangen, sondern aus Pomeranzen hergestellt wird, frisch geriebene Zitronenschale, Lübecker Marzipan, Bittermandeln aus Kalifornien und eine Gewürzmischung, die streng geheim ist und für die der Produktionsleiter Frank Schmahl acht bis zehn verschiedene Gewürze regelmässig abwiegt und im Haus mahlen und mischen lässt.

Jedes Jahr werden rund 30 Tonnen Stollenteig verarbeitet, die fertig gebackenen Laibe in einer Zimt-Zucker-Mischung gewälzt und mindestens sechs Wochen lang gelagert. Das Resultat ist mürbe und zart, nicht zu feucht und nicht zu trocken und einzigartig gut. «Keine Maschine der Welt kann das zur Stollenherstellung nötige handwerkliche Geschick ersetzen», glaubt Frank Schmahl, «es gibt kaum ein anderes Gebäck, das eine solche Sorgfalt und Genauigkeit in der Produktion verlangt.»

Wer es trotzdem selbst versuchen möchte, kann neuerdings einen wertvollen Ratgeber nutzen: Im soeben erschienenen Kochbuch «Das Original Kreutzkamm-Backbuch» verrät Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller ihre für den Amateurbäcker aufbereiteten Lieblingsrezepte – darunter auch jene des Rosinen- und des Mandelstollens.

Beides liegt aber auch fixfertig bei Globus im Regal – solange der Vorrat reicht. Oder man unternimmt einen Kurztrip nach München und lässt sich den Stollen im eleganten Café Kreutzkamm servieren. Am besten zu einem Glas Champagner und nach einem Besuch des Christkindlmarkts auf dem Marienplatz um die Ecke.

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