Mittwoch, März 19

Wer einen kleinen Trolley in der Kabine mitführen will, muss bei Fluggesellschaften im Tiefpreissegment meistens einen Aufpreis bezahlen – inbegriffen ist nur noch, was unter den Sitz passt.

Wer schon die Frühlings- und Sommerferien plant, sei gewappnet. Der psychologische Trick ist eigentlich plump. Aber er funktioniert. Wow, nur 20 Franken für den Hinflug von Basel nach Zagreb! Nur 25 für den Rückflug. Die angeblichen 45 Franken für den Balkan-Trip kommen uns bei Ryanair wie ein Schnäppchen vor.

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Dass die Reise letztlich mindestens doppelt so teuer sein wird, verdrängen wir gern. Wollen wir ein Handköfferchen mit in die Kabine nehmen, sind nochmals 50 Franken fällig. Aber der erste Eindruck ist derjenige, der lockt. Und billig bleibt die Reise allemal.

Zusatzleistungen kosten

So funktioniert das Low-Cost-Modell. Zum günstigen Ticket für die Strecke buchen wir Leistungen dazu. Inzwischen arbeiten auch Premium-Airlines mit diesem System. Reservierte Sitzplätze und Aufgabegepäck sind nicht mehr im günstigsten Tarif inbegriffen. So ist es etwa auch bei der Swiss oder bei Delta, der umsatzstärksten Airline weltweit.

Ein wesentlicher Unterschied zu den Billig-Anbietern aber bleibt: das Handgepäck. Die klassischen Airlines erlauben weiterhin, ohne Aufpreis Trolleys an Bord zu nehmen. Bei ihren günstigen Konkurrenten ist das seit rund fünf Jahren nicht mehr möglich. Kostenlos darf man bei ihnen nur noch Gepäck in die Kabine mitbringen, wenn es unter den Sitz passt. 2019 starteten Wizz Air und Ryanair mit dieser Praxis, 2021 zog Easy Jet nach.

EU-Urteil stellte sich schon lange gegen Gebühren

Eigentlich ist das nicht im Sinn des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Im Jahr 2014 musste er darüber befinden, ob Airlines einen Aufpreis für aufgegebenes Gepäck verlangen dürfen. Die Antwort war Ja. Das sei legitim, weil so die Fluggesellschaften ihre Tarife im Interesse der Kunden tief halten könnten. Wer nur mit Handgepäck reisen wolle, könne Geld sparen. Im Urteil hielt der EuGH auch fest, dass eben Handgepäck eher ein unerlässlicher Bestandteil einer Reise sei, den Airlines keine Zusatzkosten verursache und somit kostenlos bleiben sollte.

Dass die übliche Praxis seit 2019 bei vielen Billig-Airlines anders ist, irritiert besonders spanische Konsumentenschützer. Lange übten sie Druck auf die Regierung aus. Im vergangenen November entschied sich das spanische Ministerium für Konsumentenschutz für eine drakonische Busse. Den fünf Airlines Ryanair, Vueling, Volotea, Easy Jet und Norwegian Airlines brummte es eine Strafe über insgesamt 179 Millionen Euro auf. Ryanair ging Spanien mit 108 Millionen Euro am härtesten an. Der spanische Verbraucherschutz argumentierte mit weiteren zwei Gerichtsurteilen aus den Jahren 2019 und 2022, die besagen, dass der Transport des Handgepäcks grundsätzlich einen elementaren Bestandteil des Personenvertrags darstelle.

Das Ministerium bemängelte, die Fluggesellschaften hätten irreführende Informationen geliefert und die Preise für Handgepäck und Sitzreservationen nicht transparent angegeben. Es kritisierte auch, dass etwa Ryanair Kosten für einen Check-in am Flughafen erhebt. Derzeit liegen sie bei 55 Euro. Die Verbraucher seien daran gehindert worden, Angebote zu vergleichen und fundierte Entscheidungen zu treffen, so das Ministerium.

Die Fluggesellschaften wehren sich mit Rekursen gegen die harten Strafen. Der Ryanair-CEO Michael O’Leary sprach von «rechtswidrigen und unbegründeten» Bussen. Die Gebühren für Gepäck und Check-in am Flughafen dienten dazu, Kosteneinsparungen in Form von niedrigeren Flugpreisen an die Verbraucher weiterzugeben. Solche Strafen würden die Low-Cost-Anbieter daran hindern, weiterhin günstige Preise anzubieten. Die Fluggesellschaften legten Rekurs gegen den Entscheid ein. Ob andere EU-Staaten Gleiches erwägen, ist unklar.

Premium-Airlines haben Probleme mit Handgepäck

Auch in der Schweiz gibt es keinen Widerstand gegen die zusätzlichen Gebühren. Wie RTS berichtet, erachtet das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die Gebühren auf Handgepäck der Low-Cost-Anbieter nicht als unrechtmässig, auch weil die Zuschläge etwa im Fall von Easy Jet «klar und transparent» seien.

Selbst beim Ombudsmann der Schweizer Reisebranche bleibt die Kritik an den Billigflug-Anbietern wegen der Handgepäckgebühren aus. «Die Kunden haben die Chance, die Kosten zu akzeptieren oder eine andere Airline zu wählen», sagt Walter Kunz in seiner Funktion als Ombudsmann. Persönlich hat er zudem eine pointierte Meinung, die gar die Lösung der Discount-Carrier bevorzugt. Bei diesen sei die Anzahl der Handgepäckstücke aufgrund der Gebühren wenigstens geregelt. «Bei traditionellen Airlines steigen hingegen Reisende mit drei Handgepäckstücken und mit der Laptoptasche ein», sagt Kunz. Das führe oft auch zu Platzmangel und Verspätungen.

Kunz findet, das sei ein hausgemachtes Problem der Premium-Gesellschaften: Seit auch sie fürs Aufgabegepäck Gebühren verlangten, versuchten Reisende möglichst viel Handgepäck kostenlos an Bord zu nehmen.

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