Fast ein Vierteljahrhundert blieb Wepper dem knautschgesichtigen Horst Tappert als Assistent Harry Klein treu. Daneben rankten sich private Mythen um den Liebling der Zuschauerinnen. Nun ist der deutsche Schauspieler 82-jährig gestorben.
Fast vierzig Jahre nachdem sie gemeinsam den Film «Cabaret» gedreht haben, geht Liza Minnelli mit Fritz Wepper für eine Arte-Doku über den New Yorker Times Square. Die Menschen auf der Strasse sind begeistert, die nicht mehr ganz junge Diva zu sehen. Den Mann an ihrer Seite kennen sie nicht. Die Minnelli ruft den Leuten zu: «This is Fritz, a star in whole Europe.» Und dann noch: «‹Cabaret›, you remember?»
Bei Fritz Wepper wissen viele nicht einmal, wie nahe er Hollywood einmal war. Nach dem Musical-Welterfolg meldeten sich die Agenten, er hätte in ganz neuen Kreisen Karriere machen können, aber er blieb den alten treu. Nach Hollywood telegrafierte Fritz Wepper, er habe Verpflichtungen bei einer deutschen Fernsehserie namens «Derrick». Vierundzwanzig Jahre blieb Wepper dem knautschgesichtigen Horst Tappert als Assistent Harry Klein treu. Davor war er in der gleichen Rolle schon beim «Kommissar» Erich Ode tätig. Beförderung ausgeschlossen.
Sympathische Schlitzohrigkeit
Während sein Bruder Elmar Wepper melancholische Nuancen in die Fernseh-Volksschauspielerei zu legen wusste, hatte Fritz gerade durch seine Anpassungsfähigkeit einen hohen Wiedererkennungswert. Er fügte sich ins Passepartout deutscher Serienbedürfnisse und blieb, was er schon in «Derrick» war: ein Garant dafür, dass sympathisch-menschliche Schlitzohrigkeit zum Ziel führen kann, rein professionelle dagegen in den Knast.
Neben Horst Tappert als seriöser Derrick war Fritz Wepper Teil der deutschen Schlaghosenjahre. Und er hatte Schlag bei den Frauen, bei den Fernsehzuschauerinnen. Das änderte sich selbst dann nicht, als er 2002 gegen Nonnen antrat. In der Serie «Um Himmels Willen», in der Wepper als Bürgermeister von Kaltenthal erst gegen die Ordensschwester Lotte und dann gegen ihre Nachfolgerin Hanna intrigierte. Ihr Kloster, diese Ausgeburt der guten Taten, war ihm ein Dorn im Auge. Bürgermeister Wöller handelte stets nach dem Wahlspruch: «Wo ein Wöller, da ein Weg.»
Neunzehn Jahre lang flimmerte der Kampf zwischen Bürokratie und Herzensbildung durch die öffentlichrechtlichen Programme. Als Teil eines Heile-Welt-Deutschland, das Fritz Wepper in seinen frühen Jahren nicht kannte. 1941 in München geboren, musste Fritz gemeinsam mit seinem drei Jahre jüngeren Bruder Elmar ohne Vater aufwachsen. Im Krieg verschollen, ist er nicht wieder nach Hause zurückgekehrt. Die Brüder haben noch lange gehofft, den Vater in den Wochenschauen der Münchner Kinos wiederzuentdecken. In Reportagen über Kriegsheimkehrer. Doch ohne Erfolg.
Wepper altert in seinen Rollen
Als der 18-jährige Fritz Wepper im deutschen Antikriegsfilm «Die Brücke» seine erste grosse Rolle hat, ist das ein Ereignis von authentischer Kraft, aber das Trauma ist später zumindest gut kaschiert. In «Cabaret» von 1972 spielt Wepper den Juden Fritz Wendel. Danach folgt ein volles Fernsehleben unterschiedlichster Darbietungen, die sich alle ähneln, weil der bayrische Schauspieler immer ganz er selbst ist. Er spielt auch nur wenige Altersrollen. Wepper altert in seinen Rollen. Als 2021 «Um Himmels Willen» abgesetzt wird, bedauert das der Achtzigjährige, schon von Krankheit Gezeichnete sehr.
Die privaten Mythen, die sich um Fritz Wepper rankten, hatten mit durchaus rollenkompatiblen Eigenschaften zu tun. In seiner Autobiografie «Ein ewiger Augenblick» schildert der Schauspieler Liaisons, die stilistisch vielleicht etwas oberhalb der berüchtigten Münchner Monaco-Franze-Linie lagen. Vieles, was über Fritz Wepper behauptet wird, ist wahr. Manches allerdings nicht, wie Wepper erfolglos betonte. Niemals in den 281 Folgen der Serie habe Inspektor Derrick zu ihm gesagt: «Harry, hol schon mal den Wagen.» Kann gut sein, dass der Satz den am Montag in München verstorbenen Schauspieler noch ein paar Jahre überdauert.