Dienstag, März 4

Eine Woche vor den Wahlen hat Markus Ritter seine klare Favoritenrolle eingebüsst. Jetzt kommt es darauf an, wie gut er und Martin Pfister bei den Anhörungen in den Bundeshausfraktionen abschneiden.

Die Hearings vor den Bundesratswahlen sind seit Jahrzehnten eingespielte Routine. Doch selten hing so viel von den Auftritten der Mitte-Kandidaten in den Bundeshausfraktionen ab wie bei dieser Wahl. Den einen Kandidaten – Markus Ritter – hatte bis vor wenigen Wochen als ernsthaften Anwärter für die Landesregierung niemand wirklich auf der Rechnung – nicht einmal er selber. Den anderen – Martin Pfister – kannten die meisten Parlamentarierinnen und Parlamentarier bis vor kurzem sogar namentlich kaum. «Das Rennen ist völlig offen» – das ist gut eine Woche vor der Wahl in der Wandelhalle deshalb der meistgehörte Satz.

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Drei Fraktionen nehmen den Bauernpolitiker Ritter und den Zuger Regierungsrat Pfister am Dienstagnachmittag unter die Lupe: die SVP, die FDP und die GLP. SP und Grüne folgen in der kommenden Woche. Der Fahrplan ist eng getaktet: Genau 50 Minuten sind pro Kandidat und Fraktion eingeplant. Für die beiden Kandidaten wird es ein Marathon: Eine Pause ist zwischen den Anhörungen nicht vorgesehen. Um 14 Uhr 10 startet die FDP mit der Anhörung von Pfister, um 17 Uhr 30 endet das letzte Hearing mit Markus Pfister bei der GLP. Im Anschluss an die Anhörungen beraten sich die Fraktionen.

Armee-Know-how versus Leidenschaft

Ihre ersten Auftritte hatten Ritter und Pfister schon am Montag: Beim Hearing der Landwirtschaftsvertreterinnen und -vertreter im Parlament schnitt der Bauernpräsident Ritter gemäss Teilnehmern – nicht sehr überraschend – besser ab. Bei den Milizverbänden der Armee war das Bild indessen deutlich ausgeglichener: Pfister, der sich als Oberst und Mitglied der Offiziersgesellschaft quasi auf eigenem Terrain bewegte, konnte die Anwesenden mit seinem fachlichen Know-how und seinem Gespür für die Tonalität der modernen Armee tendenziell besser ansprechen. Ritter überzeugte mit seiner Leidenschaft und seiner Fähigkeit, Tatkraft publikumswirksam zu inszenieren.

Inhaltlich unterschieden sich die beiden in mehreren Punkten: Ritter erklärte beispielsweise, der Ernst der geopolitischen Lage sei in der Schweizer Bevölkerung und der Politik angekommen nach dem Eklat im Weissen Haus, Pfister äusserte sich genau gegenteilig. Auch würde sich Pfister als neugewählter Bundesrat und wahrscheinlicher Vorsteher des VBS dafür stark machen wollen, dass die Armee schneller mehr Geld bekommt. Ritter ist anderer Meinung und sagt, das Parlament habe anders entschieden.

Während die Veranstaltungen vom Montag vor einem primär monothematisch interessierten Publikum stattfanden, wird das Themenspektrum in den Fraktionen wesentlich breiter sein. Vor allem in der FDP könnte es eine entscheidende Rolle spielen, wie sich die Kandidaten in Wirtschaftsfragen positionieren. Ritter gilt bei vielen im Freisinn als zu subventionsfreudig und zu kritisch gegenüber dem Freihandel. Pfister kommt dagegen aus einem äusserst wirtschaftsfreundlichen und steuergünstigen Kanton, der im Rahmen des eidgenössischen Finanzausgleichs zudem ein Geber ist.

Die SVP ist geschlossener als die FDP

Zwar gilt es als praktisch sicher, dass der Nachfolger von Viola Amherd das Verteidigungsdepartement (VBS) übernimmt, wo solche Fragen eine eher untergeordnete Rolle spielen. Hier scheinen angesichts der zahlreichen Abgänge und der Herausforderungen in geopolitischer Hinsicht eher die Macherqualitäten von Ritter gefragt. Doch so sehr das VBS derzeit im Vordergrund steht: Falls Guy Parmelin nach Abschluss seines Präsidialjahres Ende 2026 zurücktreten sollte, würde das Volkswirtschaftsdepartement frei. Trotz allen Bekundungen, beim VBS zu bleiben: Für einen Teil der Freisinnigen ist allein schon die theoretische Möglichkeit eines Wirtschaftsministers Ritter ein Horror.

Die SVP scheint vor den Hearings am Nachmittag geschlossener zu sein. Die Nähe zur Landwirtschaft ist dort ein Vorteil. Ausserdem spricht Ritter die klarere Sprache, während Pfister abwägend argumentiert und in den ersten Tagen nach der Ankündigung seiner Kandidatur oft sogar im Unverbindlichen blieb. Ritter hatte in seinen Aussagen zudem darauf geachtet, die SVP mit dem grössten Potenzial an Wählerstimmen nicht zu verärgern. Es gebe nur vereinzelte Fraktionsmitglieder, die zu Pfister tendierten, heisst es vorerst aus der Fraktion. Bei der GLP dürfte Pfister tendenziell Vorteile haben.

Weil Pfister in dieser Ausgangslage unbedingt auf die Stimmen der Linken angewiesen ist, wird sich die Lage nach den Hearings vom Dienstag voraussichtlich kaum entscheidend klären. Für die beiden Kandidaten hat die heisse Phase des Rennens gerade erst begonnen. Wenn nicht alles täuscht, wird es in der Wandelhalle des Bundeshauses auch in den kommenden Tagen vor allem heissen: «Dieses Rennen ist völlig offen.»

Exit mobile version