Donnerstag, Mai 22

Im Oval Office kam es am Mittwoch zu einem Selenski-Moment: Trump empfing den südafrikanischen Staatschef Cyril Ramaphosa, dessen Regierung er einen «Genozid» an weissen Bauern vorwirft. Mit einem Video machte er das Treffen zu einem öffentlichen Tribunal.

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Nach dem Wortgefecht mit Wolodimir Selenski im Oval Office stellte sich eine Frage: Hatte Donald Trump das alles so geplant? Hatte er dem ukrainischen Präsidenten eine Falle vor laufenden Kameras gestellt? Eine klare Antwort darauf gab es nicht. Beim Besuch des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa am Mittwoch in Washington bestand jedoch kein Zweifel. Der amerikanische Präsident wollte seinen Gast provozieren und blossstellen. Er liess ein Video abspielen, das seinen Vorwurf eines «Genozids» an weissen Bauern in Südafrika beweisen sollte.

Dabei gab sich Ramaphosa alle Mühe, dem amerikanischen Präsidenten zu schmeicheln. Als Geschenk brachte er Donald Trump ein «wirklich phantastisches Buch» über die südafrikanischen Golfplätze mit. «Es wiegt 14 Kilogramm», erklärte Ramaphosa. Der südafrikanische Milliardär Johann Rupert und der Profigolfer Ernie Els hätten die Vorworte dazu geschrieben. Beide kennen Trump seit vielen Jahren und haben bereits Golf mit ihm gespielt. Es soll Els gewesen sein, der Ramaphosas Besuch im Weissen Haus eingefädelt hat. Er, der Profigolfer Retief Goosen und Rupert waren am Mittwoch auch Teil der südafrikanischen Delegation in Washington.

Der Präsident übt Golf für Trump

In seiner Einführung ging Ramaphosa mit keinem Wort auf den Vorwurf des «Genozids» ein. Er bedankte sich bei Trump nochmals für die Lieferung von amerikanischen Beatmungsgeräten während der Covid-Pandemie in dessen erster Amtszeit 2020. Und er betonte das wirtschaftliche Potenzial seines Landes für die USA. Südafrika verfüge unter anderem über seltene Erden. «Das haben wir anzubieten.» All das biete eine Grundlage für eine «gute und starke Beziehung».

Am Ende seiner Ausführungen erinnerte Ramaphosa an ein Telefongespräch mit Trump. Dieser habe ihn ermuntert, mit dem Golfen zu beginnen. «Ich habe mit dem Üben begonnen», sagte der südafrikanische Präsident. Er sei bereit für eine Partie.

Nach ungefähr zwanzig Minuten stellte jedoch eine Journalistin dem amerikanischen Präsidenten die Frage, auf die alle gewartet hatten: «Mister President, was würde es brauchen, um Sie davon zu überzeugen, dass es in Südafrika keinen Genozid an den Weissen gibt?» Er könne diese Frage beantworten, warf Ramaphosa dazwischen. «Präsident Trump muss den Stimmen der Südafrikaner zuhören, wie zum Beispiel den guten Freunden, die hier sind.» Er werde seine Argumente nicht wiederholen. «Wenn es einen Genozid an den weissen Bauern gäbe, wären diese drei Gentlemen nicht hier, auch mein (weisser) Landwirtschaftsminister nicht.» Trump müsse sich ihre Perspektive anhören. «Das ist die Antwort auf Ihre Frage.»

Der amerikanische Präsident wollte es dabei aber nicht bewenden lassen. Er verfüge über «Tausende von Geschichten», die den «Genozid» dokumentierten. Daraufhin bat er, das Licht im Oval Office zu dimmen, um ein Video abzuspielen. Darin war unter anderem der Oppositionspolitiker Julius Malema zu sehen, der dazu aufruft, die Buren zu töten. Trump liess sich zudem ein Bündel von Zeitungsartikeln über Morde an weissen Bauern reichen. «Diese Familie wurde ausgelöscht», so kommentierte Trump einen Artikel.

Weisser Landwirtschaftsminister als Entlastungszeuge

Ramaphosa versuchte zu klären: «Das ist nicht die Politik der Regierung. Wir haben eine Demokratie mit mehreren Parteien in Südafrika.» Die in dem Video gehörte Hassrede stamme von einer «kleinen Minderheitspartei». Seine Regierung sei komplett gegen solche Aussagen. Aber die südafrikanische Verfassung erlaube die Existenz solcher Parteien. «Ihr erlaubt ihnen, Land zu rauben», widersprach Trump. «Und wenn sie das Land nehmen, töten sie den weissen Bauer, und sie werden dafür nicht bestraft.»

Es gebe eine verbreitete Kriminalität in Südafrika, erklärte Ramaphosa. Die Mehrheit der Opfer seien dabei nicht Weisse, sondern Schwarze. Die südafrikanische Regierung habe das Recht, Agrarland zu enteignen. «Aber wir haben das bisher nicht wirklich getan», betonte der südafrikanische Präsident. Als seinen Entlastungszeugen rief er dann seinen weissen Landwirtschaftsminister John Steenhuisen auf.

«Wir haben wirklich ein Sicherheitsproblem in Südafrika», bestätigte Steenhuisen. Insbesondere der Viehdiebstahl betreffe schwarze und weisse Bauern. Es brauche mehr Polizei und andere Massnahmen, um das Problem in den Griff zu bekommen. «Aber die Mehrheit der Bauern will wirklich in Südafrika bleiben, um die Probleme zu lösen.» Seine Partei habe sich an der gegenwärtigen Regierung beteiligt, damit solche Extremisten wie von Trump im Video gezeigt nicht an die Macht kämen.

Trump liess sich nur bedingt überzeugen. Die Apartheid sei schlimm gewesen in Südafrika. Aber handle es sich um eine «umgekehrte Apartheid». Die «korrupten Medien» wollten nicht darüber berichten. Aber die USA würden von weissen Bauern «überflutet», die aus Südafrika flüchteten. Kürzlich erteilte Washington den ersten 59 Buren ein Asylrecht in den USA.

Eigentlich hätte der Pressetermin im Oval Office vor den bilateralen Gesprächen nur eine Viertelstunde dauern sollen. Am Ende zog sich der Schlagabtausch über die südafrikanische Innenpolitik über eine Stunde hin. Im Gegensatz zu Selenski tappte Ramaphosa aber nicht in Trumps Falle. Er bewahrte stets die Ruhe. «Ich will wirklich, dass wir über dieses Thema sprechen. Und dass wir darüber in grosser Ruhe reden. Nelson Mandela hat uns gelehrt, dass, wann immer es Probleme gibt, die Leute sich an einen Tisch setzen und darüber reden müssen.»

Im Prinzip gibt es noch viele andere Streitthemen zwischen den USA und Südafrika: die von Washington verhängten Zölle gegen Pretoria, Südafrikas Klage gegen Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen des Vorwurfs des Genozids an den Palästinensern oder das südafrikanische Verhältnis zu Iran. Aber Trump wollte den Besuch offenbar dazu nutzen, um ein öffentliches Spektakel um die Situation der Buren in Südafrika zu inszenieren.

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