Montag, Oktober 7

Die libanesische Schiitenmiliz hat mit ihrem Vergeltungsschlag begonnen. Israel konnte laut eigenen Angaben mit einem Präventivangriff in Südlibanon grössere Zerstörung verhindern.

Der Hizbullah hat laut eigenen Angaben am frühen Sonntagmorgen mit seinem Grossangriff auf Israel begonnen. Die libanesische Schiitenmiliz hat gemäss einer Mitteilung über 320 Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert. Israel spricht nur von 200 abgeschossenen Raketen. Der Angriff erfolgte als Vergeltung für die Tötung des hochrangigen Kommandanten Fuad Shukr in Beirut vor knapp einem Monat durch Israel.

Israel verhängte um 6 Uhr morgens einen landesweiten Ausnahmezustand für die kommenden 48 Stunden. Laut Angaben des Militärs zerstörten ungefähr 100 Kampfjets der israelischen Luftwaffe in den frühen Morgenstunden Tausende von Raketenabschussrampen in Südlibanon. Israel nannte den Angriff einen Akt der Selbstverteidigung. Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium wurden drei Menschen bei den israelischen Angriffen im Süden getötet.

Durch den Präventivschlag konnten grössere Zerstörungen in Israel verhindert werden, teilte die Armee am Sonntag mit. Bisher wurde nur ein israelischer Zivilist verletzt, Tote gab es keine. «Die Raketen waren hauptsächlich auf Nordisrael gerichtet und einzelne wenige Ziele im Zentrum», sagte ein Armeesprecher am Sonntagmorgen. Laut der «New York Times» haben einzelne Raketen auch Tel Aviv anvisiert, die grösste Stadt Israels befindet sich im Zentrum des Landes.

Der Hizbullah teilte später mit, dass der Angriff beendet und damit die erste Phase der Vergeltung abgeschlossen sei. Die Schiitenmiliz sprach in einer ersten Mitteilung von einem «grossen Erfolg», am späteren Sonntagmorgen zog sie diesen Ausdruck zurück. Es hiess dann nur noch, alle Drohnen mit dem Ziel Israel seien losgeschickt worden.

USA und Israel wollen keine regionale Eskalation

Israel hat in den frühen Morgenstunden den Flughafen in Tel Aviv geschlossen, ankommende Flüge wurden umgeleitet. Nach zwei Stunden nahm der Flughafen seinen Betrieb allerdings wieder auf. Die einzigen Einschränkungen in Israel betreffen bisher Versammlungen. Diese sind draussen auf maximal 30 Personen beschränkt, in Innenräumen auf 300 Menschen. Die Beschränkungen betreffen das gesamte Gebiet nördlich von Tel Aviv, einschliesslich der Mittelmeermetropole.

Nach Beginn der Angriffe sprach der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant mit seinem amerikanischen Amtskollegen Lloyd Austin. Beide betonten unter anderem, wie wichtig es sei, eine regionale Eskalation zu vermeiden.

Der Hizbullah und Israel befinden sich seit dem 8. Oktober in einem Grenzkrieg, nachdem die Schiitenmiliz in Solidarität mit der Hamas begann, den Norden Israels zu beschiessen. Nach der Tötung Fuad Shukrs Ende Juli ist die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts an der Nordgrenze grösser geworden. Sollte ein grosser Krieg zwischen dem mit Iran verbündeten Hizbullah und Israel ausbrechen, könnte dies einen Flächenbrand in der gesamten Region entzünden. Möglicherweise könnten dann auch die USA gezwungen seien, in den Krieg einzugreifen, um seinen engen Verbündeten Israel zu unterstützen.

Die USA haben in den vergangenen Wochen Flugzeugträger und Kampfjets in die Region verlegt, um Israel im Falle eines Grossangriffs Irans oder des Hizbullah zur Seite zu stehen.

Gaza-Verhandlungen sollen weitergehen

Die Verhandlungen um einen Waffenstillstand im Gazastreifen werden bisher durch die Eskalation an Israels Nordgrenze offenbar nicht negativ beeinflusst.

Die im Gaza-Krieg vermittelnden Länder Katar, Ägypten und USA hoffen, dass mit einer Einigung auch ein grosser Krieg zwischen Hizbullah und Israel sowie ein Angriff Irans auf den jüdischen Staat verhindert würde. Teheran hatte nach der Tötung von Hamas-Chef Ismail Haniya in Teheran vor mehr als drei Wochen Vergeltung geschworen. Eine israelische Delegation angeführt von Mossad-Chef David Barnea brach wie geplant am Sonntag nach Kairo auf, um die Gespräch mit den Vermittlern fortzusetzen.

Exit mobile version