Montag, Oktober 7

Eine Denkfabrik hat untersucht, was eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps für Bern bedeuten würde. Sie rät, sich früh mit dem Szenario zu beschäftigen.

In Europa hoffen viele, dass Kamala Harris im November die Wahl zur neuen Präsidentin der USA schafft. Die demokratische Anwärterin liegt gemäss Befragungen leicht vorne. Die Diskussion, was eine Wahl Donald Trumps bedeuten würde, ist in den Hintergrund gerückt. Dabei ist viel Wunschdenken im Spiel, das Rennen bleibt offen. In einem neuen Papier hat die aussenpolitische Denkfabrik Foraus nun untersucht, was auf die Schweiz zukommen könnte, wenn Trump erneut Präsident würde.

Die Autoren und die Autorin rechnen damit, dass eine zweite Trump-Administration besser vorbereitet und schlagkräftiger wäre als in der ersten Amtszeit, ohne berechenbar zu werden. Besonders die Handelspolitik wäre betroffen. Die Schweiz dürfte von den angedrohten Zöllen zwar kaum stärker tangiert sein als andere Länder, doch könnte es zu empfindlichen Handelshemmnissen kommen.

Handelsbilanzdefizit wächst

Die USA sind nach der EU die zweitwichtigste Handelspartnerin der Schweiz: Im Jahr 2023 exportierte sie für rund 57 Milliarden Franken Waren, während sich die Importe auf gut 30 Milliarden Franken beliefen. Gemäss einem Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft hat der Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA im letzten Jahr weiter zugenommen. Die Schweiz gehört zu den zehn Ländern mit den höchsten Aussenhandelsbilanzüberschüssen, was Trump generell nicht mag.

Bern könnte deshalb unter Druck kommen, die Importe zu erhöhen. Gemäss Foraus stehen namentlich Agrargüter weit oben auf der amerikanischen Prioritätenliste. Dies wäre nicht im Interesse der stark mit Zöllen und Kontingenten abgeschotteten Schweizer Landwirtschaft. Will Bern mit Washington über ein Freihandelsabkommen verhandeln, dürfte der Agrarbereich aber ein Thema werden. Ein solcher Vertrag war lange das Ziel, kam jedoch nicht zustande.

Trumps «America first»-Politik dürfte sich ebenso in der Sicherheitspolitik auswirken. Der frühere Präsident hat angetönt, dass er in seiner zweiten Amtszeit das Engagement für die Nato verringern würde. Die Schweiz ist zwar nicht Mitglied des Militärbündnisses, profitiert aber stark von der westlichen Sicherheitsarchitektur. Eine Schwächung der Nato wäre deshalb ein Anlass zur Sorge. Eine geringere Unterstützung für die Nato, die Ukraine und Taiwan würde auch die Sicherheitslage der Schweiz gefährden. Trumps Ideen für die Ukraine könnten Russland und andere Staaten zu neuen Territorialkonflikten ermutigen.

Die Schweiz muss rasch reagieren

Foraus verweist auch auf positive Erfahrungen. So hätten sich die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen in Trumps erster Amtszeit sehr gut entwickelt. Zudem habe die Schweiz einen nahezu beispiellosen Zugang zu den höchsten Ebenen der amerikanischen Administration genossen.

Die erste Amtszeit hat gezeigt, dass Trump nicht alles umsetzt, was er ankündigt. Für die Schweiz ist es jedoch ratsam, zu antizipieren, was auf sie zukommt – Bern tut sich damit generell schwer. Gemäss Foraus ist Tempo gefragt. Eine zweite Trump-Administration könnte die Schweiz zwingen, innert kürzester Zeit Position zu beziehen. Wichtig sei deshalb, dass die Verwaltung agil sei und die Departemente besser zusammenarbeiteten.

Als Mitglied des Uno-Sicherheitsrats zeigt die Schweiz seit dem letzten Jahr, dass sie wenn nötig auch schnell reagieren kann. Foraus schlägt vor, eine interdepartementale Task-Force zu bilden. Diese soll Szenarien diskutieren und Lösungsansätze entwickeln, mit den betroffenen Interessengruppen. Zudem plädieren die Autoren dafür, sich mit wichtigen Partnern wie der EU auszutauschen und abzustimmen. Allerdings schien die letzte Trump-Administration besonders zu schätzen, dass die Schweiz nicht Mitglied der EU ist.

Nur am Rande geht Foraus auf die Folgen einer Wahl von Kamala Harris ein. Eine Regierung der demokratischen Politikerin wäre zwar berechenbarer und würde konstruktiver mit Verbündeten zusammenarbeiten. Einige tektonische Verschiebungen der amerikanischen Aussenpolitik erfolgten aber unabhängig von der Wahl. So verhiessen der allmähliche Rückzug von Europa und die Stärkung nationaler Sicherheitsüberlegungen in der Aussenwirtschaftspolitik für die Schweiz nichts Gutes.

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