Hoteltipp

Kein Stein wurde im Hotel zum Hirschen in Salzburg auf dem anderen gelassen. Ein junges Hotelierpaar denkt hier Traditionen sowie Gastgebertum neu und erweckt damit auch ein Quartier zum Leben.

Salzburg ist ein Ort, an dem Tradition gelebt wird. Hier riecht es an fast jeder Ecke nach Würstl oder Schnitzel, Mozarts Konterfei blickt einem nicht nur aus der Süsswarenabteilung, sondern auch auf der Toilette entgegen, und sogar die Schiffe tanzen hier Walzer. Bei so viel Geschichtsstolz kann es schwierig sein, neue Wege ausserhalb von tradierten Gewohnheiten einzuschlagen. Das junge Hotelierpaar Katharina und Nikolaus Richter-Wallmann wagte den Schritt und übernahm das «Zum Hirschen», das älteste familiengeführte Hotel der Stadt.

Hier liessen sie ausser der Aussenfassade und den Fenstern keinen Stein auf dem anderen. Die alte Holzbalkendecke wurde teilweise abgetragen, und obendrauf setzten sie ein Mansardendach – so wie es ganz früher einmal aussah. Denn der «Hirschen» ist eine jahrhundertealte Salzburger Institution.

Ein Stück Stadtgeschichte

Die ersten Aufzeichnungen über das Gasthaus gehen auf das Jahr 1526 zurück. Bis heute ging der «Hirschen» durch die Hände von über dreissig Generationen und beherbergte auch bekannte Gäste wie etwa Constanze, die Witwe Mozarts, die hier lange gelebt, jedoch nie ihre Rechnungen beglichen haben soll. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Haus von einer Bombe getroffen und musste saniert werden.

Nachdem Katharina Wallmanns Eltern Franz und Russella das Haus in der Elisabeth-Vorstadt lange geführt hatten, verpachteten sie es einer grossen Hotelkette. Nun gehört es wieder der Familie – und diese will das Hotel ins Jetzt bringen. Heisst etwa: Es gibt kein eigenes Restaurant. Die Salzburger würden es ohnehin nicht mögen, in einem Hotelrestaurant zu speisen. Und wieso sollte man nicht auf die bestehende Expertise von Gastronomen zurückgreifen?

Im «Hirschen» werden also nur Frühstück sowie an der Bar Snacks bis 23 Uhr serviert. Das Food-Angebot wurde von Martin Eder konzipiert, der auch das «Furo» im Anbau nebenan führt. Es ist eines der hippsten Lokale Salzburgs, wo anstatt Schnitzel levantinische Mezze serviert werden. Ein Besuch im «Quasi»-Hotelrestaurant wird nicht nur aus kulinarischer Sicht empfohlen. Denn wenn man nicht weniger als komplett vollgestopft und mit einem Naturwein aus der Vitrine unterm Arm wieder zur Tür raus ist, muss man nur ein paar Schritte gehen, um ins Bett zu fallen.

Dieses befindet sich in einem der insgesamt 106 Zimmer (es gibt Klassikzimmer, Studios, teilweise mit Loggia und Blick in den Garten, Apartments, Juniorsuiten mit privater Sauna und freistehender Badewanne). Dankbar grosszügig sind diese gebaut und von der Salzburger Interiordesignerin Pia Clodi (Studio Eliste) eingerichtet worden. Ihr Fokus lag dabei auf Schlichtheit und Zweckmässigkeit – sowohl in der Farbgebung (Pastell- und Erdtöne dominieren) als auch beim Mobiliar.

Reduziert, aber schön gestaltet

Zu viel Schnickschnack, den man etwa in Boutique-Hotels oft sieht, kann zwar heimelig, zuweilen schön kuratiert aussehen, stört aber nicht selten auch den operativen Betrieb, etwa jenen des Housekeepings. Bei dieser Hotelgrösse entschied man zugunsten der Reduziertheit. Was nicht heisst, dass die Räume karg oder generisch wirken. Im Gegenteil.

Die Zimmer sowie die Gemeinschaftsräume wirken freundlich, feminin, lieblich mit Tendenz zum Kindlichen. Das hat zur Folge, dass man ab und zu meint, sich in einem grossen Puppenhaus zu befinden. Wahrscheinlich sind es das Rosa und das Mintgrün, das Holz, die Leinenstoffe, die Teppiche und die organischen Formen – und die Auswahl der Kunst –, die dieses Gefühl auslösen.

Für Letztere ist die Galeristin Sophia Vonier verantwortlich, die das Haus mit zeitgenössischer, vorwiegend österreichischer Kunst bekleidete. Es sind aber auch alte Stiche zu sehen, die neu gerahmt wurden. Ihnen begegnet man in den Fluren – etwa auf dem Weg zum Spa- und Fitnessbereich mit einem separaten Yogaraum, wo man seine Asanas mit Sonne im Gesicht praktizieren kann.

Als ob ein Haus mit 106 Zimmern komplett umzubauen nicht schon genug wäre, liess das Gastgeberpaar auch den Parkplatz neben dem Hotel neu gestalten. Im ehemaligen Stall entstehen gerade noch Studios und Wohnungen sowie ein ganz neues Quartier mit 42 Wohnungen, die in Holzhybridweise gebaut werden, zudem eine Gartenanlage, die von der Landschaftsarchitektin Karin Standler gestaltet wurde, mit dem Ziel, das gesamte Quartier, ja die ganze Stadt lebhafter zu machen. Wenn endlich einmal Veränderung, dann eben richtig.

Zum Hirschen, Elisabethstrasse 5, Salzburg, DZ ab 140 Euro.

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