Emma Hayes, Coach des amerikanischen Frauenteams, zeigt, dass Hitzewallungen und Erfolg kein Widerspruch sind.
Hat sie tatsächlich das M-Wort gesagt? Als Emma Hayes, Trainerin des amerikanischen Frauen-Nationalteams, diese Woche vor einem Testspiel der USA gegen England über ihre angegriffene Gesundheit im vergangenen Frühling sprach, horchte man auf. Es sei ihr nicht gut gegangen, sagte Hayes, die damals noch Chelsea-Trainerin war, vor den Journalisten. Der Stress habe ihr die Freude genommen: «Während der Menopause alles auf die Reihe zu kriegen, war noch schwieriger.»
Menopause ist ein Wort, das im Fussball, auch in jenem der Frauen, noch weniger vorkommt als in Verwaltungsetagen oder an der Migros-Kasse. Schlaflosigkeit und depressive Verstimmungen passen nicht in ein Umfeld, das stets ein Funktionieren auf höchstem Niveau verlangt – körperlich wie mental. Menskrämpfe, Babybäuche und Hitzewallungen waren Frauensachen, die Sportlerinnen und Trainerinnen bis vor ein paar Jahren nicht hatten.
Dass ausgerechnet Hayes, die mit 2 Millionen Dollar Jahresgehalt bestverdienende Fussballtrainerin der Welt, an einer Medienkonferenz eingesteht, dass ihr die Menopause zu schaffen machte, ist allerdings kein Zufall. Frauensachen sind gewissermassen ihr Ding. Unter der 48-Jährigen hat Chelsea etwa als erstes Profiteam überhaupt das Training nach dem Menstruationszyklus der Spielerinnen ausgerichtet.
Hayes hat auch immer zugelassen, dass man ihre Verletzlichkeit sieht: Den Schmerz über den Verlust des Zwillings ihres heute sechsjährigen Sohnes Harry in der Schwangerschaft hat sie genauso thematisiert wie die Trauer über den Tod ihres Vaters. Es sind Eingeständnisse, die Frauen mit Kaderjobs in hochkompetitiven Umfeldern in der Regel tunlichst vermeiden.
Doch Hayes hat es geschafft, verletzlich und erfolgreich zu sein. In ihren zwölf Jahren als Trainerin hat Chelsea sechs Mal die Meisterschaft und fünf Mal den Cup gewonnen. 2021 wurde sie von der Fifa als Trainerin des Jahres ausgezeichnet. Mit dem amerikanischen Team hat sie diesen Sommer am Fussballturnier der Olympischen Spiele Gold geholt.
Mit der gelebten Demonstration, dass Leistung und frauenspezifische Anliegen kein Widerspruch sind, hat die Engländerin das Terrain bereitet. Etwa für Imke Wübbenhorst. Die Trainerin der YB-Frauen weiss, wie es sich anfühlt, wenn das Leben in den Job einbricht. Die Deutsche erwartet im Dezember ihr erstes Kind, seit ein paar Tagen ist sie im Mutterschaftsurlaub, ihr Assistent übernimmt. Dass eine Fussballtrainerin mitten in der Saison schwanger pausiert, ist beispiellos.
In einem Interview mit «20 Minuten» sagt Wübbenhorst, sie habe Angst gehabt vor der Reaktion der Spielerinnen und ein schlechtes Gewissen, weil sie das Gefühl gehabt habe, sie lasse das Team im Stich. Sie hoffe aber, dass sie etwas ins Rollen bringe, wenn sie als Cheftrainerin Mutterschaftsurlaub mache.
Das wird sie zweifellos. Und wann machen Julian Nagelsmann, deutscher Nationaltrainer, und Fabian Hürzeler von Brighton – beide im besten Papa-Alter – Vaterschaftsurlaub?
Ein Artikel aus der «»