Donnerstag, Oktober 10

Die Schäden in Florida sind zwar gross, doch der Wirbelsturm schwächte sich ab, bevor er die Küste erreichte. Und auch seine Zugbahn war für Tampa letztlich günstig. Dass es nicht übler ausgegangen ist, hat mehrere Gründe.

Wind mit Orkanstärke peitschte durch die Strassen der Städte. Eine Sturmflut setzte viele Küstengebiete unter Wasser, mehr als ein Dutzend Tornados zogen Schneisen der Verwüstung durchs Land, vor allem im Süden des Gliedstaats. Später überschwemmten heftige Regenfälle viele Orte. Schon bald wurden mehrere Todesfälle gemeldet. Bei über drei Millionen Menschen fiel der Strom aus.

Als Jahrhundertsturm war der Hurrikan «Milton» bezeichnet worden, Hunderttausende Einwohner Floridas hatten sich vor ihm in Sicherheit gebracht. In der Nacht zum Donnerstag überquerte der Wirbelsturm dann bei Saratoga, südlich der Metropole Tampa, die Küste. Zu dem Zeitpunkt gehörte er in die Kategorie 3 der fünfstufigen Skala, doch wenig später wurde er in die Kategorie 1 herabgestuft.

Die ganz grosse Katastrophe, die Fachleute wegen «Milton» befürchtet hatten, ist ausgeblieben. Das hat mehrere Gründe.

Das warme Meer schuf ideale Bedingungen für «Milton»

Zunächst musste man das Schlimmste befürchten. Der Hurrikan war am Sonntag im Westen des Golfs von Mexiko entstanden, und danach hatte er sich so rasch verstärkt wie noch nie zuvor ein tropischer Wirbelsturm in diesem Randmeer des Atlantischen Ozeans. Die rund 30 Grad Celsius warme Wasseroberfläche und die Abwesenheit von anderen, störenden Wettersystemen schufen ideale Bedingungen für seine Intensivierung.

Auf seinem Höhepunkt am Dienstag zählte «Milton» zur Kategorie 5. Das ist die höchste im Klassifikationssystem der Hurrikane. Anhaltende Winde mit einer Geschwindigkeit von bis zu 285 Kilometern pro Stunde wurden beobachtet. Meteorologen stuften ihn als den fünftstärksten Hurrikan ein, der jemals im Atlantik beobachtet worden ist.

Zu diesem Zeitpunkt musste man damit rechnen, dass Milton als Hurrikan aus einer der beiden höchsten Kategorien, also 4 oder 5, die Küste Floridas erreichen würde – und das an einer besonders heiklen Stelle, nämlich knapp nördlich der Tampa Bay. In diesem Fall hätten Winde mit einer Geschwindigkeit von weit mehr als 200 Kilometern pro Stunde das Meerwasser direkt in die Bucht hineingedrückt. Eine ungefähr vier Meter hohe Sturmflut hätte dann grosse Teile des urbanen Ballungsraums, in dem drei Millionen Menschen leben, unter Wasser gesetzt.

Es gibt mehrere Studien, wonach ein solches Extremszenario Schäden in der Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags verursacht hätte.

Doch diesmal hat Tampa noch Glück gehabt. Mehrere Faktoren trugen dazu bei, dass es nicht zu dem ganz grossen Desaster gekommen ist, das befürchtet worden war.

Hurrikane reagieren sensibel auf Wind in der Umgebung

Ein wichtiger Faktor war die zunehmende Windscherung. Mit diesem Begriff drücken Fachleute aus, dass sich mit der Höhe die Windgeschwindigkeit oder die Windrichtung deutlich ändert. Hurrikane produzieren selbst extreme Winde, aber sie reagieren sehr sensibel darauf, wenn in ihrer Umgebung ungünstige Windverhältnisse herrschen.

Am Mittwoch wurde die Windscherung so stark, dass «Milton» sich abzuschwächen begann. Zusätzlich sog der Wirbelsturm trockene Luft aus Norden ein. Auch das beeinträchtigte ihn – die Kraft der Hurrikane basiert schliesslich auf feuchter Luft. Beim Erreichen der Küste war der Wirbelsturm darum längst nicht mehr so stark, wie man noch zu Beginn der Woche befürchten musste.

Der zweite Grund, weshalb Tampa der Worst Case erspart blieb, war die Zugbahn. Die Prognosemodelle lagen alle eng beieinander, aber erst wenige Stunden vor der Ankunft in Florida kristallisierte sich heraus, wo genau der Hurrikan auf Land treffen würde, nämlich südlich von Tampa.

Wirbelstürme ziehen nicht genau gradlinig, sondern sie eiern immer ein wenig herum. Diese Bewegungen lassen sich selbst mit den besten Computermodellen noch nicht präzise vorhersagen, weil die Prozesse, die das Schlingern bestimmen, zu kleinräumig sind.

Am frühen Donnerstagmorgen wanderte «Milton» als Hurrikan der Kategorie 1 auf den Atlantik hinaus. Er wird sich voraussichtlich weiter abschwächen und am Samstag südlich die Bermudas passieren. Dass er sich nochmals intensivieren und erneut Hurrikanstärke erreichen wird, ist nicht zu erwarten.

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