Samstag, November 30

Das aus der ETH Lausanne hervorgegangene Startup Swisspod erzielt im eigenen Testtunnel Rekorde bei der Langstrecken-Erprobung. Eine neue Studie unterstreicht die Zukunftschancen des Hyperloops als nachhaltige Alternative zur Luftfahrt.

Noch vor wenigen Jahren war der Hyperloop nicht mehr als ein Hype. Magnetschwebebahnen in Niederdruckröhren klangen wie eine Utopie aus einem Science-Fiction-Film. Doch in der Schweiz arbeitet man schon länger an der Realisierung dieses neuen Transportsystems – und dies mit einigem Erfolg. Zwei Forschungsteams in Zürich und Lausanne konnten Teststrecken einweihen und internationale Rekorde erzielen.

An den beiden Hochschulen ETH Zürich und EPFL in Lausanne begann man vor rund zehn Jahren damit, den fernen Traum der Swissmetro von 1970 in die Realität zu transportieren. Damals sollten unterirdische Schnellzüge zwischen Genf und St. Gallen in hohem Tempo verkehren und die Reisezeiten dramatisch verkürzen. Dies stets mit dem Ziel, so schnell zu fahren, wie ein Flugzeug fliegt, dies aber mit deutlich geringerem Energiebedarf.

Als Elon Musk die inzwischen auf den Namen Hyperloop getaufte Idee der Schnellzüge im Flaschenpost-Stil salonfähig machte, wuchs die Gemeinde der Gläubigen der neuen Transportform rasant. Musk schrieb in Kalifornien einen Wettbewerb aus, um die Technologie voranzutreiben. Und neben Entwicklungen in den USA, China, den Niederlanden und Deutschland fanden sich auch in der Schweiz Entwicklungsteams, zunächst an den beiden technischen Hochschulen.

Inzwischen kristallisieren sich zwei Wege heraus: Die aus dem Forschungsteam der ETH entwickelte studentische Initiative Swissloop konzentriert sich in erster Linie auf die Entwicklung von Antriebssystemen, die den hohen Geschwindigkeiten der Fahrkapseln von 500 km/h und mehr standhalten, die in den Unterdruck-Röhren des Hyperloop möglich sind. Dabei geht es um die Reduktion von Fahrwiderstand und die Möglichkeit, nicht nur Waren, sondern auch Passagiere zu befördern.

Das aus dem Team der EPFL 2019 entstandene Unternehmen Swisspod Technologies hingegen beschäftigt sich mit der Entwicklung von Magnetbahnen für den Hyperloop. Der Fokus liegt auf den Röhren, in denen die Bahnen gleiten sollen. Dieser Bereich der Infrastruktur stellt einen substanziellen Anteil am künftigen Transportsystem dar, denn der Bau von luftdichten Röhren-Strecken ist aufwendig, bestehende Strecken gibt es nicht.

Der Trick mit der endlosen Teststrecke

Ein erster Meilenstein für Swisspod und seinen studentischen Vorgänger EPF-Loop war 2021 die Fertigstellung einer Tunnelröhre im Massstab 1:12, in der Fahrzeuge auf einer zentralen Schiene unter leichtem Vakuum fahren sollten. Das Besondere an der Anlage, die auf dem Gelände der EPFL in Lausanne gebaut wurde: Die Röhre bildet einen Kreis mit 40 Metern Durchmesser und einer Streckenlänge von 125 Metern, der endlos durchfahren werden kann. So lässt sich eine längere Fahrt ohne Unterbruch erproben.

Die Röhre besteht aus 120 Rohr-Elementen, die je 38 Kilogramm wiegen und dank aussen angebrachter Verschraubung miteinander verbunden sind, um die nötige Dichtigkeit für eine Unterdruck-Umgebung im Tunnelinneren sicherzustellen. Zwei Vakuumpumpen und eine Kontrolleinheit sorgen in der Kreisröhre für einen Unterdruck von bis zu 100 Millibar. Die Fahrschiene im Zentrum wird von zwei Aluminiumrohren flankiert, die als Sicherheitsplanken dienen.

In den vergangenen fünf Jahren arbeitete Swisspod an der Umsetzung der Langzeittests. Ermittelt wurde der optimale Unterdruck in der Röhre, um bei möglichst geringem Energieeinsatz eine optimale Reisegeschwindigkeit zu erzielen.

Gleichzeitig galt die Aufmerksamkeit dem aerodynamischen Design der Fahrkapseln und dem Magnetsystem zur Anhebung des 1,5 Meter langen und 15 Kilogramm schweren Gefährts zur schwebenden und reibungsfreien Fahrt über dem Schienenmaterial. Zur Sicherheit hat das Swisspod-Team die Kapsel mit kegelförmigen Rädern versehen, die auf den Leitplankenrohren wie Stützräder mitrollen.

Der nächste Meilenstein gelang Swisspod vor wenigen Wochen. Die 1,5 Meter lange und 15 Kilogramm schwere Fahrkapsel schwebte dank eigens entwickeltem Schwebe- und Antriebssystem über eine Gesamtdistanz von 11,8 Kilometern durch die Niederdruckröhre. Dies war die bisher längste Testfahrt eines Hyperloop-Systems, Swisspod spricht von einem Weltrekord.

The Future is LIMITLESS - Hyperloop Day powered by EPFL & Swisspod

Die nackten Zahlen des Langstreckenversuchs klingen zwar bescheiden. Doch rechnet man die im Massstab 1:12 erzielten Werte um, ergeben sich in Normalgrösse rein rechnerisch 144 Kilometer und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 488,4 km/h. Damit befindet sich Swisspod zwar noch nicht im Bereich der Zielgrössen für Hyperloops, die Flugzeugtempi bis zu 900 km/h erreichen sollen. Doch einen ersten Schritt in die richtige Richtung hat das Swisspod-Team um den CEO Denis Tudor und den Technikchef Cyril Dénéréaz getan.

Die Expansionspläne schreiten voran

Weiterhin dreht sich bei Swisspod alles im Kreis. Doch bedeutet dies nicht etwa Stillstand, es geht durchaus vorwärts mit den Plänen des Lausanner Unternehmens. Seit drei Jahren sind Denis Tudor und sein Team in den USA aktiv. Swisspod ging eine Partnerschaft mit dem Transportation Technology Center (TTCI) bei Pueblo im US-Gliedstaat Colorado ein, um eine zweite Hyperloop-Teststrecke unter dem Projektnamen Matterhorn zu bauen.

«Es geht dort gut voran», erklärt Denis Tudor. «Bald werden wir die grösste Teststrecke für Hyperloop-Züge der Welt haben.» Der Tunnel entsteht im Massstab 1:2, ist also deutlich grösser als der in Lausanne stehende Testring. «Damit ist er gross genug, um zu Testzwecken zu einem späteren Zeitpunkt auch Personen zu transportieren. Denn die Plattform entspricht der Originalgrösse.»

In drei bis vier Jahren will Swisspod die neue Teströhre fertigstellen. Das Team lässt sich Zeit, um sicherzustellen, dass alle Sicherheitsnormen eingehalten werden. «Bevor wir Menschen zu Testzwecken in der Röhre transportieren, wollen wir rund 500 erfolgreiche unbemannte Tests absolvieren», sagt Tudor.

Auch der in Pueblo entstehende Testtunnel wird kreisrund angelegt. Anders als in Lausanne werden die Teilstücke jedoch nicht aussen miteinander verschraubt. «Wir gestalten die Verbindung mit einer Verschweissung wie bei Ölpipelines – das ist kostengünstiger bei gleicher Dichtigkeit.

Am 20. November wurde in Pueblo ein erstes Teilstück mit einer Länge von 180 Metern offiziell eröffnet. «Mitte nächstes Jahr wollen wir weitere 250 Meter Teststrecke fertigstellen, dann sind es 430 Meter», sagt Denis Tudor. «Nur in China gibt es vielleicht bald einen noch längeren Testtunnel. Indien hat derzeit den zweitlängsten Tunnel mit 422 Metern, es folgen die Niederlande mit 420 Metern. Es ist also kein Zufall, dass wir für die nächste Etappe 430 Meter gewählt haben.»

Damit wird aber erst ein Viertel des Testrings fertig sein. Insgesamt soll die Strecke eine Gesamtlänge von 1,6 Kilometern erreichen. Der Bau ist kapitalintensiv, doch die Mittelbeschaffung läuft. «Zurzeit sind wir in der nächsten Sammelphase», so Tudor. «Vier der gesuchten sieben Millionen Dollar haben wir bereits, und wir sind zuversichtlich, dass wir unser Ziel sehr bald erreichen.» Zudem erhält Swisspod Zuschüsse vom Schweizer Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).

Das Gründerteam von Swisspod besteht aus ehemaligen EPFL-Studenten.

Weitere Expansionspläne hegt Swisspod auch in Indien, wo Tudor mit der Firma Tutr Hyperloop in Madras südlich von Chennai eine Absichtserklärung unterschrieb. «Die Schweiz und Indien haben ihre strategische Partnerschaft im Transportsektor stetig erweitert», erklärt Tudor. «Wir wollen durch die Zusammenarbeit mit Tutr Hyperloop dazu beitragen, dass der indische Transportsektor durch den Hyperloop innovativer und nachhaltiger wird.»

Deutlich nachhaltiger als die Luftfahrt

Gerade im Bereich der Ökologie sehen viele Mobilitätsexperten Vorteile bei Hyperloop-Systemen. «Sie haben das Potenzial, so umweltfreundlich zu sein wie der Zugverkehr», heisst es in der ersten umfassenden Ökobilanz-Studie, die das Schweizer Paul-Scherrer-Institut (PSI) im September 2024 veröffentlichte.

Wie die Studie ausführt, verursachen Hyperloop-Systeme nur fünf Prozent der Treibhausgase, die ein herkömmliches Flugzeug auf der gleichen Strecke ausstossen würde. «Auch im Vergleich zu E-Kerosin-Flügen gewinnt der Hyperloop deutlich, indem er lediglich ein Viertel der Klimabelastung erzeugt, die ein mit diesem CO2-neutralen Treibstoff betriebener Kurzstreckenflug verursacht.»

Reisen mit dem Hyperloop könnten demnach so schnell sein wie Flugreisen und gleichzeitig so sauber wie der Zugverkehr. Dies gemäss dem PSI jedoch nur, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt seien: Die Auslastung des Hyperloops müsse ähnlich hoch sein wie die der heutigen Fernzüge, vorzugsweise aber höher. Und der Strom für den Betrieb müsse aus Quellen mit geringen Treibhausgasemissionen stammen.

Doch gibt die PSI-Studie zu bedenken, «dass der Hyperloop im Vergleich mit diesen anderen Technologien die bislang am wenigsten entwickelte (Technologie) hat und diese, falls sie weiterverfolgt wird, wahrscheinlich die letzte sein wird, die in Betrieb geht».

Solche Bedenken können auch die Aktivitäten von Swissloop in Zürich und Swisspod in Lausanne, den USA und Indien nicht aus der Welt schaffen. Eine engere Zusammenarbeit der verschiedenen weltweiten Hyperloop-Forschungsfirmen könnte die Entwicklungsgeschwindigkeit erhöhen. Doch selbst die beiden Schweizer Unternehmen arbeiten nicht eng zusammen.

«Vielleicht könnten wir uns gut ergänzen und in einem europäischen Netzwerk aufgehen, das wie Airbus arbeitet», sagt der Swisspod-Chef Tudor. «Das Potenzial für die Zusammenarbeit ist gross, auch wenn wir erst am Anfang stehen. Wir sind offen dafür.»

Was die internationale Entwicklung betrifft, ist Swisspod bereits in verschiedenen europäischen Projekten integriert. «Wir arbeiten mit dem Fraunhofer-Institut in Deutschland, mit den technischen Hochschulen in Mailand, Ljubljana, Barcelona und weiteren zusammen.» Zudem gehört Swisspod zu den Gründungsmitgliedern der weltweiten Hyperloop Association. Erste Ergebnisse der Zusammenarbeit stehen allerdings noch aus.

Für Tudor ist die Schweiz ein guter Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung des Hyperloop, mehr aber nicht: «Wir bekommen hier viel Unterstützung. Aber um zu expandieren, muss man über die Schweizer Grenzen hinausgehen.»

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