Dienstag, August 19

Auch wenn er in seiner Aussenpolitik oft mehr als nur konfus agiert: Donald Trump ist beseelt von dem Plan, als grosser Friedensfürst in die Geschichte einzugehen. Das Siegel aufdrücken würde dem der Friedensnobelpreis. Doch die Hürden in Oslo sind hoch.

Vier US-Präsidenten haben den Friedensnobelpreis bereits erhalten. Nur nicht der – in Donald Trumps Augen – Grösste der Grossen. Trump ist vom Preis der Preise besessen. Sein Personal, vom Aussenminister bis zur Pressesprecherin, trommeln für ihren Chef, während der frühere, geschasste Pressesprecher Scaramucci dieser Tage in Norwegen mahnte, Trump lasse die richtige ethische Einstellung vermissen. In den zurückliegenden Wochen und Monaten wurde der US-Präsident immer wieder nominiert – von Aserbaidschan, Armenien, Kambodscha und in fast feierlicher Pose von Israels Ministerpräsidenten Netanyahu.

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Blöd nur, dass die Nominierungsfrist für 2025 am 31. Januar endete. Einige Nominierungen jedoch trafen fristgerecht in Oslo ein. Für Trump votierten eine amerikanische Jus-Professorin, ein ukrainischer Abgeordneter und ein norwegischer Ex-Parlamentarier. So genau weiss man das aber nicht, weil das Nobelkomitee keine Auskunft über die Nominierten gibt. Auf seiner Plattform Truth Social jammerte Trump in einer schwachen Stunde: «Ich erhalte den Nobelpreis nicht, was immer ich auch tue, trotz Russland/Ukraine und Israel/Iran.» 2026 wird sich eine neue Chance bieten, Pakistan hat ihn schon jetzt nominiert.

Wirklich gute Freunde

Wer entscheidet über Trumps Ambition? Das Nobelkomitee setzt sich – wie Alfred Nobels Testament es vorsieht – aus fünf für sechs Jahre vom norwegischen Parlament gewählten Mitgliedern zusammen und widerspiegelt das Kräfteverhältnis des hohen Hauses. Aktive Parlamentarier und Minister sind ausgeschlossen.

Den Vorsitz führt der Sozialdemokrat Jörgen Watne Frydnes, er ist auch Generalsekretär des norwegischen PEN. Elf Jahre lang leitete er den Wiederaufbau der Juso-Insel Utöya nach Anders Breiviks Terroranschlag. Davor war er als Projektleiter für Ärzte ohne Grenzen tätig. Sein Stellvertreter, der von den Rechtspopulisten portierte parteilose Staatswissenschafter Asle Toje, fürchtet, dass die Einwanderung die Ethno-Norweger in die Minderheit versetzen könnte.

Die konservative Ex-Ministerin Kristin Clemet wiederum leitet einen liberalen Think-Tank. Sie wurde einst zur norwegischen Europäerin des Jahres erkoren, während die Ex-Chefin der ländlichen Zentrumspartei Anne Enger seit 1994, als sie gegen einen EU-Beitritt kämpfte, den Spitznamen «Nein-Königin» trägt. Die Sozialdemokratin Gry Larsen schliesslich war bis vor kurzem Chefin eines global tätigen maritimen Konzerns.

Trump ist sichtlich bemüht, sich in Norwegen beliebt zu machen. Während der Nato-Generalsekretär Mark Rutte unlängst Trump im Weissen Haus umschmeichelte, lagen die Dinge im April bei der Visite von Ministerpräsident Jonas Gahr Störe anders. «I love Norway!», rief Trump in den Saal. Es sei ihm eine Ehre, den «grossen Anführer» eines «grossen Volkes», den «weltweit respektierten Leader», im Weissen Haus empfangen zu dürfen.

Den Finanzminister Stoltenberg pries Trump als wirklich guten Freund, der als Nato-Generalsekretär einen phantastischen Job gemacht habe. Ja, Norwegen sei «eine vorzüglich gemanagte Nation», «ein unglaubliches Land», emsige Geschäftsleute, ein König, der respektiert werde. Besser machen könne man es nicht.

Progressive Agenda

Details blieb Trump schuldig. Er pries Norwegen in den höchsten Tönen, wo er doch in den USA und darüber hinaus jene kulturellen und ethischen Werte als «Wokeness» bekämpft, die von Störes Regierung gefördert werden. Störe läuft persönlich an der Pride-Parade in Oslo mit. Das Jahr 2022 feierte die Regierung als «queeres Kulturjahr».

Norwegen führte als weltweit erstes Land eine Geschlechterquote für Verwaltungsräte grosser Unternehmen ein. Norwegen engagiert sich in der Entwicklungshilfe und anerkannte Palästina bereits 2024 als Staat. Vor einigen Tagen läuteten in ganz Norwegen die Glocken von 400 Kirchen, um an das Leid des palästinensischen Volkes zu erinnern.

Als in der Pressekonferenz ein amerikanischer Journalist fragte, ob Trump den Preis verdienen würde, rühmte Störe die «sehr wichtigen Initiativen», die der Präsident ergriffen habe, um den Ukraine-Krieg zu beenden. Der Preis werde allerdings von einem unabhängigen Komitee vergeben, weshalb er sich zu dieser Frage nicht äussern könne. Worauf Trump breit grinsend einwarf: «Vielen Dank für diese Frage. Die Frage gefällt mir.»

Trumps Besessenheit vom Nobelpreis könnte die norwegische Regierung in eine verzwickte Lage bringen. Was, wenn er den Preis heuer und auch 2026 nicht erhält? Begreift Trump wirklich, dass Störe und sein Freund Stoltenberg keinen Einfluss auf die Preisvergabe haben? Würde er sich rächen? Und wie? Würde er vielleicht seine Hand nach Spitzbergen ausstrecken, ähnlich, wie er sich Grönland anzueignen versuchte? Wir wissen es nicht.

Trump hat verkündet, in der herrlichen norwegischen Natur bald schon Ski laufen zu wollen. Was müsste er tun, um in Norwegen nicht nur Wintersport zu treiben, sondern auch den Nobelpreis abzuholen? Der Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri Dan Smith formulierte es gegenüber der norwegischen Plattform Nettavisen so: «Falls eine neue Ära mit dem Abbau von Atomwaffen anbrechen und die Ukraine in eine neue Zeit mit nachhaltigem Frieden und Stabilität eintreten würde, könnte er als Kandidat für den Preis infrage kommen.»

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