Donnerstag, Oktober 3

Der Geschäftsführer des deutschen Sockenherstellers Falke über qualitative Unterschiede, Socken-No-Gos und das edelste Herrenmodell im Sortiment.

Herr Falke, Sie tragen einen schönen leuchtend blauen Anzug. Leider sehe ich Ihre Socken im Video-Call nicht. Verraten Sie, was Sie untendurch tragen?

Paul Falke: Kardinalrote Falke-Kniestrümpfe der Linie «No. 9» in meinen beigen Hermès-Sneakers.

Was für ein Sockentyp sind Sie?

Ich bin durch und durch Kniestrumpfträger. Ich fühle mich unwohl, wenn ich keine Strümpfe trage, die bis zu den Knien reichen. Wenn man beim Sitzen die Beine übereinanderschlägt, finde ich diesen Anblick aufs Bein zwischen Hose und Socke eher «unschön».

Gibt es noch andere Socken-No-Gos?

Bis vor einiger Zeit hätte ich gesagt: weisse Socken, ausser bei Ärzten oder Tennisspielern und anderen Sportlern. Mittlerweile kann ich damit leben, wenn die Menschen der Meinung sind, sie müssten eine weisse oder hautfarbene Socke tragen. Ich bin jetzt 66 Jahre alt und habe mich schon immer für aufgeschlossen gehalten. Aber ich glaube, dass man nicht alles wegdiskutieren und demokratisieren muss. Gewisse Dresscodes finde ich nach wie vor passend und angebracht. Wenn ich etwa in die Münchner Staatsoper gehe, dann mache ich mich chic und ziehe ab und zu einen Smoking an.

Welche Socken tragen Sie zum Smoking?

Meistens einen roten Strumpf aus Seide, passend zum kardinalroten Innenfutter meines Smokings, den ich mir so habe machen lassen.

Ihre Lieblingssocken im Alltag?

Unsere Luxury Line «No. 10» mit Rippe und die glatte «No. 9», beide aus ägyptischer Baumwolle. Für diese Linien wird die Farbpalette überarbeitet, mit Kardinalrot und einem Yves-Klein-Blau. Man muss den Männern zeigen, was es für Farbalternativen gibt. Ich habe immer für mehr Farbe am Männerbein plädiert.

Männer tragen wohl vorzugsweise Schwarz, Dunkelgrau und Dunkelblau?

Ja, es sind nach wie vor die populärsten Farben bei männlichen Wesen. Diese gedeckten Farben machen gut zwei Drittel der Nachfrage aus.

Wie erklären Sie sich das?

Ich denke, dass der Mann lieber auf Nummer sicher geht und sich durch schlecht kombinierte Farben nicht blamieren will. Auch wenn heute die Kleiderregeln weniger starr sind, haben viele Männer keinen Mut, Socken und Strümpfe in weniger traditionellen Farben zu tragen. Aber die Zahl der stilsichereren Männer steigt.

Wie sieht es mit gemusterten Socken aus?

Nach unifarbenen Socken und Strümpfen in bunten Farben ist es eine höhere Kunst, gemusterte Socken gut zu kombinieren. Eine Grundregel ist: Wenn ich etwas Gemustertes trage, dann ziehe ich nicht noch eine gemusterte Socke dazu an, sondern wähle lieber eine einfarbige Socke. Wenn ich ein unifarbenes Outfit trage, dann kann ich problemlos eine gemusterte Socke dazu anziehen.

Gibt es ein Einstiegsmuster, das Sie empfehlen können?

Da eignen sich etwa Punktmuster oder feine Nadelstreifen, etwa der «Shadow», ein cooler Evergreen, ebenso der «Oxford» mit Kontraststreifen in Komplementärfarben.

Und dann gibt es noch die klassischen sogenannten Argyle-Karos der Marke Burlington, die auch zu Falke gehört . . .

Ich habe kürzlich in einem Modemagazin so eine Argyle-Socke von Prada für 250 Euro gesehen. Ich kann da nur sagen: Chapeau, dass eine Marke einen derartigen Pull-Effekt hat, dass jemand bereit ist, für eine Socke 250 Euro auszugeben, obwohl sie aus normaler Baumwolle ist.

Cleveres Marketing von Prada?

Ich spreche die gewaltige Macht einer Marke wie Prada an. So eine Socke kann man ja nicht viel besser, ganz sicher nicht zehnmal besser als eine Burlington-Socke machen. Ich behaupte, dass die Burlington-Socke qualitativ mindestens mit einer von Prada mithalten kann.

Wie steht es um die Macht der Marke Falke?

Ich würde nie von Macht unserer Marke reden, bin allerdings glücklich darüber, dass sie sich ein modernes, positives und innovatives Image und insbesondere ein sehr gutes Qualitätsimage erarbeitet hat. Die Kunden wissen, dass sie bei uns qualitativ etwas Gutes erhalten. Ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten, ist unser Bekenntnis, das in den Firmenstatuten verankert ist.

Das klingt nun sehr nach Marketing. Wie viel wird noch in Deutschland produziert?

Ungefähr ein Drittel, etwa 1100 Mitarbeiter beschäftigt Falke in Deutschland. Damit sind wir eine ziemlich rare Spezies von Bekleidungsunternehmen. Unser grösster Produktionsstandort ist in Serbien.

Was können Sie uns über qualitative Unterschiede bei Socken sagen?

Es fängt bei der Wahl des Garns an. Des Weiteren ist entscheidend, wie die Maschinen eingestellt sind. Bei uns läuft die Maschine nicht mit Höchstgeschwindigkeit wie etwa bei Herstellern, die hauptsächlich auf Menge ausgerichtet sind. Damit erzielen wir ein anderes Maschenbild und bessere Trage-Eigenschaften. Jeder unserer Socken und Strümpfe wird in der Herstellung ausserdem mehr als zehnmal in die Hand genommen. Die Maschine, bei der Sie oben eine Garnspule draufsetzen und unten ein Socken rauskommt, gibt es noch nicht.

Gibt es weitere Qualitätsmerkmale?

Die Art, wie die Spitze geschlossen wird. Es gibt zwar mittlerweile Strickmaschinen, die auch die Spitze schliessen können, aber grösstenteils wird der Sockenschlauch an der Zehenpartie in Handarbeit aufwendig «gekettelt». Beim Handketteln steckt eine geschickte Kettlerin Masche für Masche auf einen Kranz auf, um dann die Sockenspitze zuzustricken und somit besonders fein zu schliessen. Das ist eine anspruchsvolle Tätigkeit, die bei uns nach wie vor intensiv zum Einsatz kommt.

Welche ist die teuerste Socke im Falke-Sortiment?

Nebst Cashmeresocken ist unser teuerstes Produkt ein Strumpf aus Vikunja. Der ist limitiert und wird auf Anfrage hin gefertigt. Er kommt in einer Holzbox und kostet über 800 Euro. Die Wolle ist extrem fein und muss vorsichtig behandelt werden. Das Strumpfgarn ist höher verzwirnt als beispielsweise bei einem Pullover. Denn die Socke wird ja überall belastet, wenn sie im Schuh steckt, und dabei sollte nichts zerfasern.

Wie sieht es im breiteren Sortiment aus, und wie setzen sich generell die Preise zusammen?

Wissen Sie, wir dürfen nicht verkennen, dass in Deutschland im Durchschnitt für eine Socke gerade einmal rund 2 Euro 50 ausgegeben werden. Wie es in der Schweiz aussieht, weiss ich nicht. Wir unterscheiden uns mit einem Durchschnittspreis von über 10 Euro deutlich, bieten jedoch den Konsumentinnen und Konsumenten auch mehr.

Sie lancieren immer wieder einmal Kollaborationen. 1979 kam «Falke designed by Giorgio Armani» und jüngst eine «Collab» mit der französischen Bademodemarke Vilebrequin heraus. Wie wäre es als Nächstes mit einer Zusammenarbeit mit einer deutschen Luxusmarke wie Rimowa oder Birkenstock?

Kollaborationen sind für uns sehr spannend, und wir streben sie mit artverwandten, gleichgesinnten Marken immer gerne an. Die Werte der Collab-Partner und ihre ästhetischen Vorstellungen sollten zusammenpassen. Über Rimowa könnte man einmal nachdenken.

Das Socken-Imperium

Falke

1895 gründet der Dachdecker Franz Falke-Rohen, der in kalten Wintermonaten als Saisonstricker tätig war, seine eigene Strickerei. 1990 übernimmt mit den Cousins Franz-Peter Falke und Paul Falke die vierte Generation die Firmenleitung. 2008 werden die Markenrechte für Burlington erworben. Heute produziert die Falke-Gruppe Socken und Strümpfe für Damen, Herren und Kinder, Bekleidung und Unterwäsche sowie die Sportlinie «Ergonomic Sport System». An sechs Standorten – Deutschland, Italien, Serbien, Slowakei, Südafrika – beschäftigt das Unternehmen 3119 Mitarbeitende, verkauft wird in über 60 Ländern, der weltweite Umsatz betrug 2023 rund 271 Millionen Euro.

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