Drei kleine Länder im Pazifik sind eng an die USA angebunden. Diese Verträge könnten ein Vorbild für eine enge Beziehung Washingtons mit Grönland sein, sagt der ehemalige amerikanische Diplomat John Hennessey-Niland.

Präsident Donald Trump will Grönland haben. Amerika brauche die grösste Insel der Welt aus Sicherheitsgründen, argumentiert Trump. Anstelle einer Annexion könnte ein Compact of Free Association ein mögliches Modell für eine engere Beziehung zwischen Washington und Nuuk sein.

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Ein Befürworter dieses Modells ist John Hennessey-Niland, der 35 Jahre für das State Department arbeitete. 2020 bis 2022 war er amerikanischer Botschafter in Palau, einem von drei Ländern, die einen Compact of Free Association (Cofa) mit den USA geschlossen haben. Früher in seiner Karriere war der Diplomat im amerikanischen Aussenministerium für die Beziehungen zu Grönland zuständig.

Herr Hennessey-Niland, was ist ein Compact of Free Association?

Das ist ein Abkommen, bei dem zwei Parteien – die keine unabhängigen Länder sein müssen – eine Einigung über Dienstleistungen, Unterstützung und Hilfe erzielen. Es ist eine vertiefte Beziehung, der beide Seiten zustimmen. Darum heisst es Free Association. Die USA haben solche Abkommen mit drei kleinen Ländern im Pazifik, den Marshallinseln, den Föderierten Staaten von Mikronesien und Palau.

Warum gerade mit diesen Ländern?

Das hat historische Gründe: Nach dem Zweiten Weltkrieg bat die Uno die USA, die Verantwortung für diese Treuhandgebiete zu übernehmen. Das war sinnvoll, denn am Ende des pazifischen Krieges waren die USA dort bereits präsent. Als diese drei Länder 1986 beziehungsweise 1994 unabhängig wurden, schlossen sie mit den USA diese Abkommen. Die drei Cofa sind sich ähnlich, aber nicht identisch. Denn die Anforderungen jedes Landes sind anders.

Was gewinnen Palau, Mikronesien und die Marshallinseln mit einem Cofa-Abkommen?

Sie erhalten wirtschaftliche Unterstützung. Ihre Bürger können in den USA leben, wohnen, arbeiten oder studieren. Auch herrscht die Freizügigkeit von Gütern zwischen diesen Nationen und Amerika, und sie können den Dollar als Währung verwenden. Die USA sind für die Sicherheit und Verteidigung dieser Länder zuständig und schützen sie und ihre Bevölkerung vor jedem potenziellen Gegner und jeder Bedrohung.

Zur Person

PD

John Hennessey-Niland, Professor

Der heutige Professor für internationale Beziehungen an der Bush School of Government and Public Service in Texas war 35 Jahre für das State Department tätig. Er beendete seine Karriere als Botschafter in Palau von 2020 bis 2022. Frühere Stationen waren unter anderem Pakistan, Fidschi und Australien.

Und was haben die USA davon?

Beide Seiten müssen Vorteile aus einem solchen Abkommen ziehen, sonst ist es nicht nachhaltig. Die Cofa ermöglichen, dass wir uns in einer Region engagieren, die von grosser strategischer Bedeutung ist. Einerseits wirtschaftlich, mit Investitionen in Bereichen wie dem Tourismus. Andererseits können wir militärisch dort präsent sein, Stützpunkte aufbauen, wenn wir sie benötigen. Dass diese Verträge seit Jahrzehnten bestehen, zeigt, dass sie für beide Seiten vorteilhaft sind. Sie wurden letztes Jahr sogar gerade erst erneuert, der Kongress hat neue Finanzmittel bereitgestellt. Die Cofa werden sowohl von Republikanern als auch von Demokraten unterstützt.

Aber ganz reibungslos verlief der Prozess im Kongress nicht. Es dauerte, bis die Gelder, die es zur Verlängerung der Verträge brauchte, endlich gesprochen waren . . .

Demokratien sind nicht immer so effizient, wie man es sich wünscht. Dass es gelungen ist, die Finanzierung für die Cofa zu sichern, zeigt, wie gross die parteiübergreifende Unterstützung ist. Denn in anderen Fragen gelang es nicht, Mehrheiten zu finden.

Lässt sich das Modell der Cofa auf andere Situationen übertragen?

Absolut. Dass die drei bestehenden Verträge unterschiedlich sind, zeigt, dass man das Konzept anpassen kann. Alles, was es braucht, sind zwei Parteien mit gemeinsamen Interessen, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit. Dass wir das Modell der Cofa bereits kennen und es sich bewährt hat, erlaubt, dass man bei Verhandlungen nicht bei null beginnen muss. Kürzlich haben Vertreter Grönlands in Washington Vertreter der Cofa-Länder getroffen, um sich darüber zu informieren, wie diese Verträge funktionieren.

Ist ein Cofa-Vertrag denn auch möglich, wenn Grönland nicht unabhängig von Dänemark ist?

Warum nicht? Als wir die Gespräche mit den Marshallinseln, Mikronesien und Palau begannen, waren diese auch nicht unabhängig, sondern Treuhandgebiete. Welchen Status Grönland haben wird, entscheiden nicht wir. Das entscheiden Dänemark und hauptsächlich die Menschen in Grönland. Wir wissen nicht, welche Regierungsform Grönland haben wird. Ich gehe davon aus, dass sie die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten vertiefen möchten. Ich hoffe es zumindest. Warum also nicht ein Gespräch darüber führen, wie diese Beziehungen aussehen könnten?

Heute ist Grönland ein Teil Dänemarks – was für direkte Beziehungen zwischen Washington und Nuuk gibt es denn?

Diese sind vielschichtig. Wir sind seit dem Zweiten Weltkrieg militärisch in Grönland präsent. Seit 1951 betreiben wir im Nordwesten der Insel die Thule Air Base, die heute Pituffik Space Base heisst. 2004, als ich im State Department für Grönland zuständig war, konnte ich für den damaligen Aussenminister Colin Powell eine Reise dorthin organisieren. Es war der erste Besuch eines amerikanischen Aussenministers auf Grönland. Wir haben mit Vertretern der damaligen grönländischen Regierung darüber gesprochen, wie wir die Beziehungen vertiefen könnten. Schon damals gab es Überlegungen, wie wir Investitionen und wirtschaftliche Aktivitäten mit Grönland ausbauen könnten. Das ist also nichts Neues.

Und welche Rolle spielt Kopenhagen?

Es liegt an Grönland und Dänemark, diese Rolle gemeinsam zu definieren. Aber wenn wir mit Grönland in Kontakt sind, informieren wir Kopenhagen. Der dänische Aussenminister traf damals Powell in Grönland und begleitete ihn.

Die Compact-Länder sind alle ganz klein und liegen im tropischen Süden, Grönland ist riesig und liegt im eisigen Norden. Kann man die Situationen wirklich vergleichen?

Ich sehe durchaus Gemeinsamkeiten zwischen den Pazifikinseln und Grönland: Alle haben eine kleine Bevölkerung, eine begrenzte Wirtschaftstätigkeit und sind sehr abgelegen. Die Region, wo sich Palau, Mikronesien und die Marshallinseln befinden, ist geostrategisch ebenso wichtig wie die Lage Grönlands. Und im Pazifik wie in Grönland haben wir eine bestehende Verteidigungs- und Sicherheitspräsenz.

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