Sonntag, Dezember 22

Showdown an teuerster Lage: Grandjean/Ott jagen einen mörderischen Consultant, der seine Opfer ins Reich des Hades schickt.

Beim Fest der Liebe taut selbst die hartgesottene Kommissarin auf. Am Weihnachtsmarkt wird Isabelle Grandjean angeflirtet. Ein Mann schenkt ihr ein Lebkuchenherz. Grandjean gefällt er, dieser adrette «Marek aus Warschau». Was sich am Zürcher Sechseläutenplatz anbahnt, entwickelt sich zur heissen Nacht im Hotel Altstadt.

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Später wird die Kollegin Ott sagen: «Sonst bin immer ich es, die sich die falschen Typen aussucht.» Im neuen Fall aus Zürich ist es nicht die Polizistin mit dem alternativen Einschlag, die auf einen Mistkerl hereinfällt. Sondern die zugeknöpfte Grandjean lässt sich auf eine fatale Affäre ein. Mit einem Mörder ist sie im Bett gelandet.

Die Leiche liegt unter der Entlisbergbrücke bei Adliswil. Dass Marek der Täter ist, daraus macht die Inszenierung (Regie: Michael Schaerer) kein Geheimnis. Grandjean/Ott müssen trotzdem ermitteln.

Es wird persönlich

Der Wissensvorsprung für die Zuschauer ist eine klassische dramaturgische Knacknuss: Wenn der Mörder bekannt ist, woraus zieht die Geschichte die Spannung? Drehbuch-Einmaleins: Es muss sich um einen Serientäter handeln. Er mordet, solange er nicht gefasst ist. Die Zeit drängt.

Für abendfüllenden Nervenkitzel reicht das aber noch nicht. Das wissen die Autoren (Buch: Stefan Brunner, Lorenz Langenegger). Also wird es persönlich.

Marek, stellt sich heraus, spielte schon in Grandjeans erstem grossem Fall als Nachwuchspolizistin in La Chaux-de-Fonds eine Rolle. Wie es aussieht, hat sie damals den Falschen verdächtigt. Und den Mann in den Selbstmord getrieben. In Wahrheit ging die Tat wohl auf das Konto von Marek. Aber wieso zieht dieser die Kommissarin nun, viele Jahre später, in eine Affäre hinein?

Grandjean muss die Ermittlungsakte neu aufmachen. Also ihr früheres Versagen aufdecken. Eine Zwickmühle – das ist gut fürs Drama. Und dankbar für die Darstellerin Anna Pieri Zuercher, die sich profilieren kann.

In seiner achten Ausgabe macht der Zürcher «Tatort» vieles richtig. Aber auch Entscheidendes falsch. Neben dem persönlichen Drama der Ermittlerin braucht der Mörder ebenso eines. Er muss etwas hergeben. Einem beliebigen Hund nachjagen ergibt keine sinnstiftende TV-Unterhaltung.

Also stilisieren die Macher Marek zum Psychopathen, der sich von griechischer Mythologie inspirieren lässt. Wie in der Antike mit dem Schierlingsbecher mordet er mit Geflecktem Schierling. Nach getaner Tat legt er den Opfern eine Münze in den Mund. Denn einen Pfennig verlangt der Fährmann für die Überfahrt über den Fluss Styx in die Unterwelt, wie der Altphilologe unter den Zuschauern weiss.

Ein Hauch von «Seven»?

Der mythologische Überbau soll den Fall scary machen. Ein Hauch von «Seven». Aber der Regisseur Michael Schaerer («Die kleine Hexe») ist nicht David Fincher. Und Marek nur ein zweitklassiger Psycho. Im Hauptberuf ist er Consultant. Financial Restructuring, etwas in der Art. Er erklärt den Konzernen, wen sie auf die Strasse stellen sollen.

Aktueller Auftraggeber ist eine Grossbank am Paradeplatz. Spürbar arbeitet die Inszenierung auf den Showdown an bester Lage hin. Für Schweizer Krimiverhältnisse ist der grossangelegte Polizeieinsatz in der City eine aufregende Sache. Der «Tatort» hat die richtige Ambition.

Aber Schaerer und Co. hätten auch, sagen wir, einen Schwank aus dem Leben von Tidjane Thiam und Iqbal Khan erzählen können, statt sich bemüht ihren Plot zusammenzureimen. Ott, die linksalternative Ermittlerin, wäre auch in einem realitätsnäheren Szenario auf ihre Kosten gekommen. «Ich stürm jetzt dann gleich ’ne Grossbank», sagt sie, als sie die Spezialeinheit zum Paradeplatz beordert. «Geil, oder?»

«Tatort» aus Zürich: «Fährmann», am Sonntag, 20.05/20.15 Uhr, SRF/ARD.

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