Gläubiger des Allschwiler Unternehmens Idorsia sollen erneut Hand bieten für die Verschiebung der Rückzahlung einer Wandelanleihe. Doch selbst wenn sie Ja sagen, reichen die flüssigen Mittel nur noch bis Ende März.
Ob die Biotechnologiefirma Idorsia überlebt, bleibt höchst ungewiss. Per 31. Dezember 2024 verfügte das Unternehmen zwar noch über liquide Mittel von rund 100 Millionen Franken, doch reichen diese laut der Geschäftsführung nur bis Ende des laufenden ersten Quartals aus, um den Betrieb zu finanzieren. Die Voraussage ist zudem an die Bedingung geknüpft, dass Idorsia eine weitere Erstreckung der Frist für die Rückzahlung einer Wandelanleihe erwirken kann.
Weitere Massenentlassung in Allschwil
Im vergangenen Mai war Idorsia mit den Gläubigern bereits übereingekommen, die Fälligkeit vom 17. Juli 2024 auf den 17. Januar 2025 zu verlängern. Doch auch nun fehlen dem Unternehmen die Mittel, um die Investoren für das Papier mit einem Volumen von 200 Millionen Franken auszuzahlen. Das Management will denn auch, wie es am Montag mitteilte, umgehend eine Einladung für eine Versammlung verschicken, um Anträge für eine Anpassung der Konditionen der Wandelanleihe zu präsentieren.
Angesichts der knappen Mittel hat die Liquiditätssicherung bei Idorsia oberste Priorität. Das Unternehmen versucht, Ausgaben zu kürzen, wo es nur geht. So sollen bis zum zweiten Quartal weitere 250 Stellen abgebaut werden, wie bereits Ende November 2024 bekanntgegeben wurde. Das Unternehmen dürfte damit nur noch rund 450 Beschäftigte zählen. Vor zwei Jahren hatten noch 1300 Personen für Idorsia gearbeitet, der überwiegende Teil am Hauptsitz in Allschwil bei Basel.
Notverkäufe in Asien
Zugleich ist die Geschäftsführung weiterhin damit beschäftigt, zu veräussern, was sich nur verkaufen lässt. Jüngst gingen Vorratsbestände des Schlafmittels Quviq an die japanische Firma Nxera Pharma über, welche die Lizenz für den Vertrieb des Produkts im asiatischen Raum mit Ausnahme Chinas besitzt.
Dank einer Transaktion mit einem Finanzinvestor aus Asien erhält Idorsia zudem 30 Millionen Dollar vorgestreckt. Dafür fliessen dem Kapitalgeber später Gelder aus dem Umsatz des Mittels Vamorolone gegen die Erbkrankheit Duchenne-Muskeldystrophie zu.
Idorsia ist 2017 als zweite Gesellschaft des Ehepaars Martine und Jean-Paul Clozel gegründet worden. Die beiden Mediziner, die dank dem Verkauf ihrer ersten Firma Actelion an den amerikanischen Gesundheitskonzern Johnson & Johnson zu einem Milliardenvermögen gelangt waren, starteten damals mit grossen Ambitionen. Doch mittlerweile ist die einst diversifizierte Entwicklungsfirma zu einem Rumpfgebilde geschrumpft.
Das Hauptprodukt Quviq ist starker Konkurrenz ausgesetzt, weil viele ältere Mittel gegen Schlaflosigkeit als Generika nur wenig kosten. Im vergangenen Jahr beschränkte sich der Umsatz dieses Medikaments auf 55 Millionen Franken. Damit lag es noch immer weit entfernt von der Milliardengrenze, die sich Martine und Jean-Paul Clozel als Messlatte gesetzt haben.
Noch immer kein Lizenzpartner für Mittel gegen Bluthochdruck
Einen zweiten sogenannten Blockbuster strebt das Ärztepaar mit dem Präparat Aprocitentan an. Doch dieses Produkt, das der Behandlung von Bluthochdruck dient, wird noch nicht vermarktet, obschon es die Zulassung für den amerikanischen und den europäischen Markt besitzt.
Mit Blick auf die Verhandlungen mit einem potenziellen Lizenzpartner hat Idorsia die Aktionäre abermals vertröstet. Die entsprechenden Geschäfte würden weitergeführt. Aber es gebe weiterhin keine Garantie dafür, dass die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss führten.
Analytiker der Helvetischen Bank hatten bereits bei der letzten Wasserstandsmeldung von Idorsia kurz vor Weihnachten kritisiert, Idorsia sei zu einer «Blase des Versprechens» verkommen. «Wie lange wohl werden die Investoren dieser Hinhaltetaktik noch Glauben schenken?», fragten sie sich in einem Kommentar.
Gesamter Biotechnologiesektor leidet
Schon heute scheint Idorsia unter Anlegern beinahe jegliches Vertrauen verspielt zu haben. Der Aktienkurs der Firma stürzte am Montag weitere 7 Prozent auf 72 Rappen ab. Der Börsenwert betrug damit nur noch knapp 140 Millionen Franken, was Idorsia wie ein Schnäppchen aussehen lässt.
Zugleich hätten kaufwillige Konkurrenten längst zuschlagen können. Doch Idorsia kämpft zu allem Übel nicht nur mit hausgemachten Problemen, sondern auch mit einem widrigen Marktumfeld. Die Stimmung im Biotechnologiesektor habe sich, verglichen mit jener vor einem Jahr, «definitiv verschlechtert», konstatiert das Wertschriftenhaus Stifel.
Dazu gehört auch, dass verkaufswillige Biotechfirmen zurzeit nur schwer Abnehmer finden. 2024 gab es deutlich weniger Transaktionen als 2023, gemessen sowohl an der Zahl als auch am Volumen der branchenweiten Fusionen und Übernahmen.