Montag, Januar 13

Die Biotech-Gesellschaft muss ihre Anleihegläubiger um einen weiteren Zahlungsaufschub bitten. Gleichzeitig ziehen sich die Verhandlungen über den Blutdrucksenker Aprocitentan weiter in die Länge. Ein Befreiungsschlag liegt in weiter Ferne.

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Die Leidensgeschichte der Idorsia-Aktionäre geht in die nächste Runde. Am heutigen Montag kündigt das finanziell angeschlagene Biotechunternehmen die Einberufung einer Anleihegläubigerversammlung an, um einen Zahlungsaufschub zu erreichen. Am Freitag (17. Januar) wird eine Wandelanleihe im Umfang von 200 Mio. Fr. fällig – eine Verpflichtung, die Idorsia nicht erfüllen kann.

Ursprünglich hätte der Bond bereits im Juli 2024 zurückbezahlt werden müssen. Doch das Basler Biotechunternehmen konnte sich damals mit den Bondhaltern auf eine Verlängerung um sechs Monate einigen – selbstverständlich zu verbesserten Konditionen für die Anleihegläubiger.

Bereits letzte Woche soll nach meinen Informationen den wichtigsten Bondhaltern ein Angebot vorgelegt worden sein. Zu ihnen zählt auch Firmengründer und Verwaltungsratspräsident Jean-Paul Clozel, der bis Juni als CEO amtete und rund ein Drittel des Bonds hält. Um die Rückzahlung der Wandelanleihe weiter zu verschieben, ist die Zustimmung von zwei Dritteln der Bondhalter erforderlich. Dass dies gelingt, gilt als wahrscheinlich.

Idorsia wird wohl jedoch weitere Zugeständnisse machen müssen, etwa mit einer weiteren Herabsetzung des Konversionspreises – also des Preises, zu dem die Gläubiger ihre Bonds in Aktien umwandeln können. Ursprünglich lag dieser bei 34 Fr., wurde jedoch bei der letzten Verlängerung des Bonds im vergangenen Sommer bereits auf 6 Fr. gesenkt. Dennoch liegt er weiterhin deutlich über dem aktuellen Kurs von rund 0,7 Fr.

Keine Einigung beim Blutdrucksenker Aprocitentan

Sicher ist: Die Verlängerung des ausstehenden Bonds vom 17. Januar ist zwar notwendig, aber keineswegs ausreichend, um die Krise zu bewältigen – nicht einmal, um kurzfristig zu überleben. Gemäss Unternehmensangaben belief sich der Cashbestand per 31. Dezember 2024 auf 100 Mio. Fr. Selbst wenn die Rückzahlung der am Freitag fälligen Anleihe aufgeschoben werden kann, rechnet das Unternehmen damit, nur bis Ende des ersten Quartals 2025 finanziert zu sein.

Die Short-Seller stürzen sich derweil auf die Aktien von Idorsia. Ende Dezember waren rund 18% der ausstehenden Aktien ausgeliehen. Damit ist das Unternehmen auf Platz zwei der Schweizer Short-Lieblinge vorgerückt.

Enttäuschend ist daher auch das heutige Update, das Idorsia zu den Verhandlungen über die Auslizenzierung des Blutdrucksenkers Aprocitentan gegeben hat. Ende November teilte das Basler Unternehmen mit, exklusive Verhandlungen mit einer nicht genannten Partei über die globalen Rechte am Antihypertensivum aufgenommen zu haben. Als Gegenleistung erhielt Idorsia eine Exklusivitätsgebühr von 35 Mio. $. Ursprünglich sollte noch 2024 eine Einigung erzielt werden, liess das Management verlauten, räumte jedoch kurz vor Weihnachten erstmals ein, dass sich die Verhandlungen verzögern.

Heute heisst es dazu, dass die Verhandlungen fortgeführt werden, man jedoch nicht davon ausgehe, dass in den kommenden Wochen eine Einigung erfolgt. Mehr noch: «Es kann nicht garantiert werden, dass überhaupt eine Einigung erzielt wird.» Folglich prüft das Unternehmen weiterhin «alle strategischen Optionen, um die operative Liquidität des Unternehmens bis zu einem möglichen verbindlichen Angebot zu erhöhen».

Zweite Wandelanleihe droht ebenfalls bald fällig zu werden

Die langwierigen Verhandlungen über die Auslizenzierung von Aprocitentan werfen kein gutes Licht auf Idorsia. Wie ich höre, soll es weitere passende Interessenten gegeben haben, mit denen Idorsia aufgrund der erhaltenen Exklusivitätsgebühr nun jedoch nicht mehr verhandeln kann. In finanziell soliden Zeiten hat das Unternehmen die Chance verpasst, aus einer Position der Stärke heraus vorteilhafte Auslizenzierungsvereinbarungen mit Partnern abzuschliessen. Jetzt, da die Hütte brennt, wird der Hebel, an dem Idorsia sitzt, immer kürzer.

Selbst wenn im Laufe der Woche eine Restrukturierung der am Freitag fälligen Wandelanleihe und damit ein Zahlungsaufschub verkündet wird, wäre das kein Befreiungsschlag. Zwar würde ein unmittelbarer Kollaps abgewendet, doch Idorsia steuert bereits auf die nächste Klippe zu: 2028 wird eine Wandelanleihe in Höhe von 600 Mio. Fr. fällig. Zudem können die Investoren bereits im August 2026 die Rückzahlung der Anleihen verlangen.

Welche Optionen bleiben Idorsia noch?

Neben Aprocitentan verfügt das Unternehmen über ein weiteres Asset, das es zu Geld machen könnte: Quviviq. Das Schlafmittel wird von vielen Experten aufgrund seiner geringeren Nebenwirkungen gegenüber den gängigen Standardtherapeutika als überlegen angesehen. So berichten Patienten, dass sie sich am Tag nach der Einnahme weniger gerädert fühlen. Das Problem: Das Medikament verkauft sich bislang nur äusserst schleppend.

Was passiert mit dem Schlafmittel Quviviq?

Kritiker bemängeln auch hier die Entscheidung von Clozel, auf eine Kooperation mit einem Vertriebspartner verzichtet und das Produkt in den USA eigenständig auf den Markt gebracht zu haben – anders als in Asien, wo Idorsia das Medikament 2023 an Nxera Pharma auslizenziert hat. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, doch Insider schätzen, dass der Aufbau der Vertriebsstrukturen und die Marketingmassnahmen Idorsia bis zu 1 Mrd. Fr. gekostet haben dürften. Das Resultat bisher ist niederschmetternd: Im vierten Quartal dürfte das Mittel lediglich 55 Mio. Fr. umgesetzt haben.

Dennoch könnte das Medikament für einen grossen Pharmakonzern mit den passenden Vertriebsstrukturen nach wie vor interessant sein. Natürlich schmerzt es, dass viele Hunderte Millionen Franken quasi in den Sand gesetzt wurden. Trotzdem ist es angesichts der kritischen Lage für mich kaum nachvollziehbar, warum diese Option eines Verkaufs noch immer nicht auf dem Tisch zu liegen scheint, wo doch offensichtlich ist, dass Idorsia das Produkt nicht erfolgreich vermarkten kann.

Die Lage bei Idorsia spitzt sich immer weiter zu. Die Aktien, die heute mehr als 10% verlieren, notieren nahe ihrem Allzeittief. Anlegerinnen und Anleger sollten Abstand halten. Das Chance-Risiko-Verhältnis rechtfertigt kein Engagement in den Aktien.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market

Henning Hölder

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