Montag, Oktober 7

Bei einer Burg in der Nähe von Madrid kamen die Überreste von Ordensrittern zum Vorschein. Ihre Verletzungen zeigen, dass sie in Schlachten ihr Leben liessen. Unter ihnen war auch eine Frau.

Zwischen dem 8. und 15. Jahrhundert tobten erbitterte Kriege auf der Iberischen Halbinsel. Mit dem Einfall der Mauren im Jahr 711 kam binnen weniger Jahre der Grossteil des alten Westgotenreichs unter islamische Herrschaft. Fast acht Jahrhunderte konnten daraufhin das Umayyaden-Kalifat und seine späteren politischen Erben den Süden der Halbinsel gegen die christlichen Königreiche im Norden verteidigen. Erst im Jahr 1492 beendete der Fall des Königreiches Granada die Herrschaft der Mauren.

Neben den zeitgleichen Kreuzzügen im Heiligen Land verlief die zweite Front des Christentums gegen den Islam damit quer durch die Iberische Halbinsel. Von der Gewalt, die sich hier abspielte, zeugen zwei Dutzend Skelette, die Archäologen in der Nähe von Madrid neu entdeckt haben.

Die Gebeine stammen von Ordensrittern. Denn ebenso wie für die Kämpfe im Orient rekrutierte die Kirche auch Soldaten, um sie in den heimatlichen Krieg gegen die Andersgläubigen zu schicken. Die Päpste riefen zum Kampf auf und nach dem Vorbild der Tempelritter entstanden militärische Orden wie dessen direkter Nachfolger, der Orden von Montesa, der Orden des heiligen Jakob vom Schwert oder der Alcántara-Orden in der Extremadura.

Einer der ersten von ihnen war der von Zisterziensermönchen gegründete Orden von Calatrava. Alfonso VIII., König von Kastilien, gab den Mönchen die Burg von Zorita de los Canes im spanischen Guadalajara, um seine südliche Grenze gegen die maurischen Angriffe zu sichern. Sie sollten das Gebiet rund um die Stadt verteidigen und die Burg als vorgeschobene Position für zukünftige Eroberungen halten.

An zwei grossen Schlachten beteiligt

Auf dem Friedhof der Befestigung barg ein Ausgrabungsteam die Überreste von 25 Personen, deren Knochen von den Spuren schwerer Kampfhandlungen gezeichnet waren. Die Toten gehörten, so lässt die Untersuchung der Gebeine vermuten, zu den kämpfenden Ordensrittern von Calatrava.

«Tatsächlich gab es zwei grosse Schlachten, von denen wir wissen, dass die Zisterzienser von Zorita de los Canes beteiligt waren», erklärt der Hauptautor der Studie Patxi Perez Ramallo vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie. Im Jahr 1195 besiegten die muslimischen Almohaden in der Schlacht von Alacros die kastilischen Truppen.

Siebzehn Jahre später wiederum schlug ein Bündnis der Königreiche Kastilien, Aragón, Portugal und Navarra in der Schlacht bei Las Navas de Tolosa die maurischen Truppen und konnte weite Teile der zuvor verlorenen Gebiete zurückerobern. «Wir glauben, dass viele der von uns untersuchten Ordensritter bei der einen oder anderen dieser beiden Schlachten ums Leben kamen», vermutet Perez Ramallo. «Fast alle weisen Schnittwunden oder Kampftraumata auf, die durch Stösse oder Schnitte mit scharfen Klingen verursacht wurden.»

Die Knochen erzählen allerdings nicht nur vom Tod der Ordensritter, sondern auch von ihrem Leben. Und das war gar nicht einmal so schlecht: Die Analyse von Kohlenstoff- und Stickstoffisotopen in den Gebeinen zeigte, dass sie sich zu Lebzeiten sehr gut ernährten: «Wir konnten anhand ihrer Ernährung ihre gehobene soziale Herkunft belegen.»

Auf dem Speiseplan standen oft Geflügel oder auch Meeresfisch, obwohl es von Zorita de los Canes bis zur Mittelmeerküste weit über 300 Kilometer sind. Das Essen, das in Zorita de los Canes auf den Tisch kam, entsprach durchaus dem, was auch an den mittelalterlichen Adelshöfen der Iberischen Halbinsel gegessen wurde. «Das passt zu den historischen Quellen, gemäss denen der Orden hauptsächlich aus Rittern bestand, die dem niederen Adel und der städtischen Elite angehörten», erklärt Perez Ramallo.

Auch Frauenskelett weist Schnittwunden auf

Unter den Toten gab es allerdings – zumindest ihrer Ernährung nach – auch einige Personen mit niedrigerem sozialem Status. Sie könnten in der Burg gedient oder auch als Söldner für den Orden von Calatrava gekämpft haben. Und sogar das Skelett einer Frau hatte auf dem Friedhof der Ordensritter die letzte Ruhe gefunden.

«Die Überreste der Frau sind deutlich graziler, aber auch sie erlitt zu Lebzeiten Schnittwunden und Traumata», berichtet Perez Ramallo. Sie kam also vermutlich wie die Männer bei einem Angriff oder einer Schlacht ums Leben. «Die Isotopenanalyse deutet zwar darauf hin, dass sie einer niedrigen Klasse angehörte. Wir wissen aber nicht, ob sie eine Dienerin war, die in der Burg arbeitete, eine Nonne des Ordens, die bei Aufgaben wie der Krankenpflege half, oder eine freiwillige Mitkämpferin.»

Nach der Schlacht bei Las Navas de Tolosa lag die Burg Zorita de los Canes nicht mehr im Grenzgebiet. Die Ordensritter von Calatrava zwangen die muslimischen Kriegsgefangenen zum Bau einer neuen Burg, Calatrava la Nueva, rund 60 Kilometer südlich ihres alten Hauptsitzes Calatrava la Vieja, um von dort die Reconquista vorantreiben zu können.

Als 1492 die maurische Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel endete, blieb der Orden von Calatrava bestehen. Es gibt ihn noch immer, er steht unter der Kontrolle des derzeitigen Königs von Spanien, Felipe VI. Allerdings verlor er nach dem 15. Jahrhundert jede militärische Funktion. Heute ist er nur noch ein Symbol für den sozialen Status seiner Mitglieder innerhalb des Adels.

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