Mittwoch, Januar 8

Eines der grossen Rätsel zur bevorstehenden Administration Trump sind die Widersprüche in seiner Wirtschaftspolitik. Ein heftiger Streit in den eigenen Reihen gibt nun vielversprechende Hinweise.

Donald Trump hat im Wahlkampf so vieles versprochen, dass selbst ein Präsident von seinem kämpferischen Format nur einen Bruchteil davon wird erfüllen können. Zumal viele seiner angekündigten Segnungen im Widerspruch zueinander stehen. Wird er die unter Joe Biden vorübergehend entfesselte Inflation im Zaum halten? Oder wird er sie durch hohe Staatsdefizite und neue Strafzölle erneut antreiben? Wird er der Wirtschaft mehr Wachstumsdynamik verschaffen, oder wird er sie im Protektionismus ersticken? Auch erfahrene Analytiker rätseln darüber, was die USA im neuen Jahr unter Präsident Trump erwarten müssen. Ein in den letzten Tagen ausgebrochener heftiger Streit in den eigenen Reihen des Trump-Lagers gibt nun aber einige Hinweise.

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Der enge Begleiter und Berater Trumps in dessen erstem Wahlkampf 2016, Steve Bannon, lancierte nach Weihnachten auf seinem Nachrichtenkanal «War-Room» eine heftige Kampagne gegen ein Gesetz, das die Anstellung ausländischer Fachkräfte durch amerikanische Unternehmen erlaubt, wenn auf dem Arbeitsmarkt keine einheimischen Arbeitnehmer mit den nötigen Fähigkeiten verfügbar sind. Bannon forderte schon unter Trumps erster Präsidentschaft ohne Erfolg die Beendigung dieses Gesetzes, um amerikanische Arbeitnehmer zu schützen. Nun macht er erneut Druck und lädt seit Tagen Gäste in sein Programm, die seine Argumente stützen.

Scharfer Angriff auf Elon Musk

Unter ihnen befand sich auch die furiose Trump-Anhängerin Laura Loomer. Sie nutzte die Kampagne gegen das unter dem Namen H-1B laufende Visa-Programm zu einem Frontalangriff auf Trumps neuen engsten Vertrauten Elon Musk. Sie warf ihm und den sich um Trump scharenden «Tech-Eliten» vor, aus Eigennutz am Visa-Programm festzuhalten. Loomer erkannte in Musks Nähe zu Trump ein Sicherheitsrisiko für die USA, da der Milliardär riesige Wirtschaftsinteressen in China habe. Sie warnte Trump mit der Aussage, die Interessenkonflikte von Musk könnten dem Präsidenten ein Impeachment-Verfahren einbringen und seinen Ruf bei seinen Anhängern schädigen.

Musk reagierte auf die Debatte mit einem Tweet auf seiner eigenen Plattform X und betonte, dank diesem Visa-Programm hätten zahllose bedeutende Personen mitgeholfen, jene Unternehmen aufzubauen, die Amerika gross gemacht hätten. Er werde in einen Krieg ziehen, um es zu verteidigen. Diese Stellungnahme provozierte wieder wütende Entgegnungen aus Bannons Lager.

Nach einigem Zögern schlug sich Donald Trump auf Musks Seite und erklärte das Visa-Programm zu einer wichtigen Errungenschaft. Er schien dieses zunächst mit einem ähnlichen Programm für gering qualifizierte Arbeitskräfte zu verwechseln, doch das tat seinem Einsatz für das wirtschaftsfreundliche Einwanderungsprogramm keinen Abbruch. Die Möglichkeit, qualifizierte ausländische Arbeitskräfte zu rekrutieren, wenn deren Fähigkeiten dringend benötigt werden, ist für eine hochentwickelte Wirtschaft unabdingbar und weit verbreitet. Zudem lässt das umstrittene Programm nur eine begrenzte Zahl von Einwanderern zu und hat einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung.

Das Chaos regiert mit

Aus diesem Streit können drei Schlüsse für das neue Jahr gezogen werden. Erstens erzeugt die heterogene Koalition hinter Trump aus Maga(Make America Great Again)-Nationalisten, Grossunternehmern und traditionellen Konservativen immer wieder divergierende Einflussnahmen, Streit und Chaos. Erinnert sei an dieser Stelle auch an den überraschenden und nutzlosen Vorstoss von Musk damit, kurz vor Weihnachten die bereits von den republikanischen Abgeordneten und Senatoren im Kongress beschlossene Weiterfinanzierung des Staatshaushalts zu torpedieren.

Zweitens kann daraus geschlossen werden, dass Trump nach seinem überzeugenden Wahlsieg nicht, wie von Kritikern befürchtet, nach Gusto wird durchregieren können. Zwar sind die Demokraten zu geschwächt, als dass sie Trump gegenüber viel Gegenwehr leisten könnten, doch er wird durch die rivalisierenden Faktionen in den eigenen Reihen zurückgebunden werden – vor allem im Kongress.

Drittens zeigte Trump in dem Streit einen erfreulichen Reflex zugunsten der Unternehmen und gegen die von ihm selbst gerufenen Geister des Protektionismus und der extremen Abschottung.

Das ist eine gute Nachricht nicht nur für die USA, sondern für die Weltwirtschaft. Wobei der erste Schluss aus dieser Affäre lautet: Prognosen und Erwartungen zur Trump-Präsidentschaft laufen immer Gefahr, vom Chaos eingeholt zu werden.

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