Für die Imker bedeutet der sehr harte Honig viel zusätzliche Arbeit. Warum es dieses Jahr besonders viel davon gibt, ist unklar.
Viele Imker haben in diesem Jahr mit einem besonders zähen Problem zu kämpfen: Melezitosehonig, auch bekannt als Zementhonig. Dieser Honig kristallisiert sehr schnell und schon in den Waben. Er kann nicht wie gewohnt geschleudert und aus den Waben gelöst werden. Auch für die Bienen ist der harte Honig ein Problem.
Erwin Reutimann ist Präsident des Kantonalverbandes der Zürcher Imkervereine. Er sagt am Telefon: «Es gibt massiv mehr Fälle. Und zwar vom Zürcher Unterland bis ins Tösstal.» Einige Imker, wie Reutimann selbst, hätten fast keine betroffene Waben. Bei anderen seien jedoch 70 Prozent der Waben betroffen. «Im ganzen Kanton gibt es mehr Imker mit Melezitosehonig in den Waben als ohne», sagt Reutimann.
Auch in den Kantonen Aargau, Schwyz und Luzern berichten Zeitungen von vielen Fällen. Im Süden von Deutschland oder in Österreich taucht das Phänomen ebenfalls vermehrt auf.
Das Problem ist eine spezielle Zuckerart
Honig wird von den Bienen einerseits aus dem Nektar von Blütenpflanzen produziert. Dieser ist als Blütenhonig bekannt. In Mitteleuropa ist auch Waldhonig verbreitet. Dessen Ausgangsprodukt ist der sogenannte Honigtau, die zuckerhaltigen Ausscheidungen von Blattläusen, aus dem Bienen ebenfalls Honig herstellen.
Das Kompetenzzentrum des Bundes für die landwirtschaftliche Forschung, Agroscope, definiert Melezitosehonig als auskristallisierten Waldhonig mit einem sehr hohen Melezitosegehalt, einer bestimmten Zuckerart. Jean-Daniel Charrière leitet bei Agroscope das Zentrum für Bienenforschung. Er erklärt, wie Melezitosehonig entsteht.
«Honig besteht vor allem aus Zucker», sagt er. Die Zuckerart unterscheide sich aber je nach Pflanze und Honigtau-Erzeuger. Melezitosehonig stamme vom Honigtau bestimmter Läuse der Rottanne und der Lärche. «Diese saugen Saft von dem Bäumen auf und scheiden im Anschluss zuckerhaltigen Honigtau aus», sagt Charrière. Dieser werde von den Bienen gesammelt, die daraus Waldhonig herstellten.
Der Honigtau enthalte überwiegend Einfachzucker. Je nach Lausart und Baum gibt es im Honigtau zusätzlich Melezitose, einen Mehrfachzucker. «Enthält der Honig mehr als zehn Prozent Melezitose, kristallisiert er sehr schnell», sagt Charrière. Und zwar schon innerhalb von drei bis vier Tagen direkt in den Waben.
Auch für Bienen ist Melezitosehonig ein Problem. Sie müssen ihn zuerst mit viel Wasser auflösen, bevor sie ihn essen können. Dafür brauchen sie mehr Energie als bei flüssigerem Honig. Melezitosehonig hat laut Charrière zudem einen hohen Mineralgehalt. Das sei für den Darmtrakt der Bienen eine hohe Belastung und führe zu Durchfall. Die Lebensdauer von Bienen, deren Waben viel Melezitosehonig enthalten, sei daher geringer.
Aus diesen Gründen eignet sich Melezitosehonig nicht als Futtervorrat für den Winter. Ist er die einzige Nahrungsquelle für die Bienen, überleben sie nicht lange genug, um die für ein Volk kritische Jahreszeit zu überstehen.
Grund für vermehrtes Auftreten unklar
Wieso es dieses Jahr so viel Melezitosehonig gibt, wissen selbst die Experten nicht. Laut Charrière sei Melezitosehonig häufig ein sehr lokales Phänomen, das normalerweise vermehrt in trockenen Jahren auftrete. Dieses Jahr sei jedoch im Vergleich zu anderen Jahren sehr nass, weshalb diese Erklärung nicht greife. «Die Entwicklung der Läusepopulation könnte eine Rolle spielen», sagt Charrière.
Einen Zusammenhang mit der Läusepopulation vermutet auch Erwin Reutimann vom Kantonalverband der Zürcher Imkervereine. «Dieses Jahr hat es viele Läuse», sagt er. «Und die Bienen wissen, dass es bei den Läusen mit wenig Aufwand viel Ertrag gibt.» Bienen wählen nämlich selbst aus, welche Nahrungsquelle sie für ihren Honig anfliegen.
«Als Imker kann man gegen den Melezitosehonig wenig machen», sagt Reutimann. Wäre das Problem schon im Frühling sichtbar gewesen, hätte man die betroffenen Waben austauschen können. Die meisten Imker hätten jetzt aber keine vollen Futterwaben mehr vorrätig. Futterwaben sind mit einem zuckerhaltigen Teig oder Zuckerwasser gefüllte Waben, die den Bienen als alternative Nahrungsquelle dienen.
Essen kann man den Melezitosehonig ohne Probleme. Er ist bei Feinschmeckern sogar äusserst beliebt. Für die Imker bedeutet der harte Honig weniger Ertrag und vor allem einen Mehraufwand. Normalerweise werden die Waben geschleudert, um den Honig zu gewinnen. Das ist beim harten Melezitosehonig nicht möglich.