Das Nationalteam steigt nach dem 1:1 gegen Serbien in der Nations League ab – Trainer Murat Yakin ist im Hinblick auf die WM-Qualifikation gefordert.
Der Sieg war nahe gegen Serbien. Aber am Ende schafften es die Schweizer Fussballer auch im fünften Anlauf dieser Nations-League-Kampagne nicht, ein Spiel zu gewinnen. Der erstmalige Abstieg aus der Liga A ist damit besiegelt.
Im Letzigrund zeigten die Schweizer eine beherzte Leistung. Sie führten bis zur 88. Minute mit 1:0, und mehr als einmal kamen sie einem zweiten Treffer nahe. Doch am Ende galt, was zuletzt immer gegolten hatte: Den Schweizern fehlte etwas zum Sieg. Diesmal stürmten sie zu ungestüm nach vorne, mit aller Kraft suchten sie das zweite Tor, das ihre Chancen im Abstiegskampf erhöht hätte. Serbien bestrafte das mit einem schnellen Konter nach einem Eckball.
Die Schweizer Fussballer sind jetzt also Absteiger, zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des Schweizerischen Fussballverbands, Gründungsjahr: 1895. Der historische Verweis ist natürlich bösartig, weil es die Nations League erst seit 2018 gibt – und sich darum auch erst seit da überhaupt die Möglichkeit bietet, abzusteigen.
Es ist auch nicht so, dass die Nations-League-Spieldaten im Kalender zuallererst rot unterstrichen werden. Das gilt für Fans und Spieler – und anscheinend auch für Murat Yakin. Der sagte nach dem Spiel gegen Serbien zwar, dass er enttäuscht sei; in der Woche vor dem Spiel hatte er aber noch gemeint, dass eine Relegation «nicht so tragisch» wäre.
Von den letzten 14 Pflichtspielen hat die Schweiz zwei gewonnen
Tragisch ist der Abstieg bestimmt nicht, das Wort gehört in andere Zusammenhänge. Aber seine Bedeutung hat es schon, dass die Schweizer jetzt nicht mehr in der obersten Liga der Nations League mitmischen dürfen. Der Abstieg ist ein Warnsignal, und die Schweizer Fussballer und Nationaltrainer Yakin tun gut daran, ihn auch so zu verstehen.
Fünf Pflichtspiele wartet die Schweiz jetzt schon auf einen Sieg, von den letzten 14 hat sie nur gerade zwei gewonnen – es waren die Spiele gegen Ungarn und Italien an der EM. Davon lebt das Schweizer Team bis heute, die EM hat ihm viel Kredit verschafft, und den hat es sich auch verdient.
Doch mit jeder neuen Niederlage und mit jedem weiteren Gegentor verblasst die Erinnerung an den Sommer. Und immer grösser wird die Frage, wofür die EM steht und der Viertelfinal, den die Schweizer dort erreichten. War das Turnier in Deutschland etwa schlicht das letzte Hurra eines Teams auf dem Zenit seines Schaffens?
In Deutschland waren die Schweizer ganz bei sich, auf dem Platz und daneben; in ihren besten Momenten hatten sie etwas von einem Orchester, in dem keiner seinen Einsatz verpasst. Im Herbst haben sie diese Qualität eingebüsst, namentlich die defensive Stabilität ging ihnen oft ab. Sie liessen sich von schnellen Kontern übertölpeln, verteidigten zu wenig ge- und entschlossen, liessen Cleverness vermissen. Selbst Führungsspieler wie Granit Xhaka oder Manuel Akanji waren da keine Ausnahme.
Wenn sie hinterher Ursachenforschung betrieben, sprachen die Schweizer, und das ist nur ein Auszug: Über die Dänen, die beim 0:2 in Kopenhagen einfach weiterspielten, obwohl Breel Embolo am Boden lag. Über den Rasen im Dubocica-Stadion von Leskovac, dessen Qualität ihnen beim 0:2 in Serbien nicht passte. Gerne auch: Über die Schiedsrichter, von denen sie sich öfter ungerecht behandelt fühlten, gegen Dänemark, gegen Spanien, dann wieder gegen Dänemark.
Immer Pech ist Unvermögen
Natürlich fehlte den Schweizern das Spielglück, und das nicht nur gegen Serbien. Natürlich gab es folgenschwere Fehlentscheide der Unparteiischen, und natürlich hätten sie folglich den einen oder anderen Punkt mehr gewinnen können. Doch wie formulierte es einst Hermann Gerland, das deutsche Trainer-Urgestein: «Immer Glück ist Können». Und, etwas weniger bekannt, Teil zwei: «Immer Pech ist Unvermögen.» Kurzum: Das Schweizer Team täte gut daran, die Gründe für die schlechten Resultate wieder vermehrt bei sich selbst zu suchen.
Anfangen muss das beim Trainer, bei ihm liegt nun sowieso der Ball. Murat Yakin hat im Sommer gezeigt, dass er ein hervorragender Turniertrainer sein kann. Seither ist er daran, den Umbau des Nationalteams voranzutreiben, und die Zwischenbilanz sieht nicht gut aus.
In der Rolle als Baumeister muss er sich noch finden, er war immer mehr ein Mann des Moments, der Intuition. In der Nations League haben seine Eingebungen selten gefruchtet, seine Kaderzusammenstellung hatte zuweilen etwas Willkürliches. Die vielen Absenzen haben die Aufgabe nicht leichter gemacht; die dürre Auswahl an vielversprechenden Nachwuchskräften auch nicht.
Die A-Nationalmannschaft steigt aus der Nations League ab. Zuvor verpassen die U19- und U21-Nachwuchsteams die EM-Qualifikation. Es ist kein guter Herbst für den Schweizer Fussball. Jetzt kommt der Winter. Und dann der Frühling, der die Qualifikation für die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko bringt. Dort brauchen die Schweizer wieder, was sie zuletzt viel zu oft verpassten: Siege.