Donnerstag, Februar 6

Der Dienstleister für Makler und Wohnungssuchende wächst mit hoher Kapitalrendite. Für den Chefwechsel zum 1. März gibt es einen bisher ungenannten Grund. Zwei Hauptrisiken für die Rentabilität müssen Anleger mittelfristig beachten.

Die Suche nach langfristigen Wertsteigerern ist der heilige Gral, nach dem Anleger streben. Solche Compounder, wie Warren Buffett sie nennt, versprechen dauerhaft profitables Vermögenswachstum. Weil sie eine starke Marktstellung und ein rentables Geschäftsmodell besitzen, das resistent ist gegen Konjunkturabschwünge.

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Scout24 erfüllt die Kriterien für solche Compounder, die The Market erst kürzlich wieder vorgestellt hat. Die Immobilienplattform bietet Software und Kundenzugang für Makler, sie sind die wichtigste Kundengruppe noch vor den Interessenten für Eigenheime und Mietwohnungen. Das Abo-Modell sorgt für wiederkehrende Einnahmen. Je mehr Kunden die Plattform nutzen, desto profitabler wird das Geschäft.

Der Umsatz dürfte weiterhin um mehr als 9% pro Jahr wachsen bis 2027, schätzen bei Bloomberg erfasste Analysten. Der Gewinn soll sogar um mehr als 14% per annum steigen. Die Ebitda-Marge lag in den ersten neun Monaten 2024 bei 61,3%, ein sehr hoher Wert, der die Profitabilität des Plattform-Geschäfts zeigt.

Obwohl das Unternehmen weiterhin in Werbung zur Markenpflege, in Software und Daten für Makler und auch in kleinere Übernahmen investiert, liegt die Rendite auf das investierte Kapital inzwischen über den Kapitalkosten. Scout 24 nutzt den Cashflow für die profitable Erweiterung des Geschäfts. Somit ist nun auch die wichtigste Voraussetzung erfüllt, um dauerhaft Wert für die Aktionäre zu schaffen.

Die Aktien sind wegen der inzwischen von vielen Investoren anerkannten Qualitäten nicht mehr billig, aber durchaus noch attraktiv bewertet, zum Beispiel gemessen an der Free-Cashflow-Rendite (siehe Grafik unten). Die wichtigste Frage für Anleger ist, ob Scout24 auch in den kommenden Jahren profitabel wachsen und die Kapitalrendite auf hohem Niveau halten oder sogar steigern kann.

The Market hat recherchiert, was die Gründe für den zum 1. März anstehenden Abgang von CEO Tobias Hartmann sind, der Scout24 seit 2018 geführt hat, und wie Kenner des Unternehmens seinen Nachfolger Ralf Weitz einschätzen. Zunächst aber blicken wir auf die zwei grössten Herausforderungen für das Unternehmen, die der hohen Kapitalrendite gefährlich werden könnten.

Mit der Gründung 1998 durch den Unternehmer Joachim Schoss und der Finanzhilfe durch Milliardär Otto Beisheim begann die stetige Steigerung des Unternehmenswerts von Scout24:

  • 0,2 Mrd. €: Für diesen Preis kauft die Deutsche-Telekom-Tochter T-Online im Jahr 2004 das Unternehmen.
  • 2 Mrd. €: Zu dieser Bewertung verkauft die Deutsche Telekom 70% von Scout24 im Jahr 2013 an die Private-Equity-Gesellschaft Hellman & Friedman. Zuvor hatte die Telekom separat bereits die Stellenbörse JobScout24 für eine nicht genannte Summe veräussert.
  • 4,2 Mrd. €: Beim Börsengang am 18. September 2015 erreicht Scout24 einen Börsenwert von 3,23 Mrd. € und hat 950 Mio. € Schulden.
  • 7,2 Mrd. €: Heute ist Scout24 an der Börse 7,1 Mrd. € wert und fast schuldenfrei (Nettoschulden 2024, geschätzt: 104 Mio. €). 2019 hatte das Unternehmen die Tochter AutoScout24 für 2,9 Mrd. € an Hellman & Friedman verkauft.

Seit dem Verkauf des Autoanzeigen-Geschäfts ist Scout24 auf die Immobilienbranche in Deutschland spezialisiert. Deshalb ist das Unternehmen nicht von den Drohungen des US-Präsidenten Donald Trump mit Zöllen gegen EU-Importe betroffen.

Die Covid-Pandemie ab 2020 und der Verkauf des Auto-Annoncen-Geschäfts (abgeschlossen 2020) sind in den Geschäftszahlen sichtbar. Trotz der gesamtwirtschaftlichen Stagnation und des Rückgangs der Immobilienpreise ist das Unternehmen seitdem weiter gewachsen. Für 2025 erwarten die bei Bloomberg erfassten Analysten 623 Mio. € Umsatz und 232 Mio. € bereinigten Jahresüberschuss, nach 565 Mio. € Umsatz und 198 Mio. € Jahresüberschuss für 2024.

«Das Geschäft mit Software und Dienstleistungen für die Makler macht den grössten Teil des Umsatzes aus und ist stabil», sagt eine ehemalige Führungskraft von Scout24. Es handelt sich also um ein Abomodell, das bei den professionellen Kunden tief verankert ist. Viele Makler haben die Unternehmenssoftware Flowfact und Propstack von Scout24 installiert. Die ist mit dem Immobilienportal Immobilienscout24 eng verzahnt und erleichtert das Schalten von Anzeigen dort.

Nur wenn das Portal bei den Miet- und Kaufinteressenten in Deutschland nicht mehr führend wäre oder wenn Scout24 mit den Gebühren stark überziehen sollte, wären die Makler irgendwann vielleicht zum Wechsel bereit, sagt der Unternehmenskenner. Hauptkonkurrent Immonet ist deutlich kleiner als Immobilienscout24, wo für die meisten Bundesbürger ihre Wohnungssuche beginnt. Allerdings habe das Reiseunternehmen Booking in der Hotelvermittlung gezeigt, dass die Marktführerschaft auch in einem solchen Modell verteidigt werden muss: Nicht zuletzt dank einer eigenen Unternehmenssoftware für Hotels nahm Booking dem einstigen Platzhirsch HRS die Pole-Position ab.

Der Markteintritt durch den Aufbau eines neuen Portals gilt als unwirtschaftlich. Konkurrenten könnten jedoch nach der Nummer zwei bei den Immobilienportalen in Deutschland greifen: Immonet und Immowelt. Die ehemalige Axel-Springer-Tochter ist seit der Abspaltung von dem Medienkonzern zu rund 90% in Besitz des Finanzinvestors KKR und der kanadischen Pensionskasse CPP.

Ein möglicher Käufer für Immonet wäre der 1986 gegründete US-Konzern CoStar (Homes.com). Mit einem Börsenwert von umgerechnet fast 31 Mrd. € sind die Amerikaner mehr als vier Mal so gross wie Scout24. 2023 hat CoStar das britische Immobilienportal OnTheMarket gekauft. Seitdem setzt CoStar-Gründer Andy Florance den britischen Marktführer Rightmove unter Druck.

International auf Expansionskurs ist auch der australische Portalbetreiber REA. 2024 bot er rund 6 Mrd. £ für Rightmove, scheiterte jedoch mit der Offerte.

«Wir sehen OnTheMarket als wichtigen Schritt bei der Expansion unseres Homes.com-Wohnimmobilien-Netzwerks nicht nur in Grossbritannien, sondern auch im übrigen Europa», sagte CoStar-Gründer Florance im Oktober 2023. Der Markteintritt von CoStar oder REA in Deutschland durch die Übernahme von Immonet würde Scout24 zu einem teuren Abwehrkampf zwingen.

Allerdings gilt zumindest CoStar für die kommenden Jahre als gut ausgelastet mit der eigenen «British Invasion» und mit Investitionen in den US-Heimatmarkt. «Wir sind weniger besorgt über CoStars möglichen Markteintritt in Deutschland und erwarten einen stärkeren Fokus auf Grossbritannien, was Scout24 weniger verwundbar macht, als wir zuvor erwartet hatten», schrieb JPMorgan-Analyst Marcus Diebel im August 2024 und stufte Scout24 von «Neutral» auf «Overweight» hoch.

Jüngste Aussagen und Finanzberichte von CoStar stützen diese Sicht. Es werde Jahre dauern, bis deutliche Marktanteilsgewinne auf der Insel sichtbar würden, deutete CoStar-Investor-Relations-Manager Rich Simonelli bei der Investorenkonferenz JPM European Internet Days Mitte Januar an. Ausserdem verfehlte CoStar im Oktober die Analystenerwartung zum dritten Quartal und investiert stark in das US-Vertriebsteam. CoStar sei tatsächlich vorerst zu beschäftigt, um in Deutschland einzusteigen, sagen Fondsmanager, die zu zwei der zwanzig grössten Scout24-Aktionäre zählen.

Nicht nur der Angriff eines grossen Rivalen in Deutschland würde die Kapitalrendite von Scout24 bedrohen. Ebenso belastend wäre es, wenn der Trend zur Internationalisierung das deutsche Unternehmen zu einer teuren Expansion ins Ausland verleiten würde.

«Die Internationalisierung der Branche kommt, das wird der Goldstandard», sagt ein noch im Unternehmen aktiver Entscheider. Rightmove-Bieter REA aus Australien ist auch in Indien, den USA und in Südostasien aktiv. Die durch einen Spin-off vom norwegischen Medienkonzern Schibsted entstandene Adevinta betreibt Immobilienportale in Frankreich (Leboncoin, A Vendre A Louer) und Spanien (Fotocasa). Die Beteiligungsgesellschaft KKR ist durch Portfoliounternehmen in Deutschland (Immonet, Immowelt) und in Frankreich (SeLoger) im Geschäft.

Um auch international dabei zu sein, müsste Scout24 eine Übernahme wagen. «Auf der grünen Wiese etwas aufzubauen, braucht viel zu viel Kapital», sagt der Entscheider. Immer mal wieder machten internationale Übernahmegelegenheiten die Runde wie Leboncoin oder SeLoger, erzählt er. Derzeit führe Scout24 aber keine Gespräche über derartige Unternehmenskäufe.

Derzeit sei eine Expansion in andere Länder nicht geplant, teilte eine Scout24-Pressesprecherin mit: «Sollten sich attraktive Möglichkeiten ergeben, schliessen wir aber nicht aus, langfristig in andere europäische Länder zu expandieren. »

Falls ein grosser Deal käme, dürfte er viele Aktionäre verschrecken. «Eine Übernahme im Ausland würde ich nicht begrüssen und der Markt insgesamt sicher auch nicht», sagt der Fondsmanager eines Top-20-Investors. Die jüngsten, kleinen Übernahmen der Datenlieferanten Sprengnetter und BulwienGesa zur Aufwertung der Makler-Angebote sehen Grossanlegern dagegen positiv.

Anfang Dezember hatte Scout24 für leichte Nervosität bei Analysten gesorgt, als es den Abgang des hochgeschätzten CEO Tobias Hartmann per Ende Februar 2025 vermeldete. JPMorgan-Analyst Diebel sprach von einer «etwas überraschenden Ankündigung». Scout24 hatte persönliche Gründe als Ursache genannt.

Tatsächlich entschloss sich Hartmann nach Informationen von The Market zum Verlassen des Unternehmens, um wieder näher bei der Familie zu sein. Der Vater schulpflichtiger Kinder war lange in den USA tätig, unter anderem für den Kochboxenversender HelloFresh. Frau und Kinder fühlen sich in Nordamerika heimisch und leben seit einiger Zeit wieder dort. Ein Alarmzeichen für Probleme bei Scout24 ist der Abgang daher nicht.

Hartmanns Nachfolger kommt aus dem eigenen Haus: Ralf Weitz ist seit 2008 bei Scout24 tätig und seit 2018 Chief Product & Technology Officer. Das Branchenwissen von Weitz sei deutlich tiefer als das von Hartmann, der nicht aus der Immobilienbranche stammt, sagt ein Unternehmenskenner. «Die Ernennung von Weitz ist eine starke Lösung», urteilt JPMorgan-Analyst Diebel.

Die starke Marktstellung und das absehbar weiterhin kompetente Management lassen erwarten, dass Scout24 auch in den kommenden Jahren viel Wert für die Aktionäre schaffen kann. Die Bewertung mit dem 29-fachen des für 2025 erwarteten Gewinns ist angemessen angesichts der hohen Kapitalrendite und des zweistelligen Gewinnwachstums.

Anleger sollten beobachten, ob ein Wettbewerber wie CoStar in den deutschen Markt einsteigt. Druck auf den Aktienkurs würde auch entstehen, falls Scout24 selbst mit einer grossen Übernahme international expandiert. In den zurückliegenden Jahren hat das Management, dem der künftige CEO Weitz bereits angehörte, aber Umsicht walten lassen und sich auf kleine Käufe in Deutschland beschränkt. Es gibt keine konkreten Anzeichen dafür, dass sich dies in nächster Zeit ändert.

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