Mittwoch, November 20

Show- und Schauprozess im Bundeshaus +++ Relative Immunität, absolute Unklarheit +++ Miet-Bundesrat Parmelin +++ Durchsagen aus der Bundesgasse

Justizpos(s)e im Bundeshaus

fab. Was für ein Spektakel! Am Montag mussten gleich fünf amtierende und frühere Parlamentarier vor der Immunitätskommission des Nationalrats antraben. Sie alle sind im Fadenkreuz der Justiz. Dass die fünf dasselbe Parteibuch haben, jenes der SVP, macht die Sache nur noch prickelnder. Bei Thomas Aeschi und Michael Graber ging es um die kurze Rauferei während des Besuchs des ukrainischen Parlamentspräsidenten, bei Marco Chiesa und Peter Keller um eine möglicherweise auch aus juristischer Sicht diskriminierende Kampagne und bei Andreas Glarner um einen ebensolchen Tweet. So weit also alles normal.

Dennoch gibt die Häufung zu denken. Die SVP würde sagen: «Justiz-Chaos im Bundeshaus!» Es ist ein schmaler Grat zwischen Schauprozess und Selbstinszenierung. Auch aus arbeitsökonomischer Sicht drängen sich radikale Schritte auf. Es gäbe eine simple Lösung, aber sie wird den vielen Corona-Kritikern in der SVP nicht gefallen. Nötig wäre eine exklusive Impfkampagne für die SVP: «Impfe gäge s Schimpfe». So könnte die Partei endlich Herdenimmunität erreichen.

Was Aeschi und Molina vereint

Um nicht ebenfalls mit der Antirassismusstrafnorm in Konflikt zu geraten, sei hier ausdrücklich festgehalten: Nein, die SVP ist nicht die einzige Partei, deren Exponenten vereinzelt Post von Strafverfolgern erhalten. Einschlägige Erfahrungen machten unlängst zum Beispiel der SP-Nationalrat Fabian Molina (Teilnahme an einer unbewilligten Demo) und die Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber von den Grünen (Verdacht auf üble Nachrede gegen IV-Gutachter). Ob dies die Gesellschaft ist, die sich die SVP wünscht, sei dahingestellt.

Interessant sind die beiden Fälle, weil sie unterschiedlich ausgingen: Bei Prelicz-Huber urteilten die zuständigen Kommissionen, dass ihre Taten durch die parlamentarische Immunität geschützt seien – bei Molina nicht. Dass diese Entscheide oft knapp ausfallen, zeigt, wie gross in solchen Fällen der Ermessensspielraum und/oder die parteipolitische Solidarität ist. Fachleute sprechen von der «relativen Immunität». Wo sie genau endet, ist unklar. Klar ist aber: Es ist immer relativ peinlich.

Untermieter Parmelin

Guy Parmelin nimmt es gemütlich. Er, der in seinen neun Jahren als Bundesrat erst wenige Abstimmungskämpfe zu bestreiten hatte, hätte zurzeit einen – doch den überlässt er lieber anderen. Als Hauswart der Nation ist er zuständig für die Mietrechtsvorlagen vom 24. November. Doch Parmelin ziert sich. Jüngst glänzte er auch in der SRF-«Arena» durch Abwesenheit. Während seine Kollegen Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider für ihre Vorlagen eifrig auf Tour sind, bleibt Parmelin daheim.

Was hat das zu bedeuten? Seit Jahren kursieren in Bern Gerüchte um seinen Rücktritt. Auch in der Partei sind nicht mehr alle glücklich mit ihm. Womöglich wird die SVP bald Anspruch auf seinen Sitz erheben. Als Bundesrat ist man ja immer nur eine Art Zwischennutzer. So gesehen, könnte die SVP Parmelin als Untermieter rauswerfen oder Eigenbedarf anmelden. Vielleicht erklärt das seine geringe Freude an den Mietvorlagen.

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