Sonntag, Oktober 6

Zürcher Romantik und ein Schuss Weltläufigkeit treffen neuerdings in Adetswil aufeinander. Im Restaurant «Hirschfarm» wird der Gast auf eine höchst individuelle Art bewirtet und keineswegs bloss mit Wildbret gesättigt.

Ja, man kann sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg machen nach Adetswil. Neben Bus und Bahn sollte man dann allerdings auch einen 20-minütigen Fussmarsch einkalkulieren, steht anschliessend vor einem Gebäudekomplex, der maximal unauffällig wirkt und einen ungewöhnlichen Namen trägt.

Gabriele und Marcel Schellenberg wirten hier seit wenigen Monaten, haben frühere Stationen in Zürich oder Winterthur mit der ländlichen Idylle getauscht. Hört man der Serviceleiterin Gabriele Schellenberg zu, während sie Karten, Getränke und Speisen bringt, versteht man gut, was den beiden gefallen hat. Ein alter Hof, eine zum gemütlichen Restaurant umgebaute ehemalige Scheune. Extrem viel Platz ist hier nicht, aber gerade das führt zu Gemütlichkeit und individueller Betreuung.

Hirsch ist gesetzt, aber die Speisekarte ist umfangreicher

Es wäre unverständlich, gäbe es in einem Restaurant mit Hirschzucht nicht auch genau dieses Fleisch. Doch die Speisekarte hat noch einiges mehr zu bieten. Rindsfiletmedaillon mit Laugenbrottalern etwa, zu 52 Franken, den Alpenzander zu 46 Franken; an Vegetarier wird eh gedacht.

Der Küchenchef Marcel Schellenberg hat bei namhaften Hoteladressen wie dem «Dolder» gearbeitet und versteht es, abzuschmecken. Ein Couscoussalat als Amuse-Bouche ist bereits ein netter Einstieg, zum Brot wird auch Kresse zum Selberschneiden serviert; eine augenzwinkernd dargebotene Überraschung, wie wir sie beispielsweise aus dem «Ecco» in Ascona kennen.

Wein aus Spanien und von anderswo

Es wäre vermessen, von einem ländlichen Restaurant wie diesem eine riesige Weinkarte zu verlangen, aber es ist alles da, was man braucht – und das zu Preisen, wie sie Zürich downtown längst aus der Mode gekommen sind. Den Bobal, einen traditionellen Rotwein aus Valencia, haben wir nicht nur geschätzt, weil er zum Preis von lediglich 7 Franken 50 pro Deziliter ausgeschenkt wurde, sondern auch, weil er sich durch Saftigkeit auszeichnete und gleichzeitig Substanz bewies.

Wenn wir uns etwas wünschen könnten, dann wären das noch etwas feinere Weingläser – sie müssen gar nicht allzu voluminös sein – und die eine oder andere Flasche im gehobenen Segment. Wer derzeit viel Geld für Getränke ausgeben will, hat dazu fast keine Möglichkeiten.

Auf die Details kommt es an, und die stimmen

Doch dies sind halt Anmerkungen, wie sie Gastrokritiker nun einmal machen, ohne den Blick aufs grosse Ganze zu verlieren. Selbiges ist nämlich prima, und an den Details erkennt man Erfahrung und Ambitionen. So wurde zur Ananas-Chili-Suppe (Fr. 14.50) ein ausgezeichnet passendes, erfrischend säuerliches Grünapfelchutney serviert.

Und dann natürlich Hirsch. Gibt es als sautierte Spitzen, als Damhirsch-Bolognese oder, wie in unserem Falle, als Schnitzel mit Quarkspätzli und Rotkraut, mit 54 Franken berechnet. Zart und saftig, mit feiner Sauce serviert. Was will man mehr? Die hausgemachte Glace liessen wir anschliessend aus, kamen aber nicht um handwerklich tadellose Vermicelles samt Meringues herum. Zum Espresso noch ein Stückli Kuchen, der stärkte für den Rückweg zur nächsten Bushaltestelle. Vielleicht sollte man beim nächsten Mal doch das Auto nehmen?

Auf einen Blick

Adresse

Restaurant Hirschfarm, Hittnauerstrasse 24, 8345 Adetswil

Preise

Das viergängige Menu kostet 98 Franken, Hauptgerichte sind ab 35 Franken zu haben.

Bewertung durch den Gastrokritiker*

Küche: 7/10, Gastkultur: 7.5/10

* Anmerkung: Die Bewertungen orientieren sich an der denkbaren Höchstnote von 10 Punkten. Die Note für die Küche betrifft ausschliesslich die Qualität der Speisen, jene für Gastkultur umfasst sämtliche übrigen Aspekte eines Restaurantbesuchs.

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