Mittwoch, Oktober 30

Der Zürcher Stadtrat will für 373 Millionen Franken ein Sportzentrum für alle bauen – der Tennisklub hat dennoch das Nachsehen.

Eine «grosse Nummer», ein neuer sportlicher Schwerpunkt für Zürich Nord, eine «Sportanlage für alle» – die beiden Zürcher Stadträte André Odermatt (SP) und Filippo Leutenegger (FDP) geizten nicht mit Lob, als sie am Mittwoch das finale Projekt für den Ersatzbau für die heutigen Sportstätten in Oerlikon präsentierten.

Kein Wunder, schliesslich will die Stadtregierung dem Gemeinderat demnächst einen Kredit von 373 Millionen Franken beantragen, um das Projekt zu verwirklichen. Im Betrag enthalten sind Reserven in der Höhe von rund 63 Millionen Franken. Voraussichtlich im Herbst 2025 kommt das Geschäft an die Urne.

Im Vergleich zur ersten groben Kostenschätzung aus dem Jahr 2021, die ein Preisschild von 210 Millionen Franken in Aussicht gestellt hatte, ist das ein zünftiger Aufschlag. Als Gründe dafür nannte der Stadtrat schon im vergangenen Jahr Faktoren wie die Teuerung oder Altlasten, die erst im Rahmen der Detailabklärungen entdeckt worden seien. Aus dem Stadtparlament hagelte es daraufhin Kritik, die SVP forderte gar einen Projektstopp.

Ohne Tauchsilo und Aussensprudelbad

Seither sind die Projektplaner über die Bücher gegangen, haben etwa ein Aussensprudelbad oder das geplante Tauchsilo gestrichen, das Fussballfeld auf dem Dach des Sportzentrums wird kleiner ausfallen. Insgesamt können mit den Abstrichen rund 34 Millionen Franken eingespart werden.

Dass die projektierten Kosten dennoch gleich hoch sind wie letztes Jahr angekündigt, sei der seitherigen Projektentwicklung geschuldet. Leutenegger sprach am Mittwoch von einer «Punktlandung auf hohem Niveau».

Für den stolzen Betrag erhalte die Bevölkerung im Norden der Stadt «mehr als nur ein Hallenbad», sagte Leutenegger. Nämlich eine Badelandschaft mit Frei- und Hallenbad, inklusive eines wettkampftauglichen 50-Meter-Beckens, eine Kunsteishalle mit zwei übereinanderliegenden Eisfeldern, eine Rasensportanlage und öffentliche Grünflächen.

Zudem sind ein Werkhof und verschiedene Grünflächen vorgesehen. Letztere sollen unter anderem ein Skatepark und ein Beachvolleyballfeld beinhalten.

Die Rasensportler – gemeint sind damit vor allem Fussballerinnen und Fussballer – welchen heute sechs Spielfelder zur Verfügung stehen, erhalten eines mehr. Insgesamt sollen vier mit Kunstrasen ausgestattet sein. Damit würden zusätzliche Kapazitäten geschaffen.

Keinen Platz hat im neuen Sportzentrum allerdings der Tennisklub Oerlikon. Die bestehenden Tennisplätze werden dem Fussball geopfert, der Verein und seine gut 400 Mitglieder müssen zügeln.

Vereinspräsident Ralph Sträuli sagte gegenüber der NZZ, diesen Entscheid könne er nach wie vor nicht verstehen. Die Plätze in Oerlikon gehörten zwar der Stadt, die Infrastruktur habe der Klub aber selber finanziert.

Nachdem der Tennisklub sich zuerst mittels Petition gegen den Rauswurf zu wehren versucht habe, sei inzwischen eine «konstruktive Diskussion» entstanden, sagt Sträuli. Der Plan B, der momentan auf dem Tisch liege, sei in Ordnung. Der Klub werde künftig die städtische Tennisanlage Eichrain in Seebach nutzen können.

75 Prozent mehr Sportfläche

Odermatt betonte die Vorteile, die es mit sich bringe, wenn die Oerliker Sportanlagen unter einem Dach vereint würden. Bei gleichbleibender Grundfläche werde das neue Gebäude 60 Prozent mehr Wasserfläche bieten, die gesamte Sportfläche steige um 75 Prozent.

Möglich sei das, weil die Sportstätte, wo immer möglich, Synergien nutze, sagte Odermatt. So würden Nebenräume, Gebäudetechnik und Tiefgarage weniger Platz brauchen. Auch in Sachen Energie und Nachhaltigkeit sei das Vorhaben überaus effizient. Die produzierte Wärmeenergie bleibe im Gebäude.

Dies etwa dadurch, dass die von der Kunsteishalle produzierte Abwärme genutzt werde, um Luft und Wasser zu heizen. Photovoltaikanlagen produzieren zudem 26 Prozent des Strombedarfs.

Für die Bewässerung der Grünflächen werde «abgebadetes Wasser» verwendet, sagte Leutenegger. Dafür werden Chlor und Schadstoffe entfernt.

«Das richtige Sportzentrum, am richtigen Ort»

Bis 2036 soll das Grossprojekt umgesetzt sein und sowohl das bestehende Hallenbad aus dem Jahr 1978 als auch die 1984 erstellte Kunsteisbahn ersetzen. Die bestehenden Bauten hätten ihr «Ablaufdatum» erreicht, sagte der Hochbauvorsteher Odermatt. Das nun vorliegende Projekt bringe «das richtige Sportzentrum, am richtigen Ort».

Weil das neue Sportzentrum auf Fussballfeldern erstellt werde, können die alten Gebäude während der Arbeiten weiter genutzt werden. Ein Provisorium sei nicht nötig, sagte Odermatt. Ebenso könne so vermieden werden, dass es zu Engpässen komme, wie das bei der Sanierung des City-Hallenbads der Fall gewesen sei. Damals hätten die Schwimmer aus der Innenstadt in das ohnehin schon gut ausgelastete Hallenbad in Oerlikon ausweichen müssen. Ein «Puff» sei das gewesen, sagte Odermatt.

Das ganze Projekt sei darauf ausgelegt, dem Bevölkerungswachstum und dem damit gestiegenen Bedarf an Sportanlagen Rechnung zu tragen, sagte Leutenegger. In den Quartieren Affoltern, Seebach, Oerlikon und Schwamendingen herrsche eine grosse Bautätigkeit, bis 2040 rechne die Stadt mit einer Bevölkerungszunahme von durchschnittlich 30 Prozent.

Seit 2008 sei die Zahl der Eintritte zu den städtischen Sportanlagen deutlich angestiegen, führte Leutenegger aus. Hallenbäder verzeichneten 2023 14,5 Prozent mehr Eintritte, bei den Kunsteisflächen der Stadt betrug der Anstieg 41 Prozent. Auch die Rasensportfelder würden 65,5 Prozent stärker genutzt als vor 15 Jahren. Das auch wegen der wachsenden Popularität von Fussball bei der weiblichen Bevölkerung.

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