Mittwoch, Januar 8

Über die Festtage sind vier Personen bei Skiunfällen auf Schweizer Pisten gestorben – beinahe so viele wie sonst im Jahresdurchschnitt. Dennoch mahnt die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) zu einer differenzierten Betrachtung.

Die Sonne strahlte über den Bergen, und frischer Neuschnee bedeckte die Pisten. Über die Festtage herrschten in den Schweizer Skigebieten ideale Bedingungen, die zahlreiche Skifahrerinnen und Skifahrer anzogen. Die Gebiete konnten mit Schwung in die Wintersaison starten.

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Doch über die Feiertage ist es auch zu mehreren Unglücken gekommen. Innerhalb weniger Tage sind vier Personen bei Skiunfällen in der Schweiz ums Leben gekommen.

Am Freitag stürzte ein 55-jähriger Mann im Skigebiet Tschiertschen. Nach dem Unfall begab er sich in sein Feriendomizil, wo er am nächsten Tag verstarb, wie die Kantonspolizei Graubünden mitteilte.

Am Samstag ereignete sich ein schwerer Zusammenstoss im Skigebiet Parsenn Gotschna in Klosters. Zwei Skifahrer kollidierten auf der Abfahrt zur Schiferbahn. Ein 24-jähriger Mann prallte dabei gegen eine gepolsterte Hinweistafel und blieb bewusstlos liegen. Trotz schneller Hilfe des Pistenrettungsdienstes und der Rega erlag der Deutsche noch am Unfallort seinen Verletzungen. Der zweite Skifahrer zog sich nur leichte Verletzungen zu.

Auch im Kanton Freiburg kam es zu einem tödlichen Unfall. In Moléson-sur-Gruyères stürzte ein 59-jähriger Mann am 28. Dezember schwer und erlag seinen Verletzungen. Tags darauf verunfallte eine 17-jährige Skifahrerin im Berner Oberland. Auf einer markierten Talabfahrt in Richtung Lenk kollidierte sie mit dem Windseil eines Pistenfahrzeugs und stürzte schwer. Helfer begannen sofort mit der Reanimation, bevor die Rega sie ins Spital flog. Am Freitag erlag die junge Frau ihren Verletzungen, wie die Kantonspolizei Bern mitteilte.

Hohe Besucherzahlen wirken sich auf Unfälle aus

Vier tödliche Unfälle innerhalb weniger Tage haben erneut die Diskussion über die Sicherheit auf Schweizer Skipisten entfacht. Ist das Skifahren in der Schweiz mittlerweile zu riskant? Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) sieht das anders. Sie betont, dass zwischen der absoluten Zahl der Unfälle und dem tatsächlichen Unfallrisiko unterschieden werden muss.

Ein Anstieg der absoluten Unfallzahlen bedeute nicht automatisch, dass das Risiko gestiegen sei oder Skifahren gefährlicher geworden sei, schreibt Lucien Combaz, Leiter der Medienstelle bei der BfU, auf Anfrage. Vielmehr hänge die Zahl der Unfälle davon ab, wie viele Menschen auf den Pisten unterwegs seien. Über die Festtage waren besonders viele Skifahrer unterwegs. «Die Rekordbesucherzahlen der Skigebiete haben sich auch auf das Unfallgeschehen ausgewirkt», schreibt Combaz. Das erhöhe jedoch nicht das allgemeine Risiko.

Laut BfU kommen beim Ski- und Snowboardfahren jährlich 16 Personen ums Leben. Dabei passieren die meisten tödlichen Unfälle abseits der markierten Pisten. Durchschnittlich kommen elf Personen pro Jahr beim Variantenfahren ums Leben. Auf den präparierten Pisten verunglücken im Durchschnitt fünf Personen jährlich tödlich.

Zahl der Verletzten bleibt seit einem Jahrzehnt stabil

Sind mittlerweile schlichtweg zu viele Skifahrer auf den Pisten unterwegs? Laut der BfU stimmt die Annahme nicht. Mit steigender Anzahl von Skifahrern auf den Pisten sinke das individuelle Unfallrisiko sogar. Hobbyfahrer fahren zwar schneller. «Bei höherer Dichte scheinen die meisten ihr Tempo jedoch anzupassen», schreibt Lucien Combaz von der BfU.

Trotzdem verletzen sich jährlich über 60 000 Personen auf Schweizer Pisten. Diese Zahl sei seit einem Jahrzehnt stabil. Während die BfU 2012 noch über 71 000 Verletzte registrierte, lag die Zahl 2021 bei über 66 000. Für den aktuellen Winter liegen noch keine gesicherten Zahlen vor.

Positiv auf das Unfallgeschehen wirke sich das inzwischen fast flächendeckende Tragen von Helmen aus – über 90 Prozent der Skifahrer und Snowboarder schützen sich laut BfU damit.

Auch die Rega musste vermehrt ausrücken

Die meisten Unfälle ereignen sich laut BfU am Morgen zwischen 10 Uhr 30 und 12 Uhr 30. Zu diesen Zeiten seien die Pisten jeweils am vollsten. Besonders ältere Wintersportler sind laut einer neuer Statistik der Unfallversicherung Suva häufig in Unfälle verwickelt. Bei jedem zweiten Unfall sei ein Skifahrer über 40 Jahre beteiligt.

Bei mehr als 90 Prozent der Unfälle handelt es sich laut BfU um Selbstunfälle, häufig verursacht durch Selbstüberschätzung. «Wer das Tempo den Verhältnissen und dem eigenen Können anpasst, reduziert das Risiko für Stürze und gefährliche Kollisionen», schreibt Combaz. Kollisionen kämen zwar nicht oft vor, hätten jedoch oft schwerwiegende Folgen – wie der tödliche Zusammenstoss am Samstag in Parsenn Gotschna zeigt.

Auch die Rega verzeichnete über die Festtage eine erhöhte Einsatzzahl. Zwischen dem 24. und 26. Dezember musste sie laut Mitteilung zu 150 Einsätzen ausrücken, die Hälfte davon für verletzte Wintersportler. Vom 31. Dezember bis 4. Januar waren es 240 Einsätze – ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

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