Zürich will die Ukraine beim Wiederaufbau unterstützen.
Durch russische Bomben, Drohnen und Explosionen zerbersten in der Ukraine unzählige Fenster. So beschreibt es auch der Schriftsteller Sergei Gerasimow in seinem Kriegstagebuch in der NZZ. In einer Vorstadt von Charkiw etwa gebe es kaum Scheiben, die heil geblieben seien. Die Frage «Sind Ihre Fenster kaputt?», stellten einem in der Ukraine viele Menschen. Das Thema beschäftige alle.
Fenster werden in der Ukraine dringend benötigt, um beschädigte Häuser wieder bewohnbar zu machen.
Nun wolle Zürich humanitäre Hilfe leisten und Fenster, die in der Stadt ausgedient hätten, in die Ukraine liefern. Dies schreibt der Stadtrat in einer Mitteilung. Es handelt sich um die alten Holzfenster der Siedlung Heiligfeld l im Quartier Sihlfeld. Deren Instandsetzung hat gerade begonnen. Die alten Holzfenster würden entfernt, seien aber weiterhin nutzbar. Dies allerdings nicht in der Schweiz. Der Grund dafür seien neue Vorschriften, heisst es.
Die Stadt übernimmt die anfallenden Kosten für die Demontage und den Transport. Dafür hat der Stadtrat eine Schenkung von 100 000 Franken bewilligt. Die Stadt überlässt die alten Fenster dem Verein «re-win». Dieser wurde von Architekten gegründet und will gut erhaltene Bauteile vor der Entsorgung retten. Er vermittelt sie in die Schweiz und ins Ausland – nun in die Ukraine.
Die städtische Siedlung Heiligfeld l ist denkmalgeschützt. Sie hat eine interessante Geschichte. Die Wohnhäuser wurden 1948 fertiggestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg mangelte es in Zürich an günstigem Wohnraum. Bauen war im Krieg teuer geworden, weil Arbeiter und Material fehlten. Die Stimmbevölkerung entschied, den kommunalen Wohnungsbau wiederaufzunehmen. Heiligfeld I war die erste von neun Siedlungen, die in den Nachkriegsjahren entstanden. Heiligfeld II und III folgten. Dazu gehören auch die ersten Wohnhochhäuser von Zürich. Diese wurden in den 1950er Jahren errichtet.
Zürich liefert nicht nur Fenster in die Ukraine. Sie pflegt auch sonst einen regen Austausch mit ukrainischen Städten. So etwa unterhält sie mit der westukrainischen Stadt Winniza seit Jahren so etwas wie eine Trampartnerschaft: Ausgemusterte, aber einsatzfähige Fahrzeuge der Verkehrsbetriebe Zürich erhalten in Winniza ein zweites Leben. Dort können sie noch etwa 12 bis 15 Jahre weiterverwendet werden. Dutzende von ehemaligen Zürcher «Trams 2000» wurden nach Winniza gebracht.
Zudem unterstützt Zürich Winniza mit einem Wasserprojekt, wie es in einem Newsletter der Stadt heisst. Die dortige Wasserversorgung stösst wegen des Kriegs an ihre Grenzen. Die Infrastruktur ist veraltet. Es gibt finanzielle Engpässe, häufige Stromausfälle unterbrechen den Betrieb. Gleichzeitig muss die Stromversorgung mehr leisten, weil die Bevölkerung durch Kriegsflüchtlinge gewachsen ist. Für die Aufbereitung des Wassers werden Chemikalien benötigt, die im Krieg rar und teuer sind. Schliesslich fehlt es an Personal; viele Männer kämpfen an der Front, Frauen sind geflüchtet.
Eine Delegation der Stadtzürcher Wasserversorgung besuchte Winniza Ende 2024. Mit den dortigen Verantwortlichen planen sie eine Zusammenarbeit. Diese wird im laufenden Jahr konkret. So möchte Zürich zum Wiederaufbau in der Ukraine beitragen.