Griechenland kämpft mit einer andauernden Hitzeperiode. Experten sind alarmiert, weil in Wasserreservoiren wie dem Mornos-Stausee die Pegel drastisch sinken. Besonders die Hauptstadt Athen ist auf den See angewiesen.
Ein Sommer mit wenig Regen und hohen Temperaturen sowie ein Winter mit kaum Schnee und dadurch weniger Tauwasser: In Griechenland herrscht eine der schlimmsten Dürren seit gut 30 Jahren. Das Land erlebte dieses Jahr besonders warme Wintermonate und in den zurückliegenden drei Sommermonaten die höchsten Temperaturen seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1960.
Die Lage ist so ernst, dass das Generalsekretariat für Katastrophenschutz für vierzehn Gemeinden aufgrund der anhaltenden Trockenheit im ganzen Land den Ausnahmezustand ausgerufen hat. Auf den Inseln Kreta, Sifnos, Leros und Kefalonia herrscht aufgrund der andauernden Trockenheit eine Wasserknappheit.
Auch auf dem Festland ist es so trocken wie lange nicht mehr. Die Olivenernte ist durch die Hitze und Trockenheit bedroht, im ganzen Land trocknen mehrere Seen aus. Auf Kreta sinkt der Pegel des Aposelemi-Staudamms, auf der Halbinsel Peloponnes ist der Stand des künstlichen Sees Pinios sehr niedrig. Und auch der Salzsee Pikrolimni im Norden Griechenlands hat kaum Wasser. Er ist eigentlich ein beliebter Badeort, dessen Schlammbäder einst Touristen und Touristinnen anlockten. Doch in den vergangenen Wochen war dort nur noch vertrocknete Erde zu sehen. «In den letzten beiden Jahren hat es so wenig geregnet, dass der See völlig ausgetrocknet ist. Früher hatte er eine Menge Wasser, die Leute kamen, um zu schwimmen», sagte ein Vorsitzender der Gemeinde laut griechischen Medien.
Dorf im Stausee kommt zum Vorschein
Die Dürre bedroht nun auch die Hauptstadt Athen. Ihrem wichtigsten Wasserreservoir, dem Mornos-Stausee, geht das Wasser aus. Der Stausee liegt rund 250 Kilometer westlich von Athen und versorgt die Metropole seit fast 50 Jahren mit Süsswasser. Doch die Trockenheit macht dem See zu schaffen. Er ist laut der staatlichen Wetterbehörde in den vergangenen zwei Jahren um gut einen Viertel geschrumpft. «Der Wasserstand sinkt Tag für Tag. Das ist seit 33 Jahren nicht mehr vorgekommen», sagte Dimitris Giannopoulos, der Bürgermeister der Gemeinde Dorida, der Nachrichtenagentur Reuters.
Am Mornos-Stausee zeigt sich die derzeit herrschende Dürre am deutlichsten: Aufgrund der anhaltenden Trockenheit sind die Ruinen des Dorfes Kallio, das einst in den Fluten des künstlichen Sees versank, wieder aufgetaucht. Kallio wurde im Januar 1980 von den aufgestauten Wassermassen des Flusses Mornos planmässig geflutet. Die Bewohner mussten das Dorf verlassen. Die Ortschaft hatte 80 Häuser, eine Kirche, eine Schule, einen Friedhof – alles verschwand damals in den Wassermassen.
Der Pegel des Sees stieg damals täglich um fast vier Meter an, bis der 126 Meter hohe Staudamm seine Arbeit erledigt und der künstliche See sich gebildet hatte. Seitdem wird das Wasser durch eines der grössten Aquädukte Europas nach Athen transportiert.
Nun geht das Wasser in die andere Richtung. Der Pegel des Sees ist laut Berichten in den vergangenen zwei Jahren um mehr als 35 Meter gesunken. Das Wasser steht nun so tief, dass die ehemaligen Bewohner von Kallio Jahrzehnte nach der Flutung wieder Teile ihres ehemaligen Dorfes sehen können. Es ist nicht das erste Mal, dass sie die Überreste bestaunen können. Bei einer extremen Wasserknappheit im Jahr 1993 konnten die Menschen sogar zwischen den Ruinen umherwandern.
Kommt bald der Regen?
Die anhaltende Dürre trifft das Land schwer. Und sie verschärft die Situation in dem jährlich von Waldbränden heimgesuchten Land. Mehr als 3500 Brände wurden laut dem Regierungssprecher Pavlos Marinakis von Mitte August bereits gezählt – deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum, in dem über 2300 Brände registriert wurden.
Weil die Pegel in den Wasserreservoiren landesweit sinken, schlagen Experten nun Alarm. Die Lage sei ernst, sagt Kimon Chatzibiros, Professor für Ökologie und Umweltpolitik an der Technischen Universität Athen. Würde der kommende Winter so regen- und vor allem auch schneearm wie der letzte, müssten in Athen im kommenden Jahr Wassersparmassnahmen ergriffen werden, wie er gegenüber Journalisten warnend sagt. Dazu zählten in einem ersten Schritt das Verbot, Autos mit dem Gartenschlauch zu waschen, aber auch die Pflicht, leckende Leitungen zu reparieren.
Für die Griechen ist nun Besserung in Sicht, den es kündigt sich Regen an. Die Meteorologen prognostizieren, dass es schon in den kommenden Tagen so weit sein soll. Sie rechnen mit Niederschlägen in weiten Teilen des Landes. Alternativ setzen die Griechen Hoffnung auf eine alte Bauernregel, die besagt, dass auf einen heissen, regenarmen Sommer ein kalter, schneereicher Winter folgt.