Dienstag, März 4

Vizepräsident Mohammed Javad Zarif galt als Teherans Topdiplomat –nun wurde er demontiert. Für den als moderat geltenden Präsidenten Masud Pezeshkian ist das ein schwerer Schlag.

Sein erstes Jahr als iranischer Präsident hat sich Masud Pezeshkian vermutlich anders vorgestellt. Vor sieben Monaten hatte der als moderat geltende 70-jährige Arzt sein Amt mit dem Vorsatz angetreten, Iran sanft in Richtung Westen zu öffnen. Doch jetzt muss Pezeshkian – der den im Mai 2024 bei einem Helikopterunglück verstorbenen, ultrakonservativen Ibrahim Raisi als Staatschef beerbte – einen schweren Rückschlag hinnehmen.

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Zunächst hatte das von konservativen Hardlinern dominierte Teheraner Parlament am Sonntag seinen Wirtschaftsminister zum Rücktritt gezwungen – angeblich wegen der katastrophalen Wirtschaftslage im Land. Nur einen Tag später erwischte es auch Mohammed Javad Zarif, den wichtigsten aussenpolitischen Berater Pezeshkians. Zarif, der vor knapp zehn Jahren das inzwischen gescheiterte Atomabkommen zwischen Iran, den Vereinigten Staaten und weiteren Ländern ausgehandelt hatte, trat am Dienstag ebenfalls zurück.

Nur ein paar Wochen zuvor hatte Zarif mit einem Auftritt am Weltwirtschaftsforum in Davos in seiner Heimat für Ärger gesorgt. Der ehemalige Aussenminister, der zurzeit offiziell den Posten eines Vizepräsidenten für strategische Angelegenheiten bekleidet, hatte dort in einem Interview indirekt Verhandlungsbereitschaft mit Amerika signalisiert und die harten Bekleidungsvorschriften in Iran kritisiert.

In Teheran hat die Stimmung gedreht

In Teheran kam das gar nicht gut an. Die Konservativen liefen Sturm und wollten Zarif am liebsten ins Gefängnis werfen. So weit kam es dann nicht, aber der 65-jährige Topdiplomat wurde dazu gebracht, seine Demission einzureichen. Zwar hat Präsident Pezeshkian den Rücktritt Zarifs bisher nicht akzeptiert. Viele Optionen hat er aber nicht. Denn die Demontage von Zarif, der im Westen als verhältnismässig konziliant und gesprächsbereit galt, wurde offenbar vom allmächtigen Revolutionsführer Ali Khamenei genehmigt beziehungsweise eingefordert.

Dabei hatte der 86-jährige Ayatollah – der in Teheran das letzte Wort hat – seinen frisch gewählten Präsidenten im letzten Sommer noch zur Kontaktaufnahme mit den Amerikanern ermuntert. Die Wahl von Pezeshkian, der als Reformer angetreten war, wurde weithin als Signal zur Öffnung gesehen. Nach Jahren der totalen Isolation, des wirtschaftlichen Niedergangs und der inneren Unruhen schien Teheran einen versöhnlicheren Kurs einzuschlagen – und erklärte sich bereit, über ein neues Atomabkommen zu verhandeln.

Doch inzwischen hat sich der Wind gedreht. In den Monaten seit Pezeshkians Amtsübernahme hat Iran eine schwere Niederlage nach der anderen hinnehmen müssen. Erst dezimierte Israel ausgerechnet Irans wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten, die libanesische Schiitenmiliz Hizbullah. Dann brach auch noch das befreundete Regime des syrischen Diktators Bashar al-Asad in sich zusammen. Iran, das Milliarden in den Aufbau einer Einflusszone von Bagdad bis Beirut gesteckt hatte, stand plötzlich vor den Trümmern seiner Aussenpolitik.

Unklare Erbfolge und Wirtschaftskrise

Als in Washington auch noch der Iran-Hardliner Donald Trump – der 2018 einst den ersten Atomdeal beerdigt hatte – ins Weisse Haus zurückkehrte, schien es mit dem Tauwetter endgültig vorbei. Gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit kündigte Trump harte Sanktionen gegen Iran an. Khamenei kündigte seinerseits an, unter diesen Umständen an einem direkten Dialog mit den Amerikanern nicht mehr interessiert zu sein, und fuhr sein Atomprogramm hoch. Pezeshkian blieb nichts anderes übrig, als mitzuziehen – obwohl er eigentlich anderer Meinung ist.

Der Schlingerkurs Teherans zeigt, unter welchem Druck die iranischen Machthaber stehen. Das aussenpolitische Debakel ist an der Führungsmannschaft um Khamenei nicht spurlos vorbeigegangen. Vor allem konservative Politiker kritisieren die passive Haltung des Regimes und fordern einen härteren Kurs gegen Israel und den Westen. Darunter mischen sich Ängste vor einem israelischen Angriff auf das iranische Atomprogramm. Und als wäre das nicht schwer genug, muss das krisengeschüttelte Regime auch noch einen Nachfolger für seinen obersten Führer finden.

Eigentlich hätte der verunglückte Raisi dereinst den greisen Khamenei beerben sollen. Nun fehlt es an Kandidaten, die den mächtigen Ayatollah ersetzen könnten. Derweil droht die schwer angeschlagene Wirtschaft des Landes immer weiter abzustürzen. Allein im letzten halben Jahr hat der iranische Rial nochmals massiv an Wert gegenüber dem Dollar verloren. Für Präsident Pezeshkian macht das die Aufgabe nicht einfacher. Viel ausrichten kann er aber nicht. Denn die Ausbootung Zarifs zeigt einmal mehr, dass die eigentliche Macht im Staat nicht bei ihm liegt.

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