Die russische Militärfirma ist auch nach dem Tod ihres Chefs Jewgeni Prigoschin in Afrika präsent. Sie dürfte es trotz der jetzigen schweren Niederlage bleiben.
Im Norden Malis haben Tuareg-Rebellen am Wochenende offenbar Dutzende malische Soldaten und mit ihnen verbündete russische Wagner-Kämpfer getötet. Bei Kämpfen in der Nähe der Stadt Tinzaouaten zerstörten die Rebellen auch mehrere Militärfahrzeuge, in der Stadt Kidal schossen sie einen Helikopter ab. Videos in den sozialen Netzwerken zeigten Dutzende von zum Teil verkohlten Leichen, die im Sand neben ausgebrannten Fahrzeugen lagen. Unter den Getöteten waren viele mit weisser Hautfarbe. Andere Videos zeigten noch lebende malische Soldaten und mutmassliche Wagner-Kämpfer, die gefangen genommen wurden.
Die genaue Zahl der getöteten und gefangen genommenen Wagner-Kämpfer war unklar. Der Telegram-Kanal Basa, der gewöhnlich gut über den russischen Sicherheitsapparat informiert ist, schrieb von mindestens 20 getöteten Wagner-Kämpfern. Ein prominenter Wagner-Kommandant mit dem Militärnamen Rusitsch schrieb auf Telegram von mehr als 80 getöteten Kämpfern. Rusitsch ist der Kommandant der angegriffenen Truppe, er war aber nicht vor Ort. Seine Einheit war ab Frühjahr 2022 auch am russischen Angriff auf die Ukraine beteiligt.
Soldaten der Militärfirma Wagner sind seit Ende 2021 in Mali präsent. Ihre genaue Truppenstärke ist unklar, es sind schätzungsweise 1000 bis 1500. Die Wagner-Truppen kämpfen zusammen mit der malischen Armee gegen jihadistische Gruppen, die Teile des Nordens und des Zentrums des Landes unter ihre Kontrolle gebracht haben. Wagner und die malische Armee kämpfen auch gegen Tuareg-Rebellen im Norden Malis. Diese fordern seit längerem einen eigenen Staat. Die Tuareg hatten 2015 ein Friedensabkommen mit der Regierung unterzeichnet, der Konflikt ist aber neu aufgeflammt. In den vergangenen Monaten war es der Armee und Wagner gelungen, Territorium von den Tuareg-Rebellen zurückzuerobern. Nun haben sie offenbar einen schweren Rückschlag erlitten.
Wagner auch nach Prigoschins Tod in Afrika aktiv
Die Paramilitärs von Wagner sind seit 2017 auf dem afrikanischen Kontinent tätig. Sie tauchten zuerst in Libyen und im Sudan auf. Wagner, damals unter der Führung des Putin-Protégés Jewgeni Prigoschin, diente als Speerspitze des Kremls in Afrika – einem Kontinent, auf dem Russland seit dem Ende des Kalten Krieges an Einfluss verloren hatte, den es nun wieder ausbauen will. Nach 2017 wurden Wagner-Truppen in verschiedenen afrikanischen Ländern aktiv – in der Republik Zentralafrika, zeitweise in Moçambique, schliesslich in der Sahelzone.
Der Sahel hat in den vergangenen Jahren mehrere Militärputsche gesehen. In Mali, Burkina Faso und Niger behaupteten die putschenden Generäle, die zivilen Regierungen würden die jihadistischen Rebellionen nicht in den Griff bekommen, die zur Vertreibung von Hunderttausenden von Menschen geführt haben. Die Putschregierungen näherten sich Russland an und brachen mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, die daraufhin ihre Truppen abzog – was das Tor für Russland und Wagner öffnete.
Die Zukunft der Wagner-Gruppe in Afrika war aber in der Schwebe, nachdem deren Chef Jewgeni Prigoschin im Juni 2023 gegen die russische Regierung gemeutert hatte und zwei Monate später bei einem mutmasslich vom Geheimdienst verursachten Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war. Es zeichnete sich ab, dass der Kreml Wagner in Afrika durch ein neu gegründetes Afrika-Korps ersetzen wollte, das im Unterschied zu Wagner aus Einheiten der russischen Armee besteht. Im Januar landeten in Burkina Faso rund 100 Soldaten des Afrika-Korps.
Gleichzeitig schien der Kreml die Wagner-Strukturen aber nicht komplett beseitigen zu wollen. In der Republik Zentralafrika, wo Wagner im Staatsapparat tief verstrickt ist, haben sich die Aktivitäten der Truppe offenbar nicht stark verändert. Auch in Mali operieren Wagner-Einheiten weiter. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Verluste wie jene im Norden Malis für den Kreml einfacher verkraftbar sind, wenn die Getöteten zur formell privaten Gruppe Wagner gehören, als wenn es sich um russische Soldaten handelt.
Ein prominenter Blogger unter den Getöteten
Die jetzigen Verluste in Mali dürften die grössten sein, die Wagner bisher in Afrika erlitten hat. 2019 wurden in Moçambique mehrere Wagner-Soldaten von Jihadisten getötet. Wagner zog sich nach wenigen Monaten wieder aus dem Land zurück. Es ist unwahrscheinlich, dass dasselbe in Mali passiert. Der Sahel ist für Russlands Einfluss in Afrika zu wichtig.
Die Präsenz der russischen Truppen in Mali und Burkina Faso hat indes nicht zu einer besseren Sicherheitslage geführt. Die Länder sind Schauplätze von einigen der weltweit grössten humanitären Krisen. Wagner-Kämpfer werden beschuldigt, sich an Massakern an der Zivilbevölkerung beteiligt zu haben, zum Beispiel in der malischen Kleinstadt Moura, wo mehr als 500 Zivilisten ermordet wurden.
Unter den Russen, die in den vergangenen Tagen im Norden Malis getötet wurden, befand sich offenbar auch der Betreiber eines bekannten russischen Militärblogs, Nikita Fedjanin. Sein Telegram-Kanal namens Grey Zone hatte mehr als eine halbe Million Abonnenten, er berichtete unter anderem über Russlands Aktivitäten auf dem afrikanischen Kontinent.

