Donnerstag, Mai 8

Die Schweiz organisiert im Handelskrieg zwischen China und den USA Gespräche. Sie hofft, dass es auch im eigenen Zollstreit mit den Vereinigten Staaten zu einer Annäherung kommt.

Im Handelskonflikt zwischen den USA und China kommt es erstmals zu hochrangigen Gesprächen. Am Wochenende wollen sich der amerikanische Finanzminister Scott Bessent und der stellvertretende chinesische Ministerpräsident He Lifeng in der Schweiz treffen, wie am Mittwoch beide Seiten bestätigten. Bessent wird am Donnerstag, den 8. Mai anreisen. Auch der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer kommt in die Schweiz.

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Vermittelt hat das Treffen die Schweizer Diplomatie. Sie bot beiden Parteien ihre Gute Dienste an, um die Gespräche durchzuführen. Aussenminister Ignazio Cassis sprach Ende April auf einer Asienreise in Peking vor. Auch in den USA ist Bern vorstellig geworden. Bei ihren jüngsten Kontakten in Washington und Peking habe die Schweiz die Bereitschaft signalisiert, ein Treffen zwischen den beiden Parteien in Genf zu organisieren, bestätigt Valentin Clivaz, der Sprecher des Aussendepartements (EDA).

Chance für die Schweiz

Die Gespräche zwischen den USA und China in Genf ermöglichen es der Schweiz auch, mit Bessent und Greer bilaterale Gespräche zu führen. Denn im Zollstreit zwischen Washington und Bern wird die Zeit knapp. Gerade einmal neun Wochen bleiben, bis am 9. Juli die Gnadenfrist ausläuft, die Donald Trump zahlreichen Staaten gesetzt hat.

Dann sind die 90 Tage vorbei, während welchen der US-Präsident die Anfang April eingeführten «reziproken» Zölle ausgesetzt hat. Wenn bis dahin keine Lösung gefunden wird, werden Exporte vieler Länder in die USA mit einem happigen Zollsatz belastet. Im Fall der Schweiz wären es 31 Prozent, für die EU 25 Prozent – für China sind bereits sehr hohe Zölle in Kraft.

Für Länder, die ihre Waren weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen in den USA verkaufen möchten, ist der Druck hoch, eine Lösung zu finden. Aber auch Donald Trump dürfte daran gelegen sein, seiner Wählerschaft erfolgreiche «Deals» zu präsentieren und die allgemeine Unsicherheit für die amerikanische Wirtschaft zu verringern.

Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP) und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) werden den amerikanischen Finanzminister Bessent und den Handelsbeauftragten Greer nun am Freitag in Genf treffen, wie Pascal Hollenstein, der Sprecher des Finanzdepartements, bestätigte. Das Treffen soll an die Gespräche anknüpfen, die Keller-Sutter und Parmelin Ende April am Rande des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington geführt haben.

Noch verhandeln die Schweiz und die USA nicht offiziell über eine Lösung des Zoll-Konflikts. Der nächste Schritt auf einem Weg dorthin wäre zunächst einmal eine Absichtserklärung der beiden Länder. Allzu hohe Erwartungen an das Treffen wären deshalb verfehlt. Aber es ist ein Zeichen, dass sich etwas bewegt.

Die Schweiz gehört als wichtiger Handelspartner der Vereinigten Staaten zu einer Gruppe von 15 Ländern, mit denen die USA als erstes eine Lösung im Zollstreit finden will.

Ein Mittel, um die Trump-Regierung milde zu stimmen sind Investitionen in den USA. So kursiert ein Betrag von rund 150 Milliarden Dollar, den Schweizer Unternehmen in den nächsten fünf Jahren dafür aufbringen könnten. Bei einem Teil davon dürfte es sich um Investitionen handeln, die ohnehin bereits geplant waren.

Ungefähr die Hälfte der Summe wird von der Pharmaindustrie kommen. Allein Roche und Novartis haben Investitionen von 50 beziehungsweise 23 Milliarden Dollar angekündigt. Die Pharmaindustrie ist von der Zollproblematik besonders betroffen, weil ein Grossteil der Schweizer Exporte in die USA Medikamente sind.

Ob und wie hohe Zölle die USA auf Arzneimittel erheben werden, ist allerdings noch offen. Am 4. April hatte Trump Zölle auf Pharmaprodukte und Halbleiter angekündigt, jedoch ohne ein konkretes Datum oder einen Zollsatz zu nennen.

Erfolg für Berner Diplomatie

Inwieweit die Gespräche zwischen den USA und China am Wochenende in Genf zur Entspannung im Zollkonflikt beitragen werden, wird sich zeigen. Finanzminister Bessent hat die Erwartungen gegenüber dem amerikanischen Fernsehsender Fox News gedämpft. Es handle sich um einen ersten Schritt, tönte er an.

Für die Schweiz ist es bereits ein Erfolg, dass sie für die USA und China die Rolle als Gastgeberin übernimmt – und mit dem internationalen Genf im Fokus stehen wird. Das zeugt vom Vertrauensverhältnis zu beiden Staaten, die nach der EU die wichtigsten Handelspartner der Schweiz sind. Das EDA steht mit beiden Seiten in Kontakt, um das Treffen zu organisieren.

Zuletzt hatte die Berner Diplomatie Mühe, sich mit ihren Guten Diensten zu positionieren. Zwar übernahm die Schweiz in Südamerika neue Schutzmachtmandate, da mehrere Staaten ihre diplomatischen Beziehungen abbrachen. Doch bei den grossen Konflikten stand sie abseits. Bei den Atomgesprächen zwischen Iran und den USA vermittelt Oman, obwohl Bern in Teheran seit Jahrzehnten auch die amerikanischen Interessen wahrnimmt.

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