Mittwoch, Oktober 23

Ein Referendum gegen einen Ergänzungskredit scheitert, eine knappe Mehrheit des Volkes stimmt für einen Spitalneubau.

Am Ende eines wochenlangen, leidenschaftlich geführten Abstimmungskampfes hat das Stimmvolk am Sonntag den Schlusspunkt gesetzt. Mit einem Ja-Anteil von 53,7 Prozent ist ein von der Regierung verlangter Ergänzungskredit in Höhe von 6 Mio. Fr. für einen Spitalneubau bewilligt worden.

Damit kann der Neubau des Spitals, für das bereits 2019 ein Kredit von 65,5 Mio. Fr. bewilligt wurde, realisiert werden. Aus dem Abstimmungsresultat lässt sich herauslesen, dass die Gegner des Projekts mit ihren ablehnenden Argumenten wenig bewirkt haben: Im Vergleich zur Volksabstimmung 2019, als 56,2 Prozent für ein neues Spital gestimmt hatten, ergab sich keine grosse Verschiebung.

Nach der Bewilligung des Grundkredits und des Ergänzungskredits steht nun einer Realisierung eines neuen Spitals nichts mehr im Weg. Der Spitalneubau soll auf einem freien Grundstück in der Nähe des Rheins errichtet werden, womit beim Bau keine Rücksicht auf die Infrastruktur des im Zentrum von Vaduz liegenden bestehenden Spitals genommen werden muss. Die Regierung rechnet mit der Inbetriebnahme im Frühjahr 2029. Sollte dieser Termin eingehalten werden, geht dannzumal eine beinahe zwei Jahrzehnte dauernde Spitaldiskussion zu Ende.

Ein erstes Spitalprojekt war im Jahr 2011 an einer Volksabstimmung gescheitert. Eine Umfrage nach der Abstimmung hatte damals ergeben, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das Projekt als zu teuer erachtete und gleichzeitig eine Spitalstrategie mit Kooperationsmöglichkeiten mit den Spitälern in der Schweizer und Vorarlberger Nachbarschaft vermisste.

Druck auf Stimmberechtigte

Die Spitalstrategie und die Kosten spielten auch vor der Abstimmung am Sonntag eine dominierende Rolle. Das Referendumskomitee vermochte allerdings keinen Umschwung herbeizuführen, indem der Leistungsauftrag des Landesspitals als veraltet kritisiert wurde. Auch verhallten die Aufrufe, die Stimmberechtigten müssten mit der Ablehnung des Ergänzungskredits die jahrelange Fehlplanung der Regierung korrigieren, ohne grosses Echo.

Aber auch die Regierung hatte die Messlatte hoch angesetzt und indirekt Druck auf die Stimmberechtigten ausgeübt: Mit dem Verzicht auf einen Neubau müsste mittelfristig aufgrund der beschränkten Möglichkeiten am bestehenden Standort sowie der strukturellen Mängel der in die Jahre gekommenen Spitalinfrastruktur damit gerechnet werden, dass Liechtenstein nicht mehr über ein eigenes Spital verfüge. Diese düstere Prognose könnte manchen Stimmberechtigten bestärkt haben, nach der Zustimmung zum Hauptkredit 2019 auch den zusätzlichen Kredit zu genehmigen.

Auch wenn in der Öffentlichkeit das Fehlen einer konkreten Spitalstrategie kritisiert wurde, vermochte das Referendumskomitee mit der Kampagne zur Verhinderung des Ergänzungskredits nicht durchzudringen. Die Argumente blieben in Worthülsen stecken, etwa mit der Aussicht, bei einer Ablehnung ergebe sich die Möglichkeit, «ein kleines, feines Liechtensteiner Landesspital» zu realisieren.

Abkommen mit ausländischen Spitälern

Nähere Angaben blieb das Referendumskomitee schuldig, im Unterschied zur Regierung, deren Planung insgesamt 34 Einzelzimmer vorsieht, die bei Bedarf zu Zweibettzimmern ausgebaut werden können. Dazu sind 5 weitere Zimmer im tagesklinischen Bereich geplant, die auch als geschlossene Pandemiestation betrieben werden können. Ausserdem listete die Regierung auf, dass es neben einer Notfallversorgung rund um die Uhr auch Behandlungen in Gebieten der inneren Medizin, Chirurgie sowie Orthopädie und Traumatologie geben soll. Geplant ist ferner eine Akutgeriatrie, die sich auf ältere Menschen spezialisieren wird. Für schwierige Operationen und die Behandlung von komplizierten Unfällen stehen auch in Zukunft eine Reihe ausländischer Spitäler zur Verfügung, mit denen Liechtenstein entsprechende Abkommen zur Aufnahme liechtensteinischer Unfallopfer und Patienten schon vor Jahren abgeschlossen hat.

Trotz der Zustimmung der Stimmberechtigten zu Grund- und Ergänzungskredit wird sich die Regierung bei der Realisierung bemühen müssen, die Kreditvorgaben genau einzuhalten. Nach der Abstimmung 2019 hatte sich, als es in die Detailplanung ging, ein finanzielles Desaster abgezeichnet. Im Frühjahr 2022 zeigten Berechnungen eine Überschreitung des bewilligten Kredits von 21,1 Mio. Fr. Nach einem Aufschrei in der Bevölkerung stoppte die Regierung die Projektarbeiten, verfügte eine grundlegende Überarbeitung des Projekts und reduzierte schliesslich den Mehrbedarf auf 6 Mio. Fr.

Eine von der Regierung angeordnete Untersuchung kritisierte dabei die «lückenhafte Budgetierung», die sich nicht am konkreten Projekt orientiert habe, sondern anhand der mutmasslichen Flächen. Noch weiter ging die Geschäftsprüfungskommission des Parlaments, die schon Fehler bei der Durchführung des Architekturwettbewerbs fand: Keines der eingereichten Wettbewerbsprojekte, nicht einmal das Siegerprojekt, habe alle Wettbewerbskriterien erfüllt.

Auch wenn nun grünes Licht für den Spitalneubau vorliegt, wird sich die Regierung mit einem weiteren Themenbereich auseinandersetzen müssen, der während des Abstimmungskampfes in den Vordergrund gerückt wurde. Die Urheber des Referendums kritisierten, das liechtensteinische Landesspital verfolge eine ruinöse Konkurrenzstrategie zum Spital Grabs im benachbarten schweizerischen Rheintal. Das Referendumskomitee nahm damit eine Kritik auf, die schon in einer Umfrage nach der gescheiterten Volksabstimmung 2011 von vielen Befragten geäussert worden war.

Die Regierung betonte im Unterschied dazu, die Zusammenarbeit mit dem Regionalspital Grabs funktioniere aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung, doch eine Abgrenzung von spitalärztlichen Leistungen gestalte sich schwierig. Der Forderung nach verstärkter Kooperation werden sich Regierung und Landesspital aber trotz dem positiven Abstimmungsresultat kaum entziehen können.

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