Freitag, Oktober 25

Aus dem Fall des Spitals Wetzikon sollten alle ihre Lehren ziehen: Lokalpolitiker, Stimmberechtigte, Spitalführungen und Geldgeber.

Das Spital Wetzikon kämpft seit Monaten um seine Existenz. Zuerst hat es sich mit einem Neubau finanziell übernommen. Dann lehnte es die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli ab, ihm in der Not mit Steuergeld beizustehen. Und an diesem Freitag hat sich nun ein grosser Teil seiner Gläubiger gegen einen dramatischen Schuldenschnitt gesträubt, der laut der Spitalführung zur Sanierung des Betriebs zwingend wäre.

Ob es das Spital Wetzikon wirklich braucht und seine Rettung sinnvoll ist, ist fraglich. Nicht einmal sieben Kilometer weiter steht schon das nächste Zürcher Regionalspital, jenes von Uster. Das historisch gewachsene Versorgungsnetz ist hierzulande im internationalen Vergleich immer noch dicht gestrickt.

Ricklis Entscheid ist darum nachvollziehbar. Sie versagte dem Spital Wetzikon die Hilfe, weil sie zur Ansicht kam, dass dieses entbehrlich sei.

Viele Bewohner der zwölf Eigentümergemeinden des Spitals dürften es selbstredend anders sehen. Noch immer ist der Anspruch auf ein medizinisches Komplettangebot vor der eigenen Haustür verbreitet. Auch wenn dies angesichts verkürzter Transportwege widersinnig ist, sofern eine gute Notfallversorgung gewährleistet wird.

Es ist daher denkbar, dass die Stimmberechtigten dieser Gemeinden beschliessen werden, dem Spital eine Kapitalspritze in Millionenhöhe zu gewähren. Selbst wenn sie den Preis dafür über die Steuern zahlen.

Falls sie dies tun, sollten sie sich jedoch bewusst sein, dass es damit womöglich nicht getan ist. Sollte das Spital erneut in Schieflage geraten – was gut möglich ist –, müssen sie entweder weiteres Geld einschiessen oder einen Verlust hinnehmen, der höher ist, als er heute wäre.

Was in Wetzikon passiert ist, war ein Schock, der bequeme Illusionen zum Platzen gebracht hat – nicht nur dort, sondern in vergleichbaren Spitälern landesweit. Das Vertrauen darauf, dass im schlimmsten Fall der Kanton rettend einspringen würde. Dass es so etwas wie eine unausgesprochene Staatsgarantie gibt.

Mit dieser Gewissheit im Rücken nahmen Spitäler im ganzen Land zu viel Geld auf für überdimensionierte Bauprojekte. Schauten Eigentümer nicht genau genug hin, liehen Geldgeber viel zu leichtfertig ihr Geld. Es kann ja nichts schiefgehen, dachte man.

Das war ein Irrtum. Egal wie der Existenzkampf des Spitals Wetzikon ausgeht, er ist eine Zäsur, die hoffentlich als heilsamer Schock wirkt.

Spitalführungen sollten sich nicht mehr zu überambitionierten Bestellungen hinreissen lassen. Es bringt der Allgemeinheit nichts, wenn mittels Neubauten ein fragwürdiger Status quo auf Jahrzehnte hinaus zementiert wird. Eigentümer sollten es sich zweimal überlegen, ob sie überholte Strukturen wirklich erhalten wollen, wenn sie am Ende für ihre Entscheide haften müssen. Und Geldgeber sollten davon absehen, solche Unterfangen blindlings zu unterstützen, weil sie nicht mehr davon ausgehen können, dass ihr Ausfallrisiko gleich null ist.

Zugegeben, fair verteilt ist dieser heilsame Schock nicht. Er trifft nicht alle Spitäler gleich. Manche gelten als systemrelevant und müssen sich deshalb auch in Zukunft keine Sorgen machen. Das hat sich gezeigt, als der Kanton Zürich im gleichen Zug, in dem er das Spital Wetzikon fallen liess, das Kinderspital aus ähnlich misslicher Lage rettete.

Aber für andere Betriebe dürfte es künftig teurer werden, fremdes Geld aufzunehmen. Ihr Finanzrahmen wird dadurch enger, ihre Planungen werden hoffentlich realistischer. Dadurch verringert sich das Risiko, dass alle sieben Kilometer auf Vorrat gebaut wird. Und dass ein Überangebot an Spitalbetten generiert wird, für das dann eine Nachfrage gesucht werden muss.

Für Wetzikon mag das hart sein, aber für das Gesundheitswesen als Ganzes sind das keine schlechten Nachrichten.

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