Sonntag, Oktober 6

Bei einigen Lokalen fällt die uniformierte Arbeitskleidung der Servicemitarbeitenden auf – diese reicht von eigens kreierten Anzügen und Kleidern, die zum Interieur passen, bis hin zum Merch-T-Shirt zum Kaufen.

Als ich kürzlich einer Bekannten erzählte, dass ich einen Artikel über die Kleidung von Restaurantmitarbeitenden schriebe, lachte sie mich aus. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe, meinte sie ironisch. Ich fühlte mich ertappt: Ein Restaurant nach der Bekleidung seiner Angestellten zu beurteilen, wirkt in der Tat zunächst müssig; schliesslich geht es bei einem Gastrolokal doch vor allem um die Qualität der Speisen und auch deren Preise, allenfalls die Ambiance. Aber halt mal – Ambiance? Nebst all den Details der Einrichtung, von der Möblierung bis hin zur Speisekarte, sind es doch vor allem die Menschen im Service, die den Eindruck und das Erlebnis prägen. Und so relevant wie ein sorgsam ausgewähltes Geschirrservice, das einen stimmigen Rahmen für die Speisen bietet, ist auch das Auftreten jener Personen, die diese kredenzen – Bekleidung inklusive. Als Botschafter sind sie schliesslich die Visitenkarte eines jeden Betriebs.

Ein Erkennungszeichen

Die Bedeutung einer Restaurantuniform zeigte sich jüngst beim Besuch eines neueren Restaurants in einer aufkommenden Ecke Zürichs: Beim Auswählen unseres Abendessens im gut besuchten Lokal hatten meine Begleitung und ich Mühe, bei Fragen und Wünschen das Personal ausfindig zu machen. Vergeblich durchforstete unser Blick den Raum nach Personen, die einheitlich gekleidet waren, sei es nur mit einem Top oder einer Schürze. Ohne Erfolg. Ein visueller Anhaltspunkt – ein restauranteigenes Erkennungszeichen – hätte den Restaurantbesuch, trotz feinem Essen, noch besser gemacht.

Das Servicepersonal der «Kronenhalle» in klassischem Schwarz-Weiss.

Für Restaurants lohnt es sich also durchaus, auf eine Arbeitsuniform zu setzen. Ist diese zudem stilvoll oder originell, zeugt dies von einem durchdachten Konzept. Stark verbreitet sind mittlerweile simplere Bekleidungskonzepte wie etwa die Kombination aus schwarzem oder weissem T-Shirt und einer einheitlichen Schürze. Mittlerweile eine Rarität sind in Zürich hingegen jene Lokale, in denen die Servicemitarbeitenden noch in klassischer Restaurant-«Montur» bedienen, wie etwa im Restaurant «Volkshaus». Oder natürlich in der «Kronenhalle», wo die Herren in weisser Kellnerjacke, schwarzer Hose, weissem Hemd und dunkler Krawatte servieren, die Frauen eine weisse Spitzenschürze zur schwarzen Blusen-Jupe-Kombination tragen.

Es ist ein Look, der dieser Tage fast schon nostalgisch wirkt, aber die Funktion auf einen Blick erfüllt: Das Personal signalisiert mit der Bekleidung Professionalität und Zuvorkommenheit, sie verleiht den Trägerinnen und Trägern aber auch eine würdevolle Haltung. Unter den neueren Restaurants der gehobeneren Klasse gibt es jedoch auch viele Adressen, die sich bei den Outfits ihrer Servicemitarbeiter sichtlich Gedanken gemacht haben, ohne auf derart Klassisches zu setzen, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Die Kalksteinfassade, der lange, hohe Raum mit der hellen Marmorbar, dunkelgrünen Samtwänden und Max Ernsts Wandbild «Pétales et jardin de la nymphe Ancolie» von 1934 – Architektur und Einrichtungskonzept sind ein wichtiges Element der 2021 eröffneten «Kunsthaus-Bar». Da soll auch der Look des Servicepersonals nicht nachhinken. Laut Medienstelle der «Kunsthaus-Bar» war dabei wichtig, sich von klassischer Servicebekleidung abzuheben und dennoch nicht einfach auf T-Shirts zu setzen. Für das Bekleidungskonzept wurde der Corporate-Zweig der Zürcher Herrenmodemarke Pelikamo beauftragt. Bereits für Betriebe wie die «No-Idea-Bar», das «Stucki» Basel, das Restaurant «Lux» Kongresshaus oder das «Tschuggen» Arosa hat Pelikamo Outfits kreiert, stets mit dem Ziel, das perfekte Gleichgewicht zwischen Stil, Komfort und Strapazierfähigkeit zu erreichen.

Die Personaluniform der «Kunsthaus-Bar» ist hübsch, der Erkennungseffekt aber bei Hochbetrieb eher gering.

«Die Betreiber der ‹Kunsthaus-Bar› wünschten sich Uniformen, die den ganzen Tag über tragbar sind, sich harmonisch in die Umgebung einfügen und sich an klassischer Workwear orientieren», so Sebastiaan Vadasz, CEO und Co-Founder von Pelikamo. Entstanden sind ein Hemd und eine Bluse aus Chambray – also jenem fein melierten Baumwollgewebe, das an Denim erinnert. Dazu gibt es Hosen aus festem Baumwolltwill mit Joggingbund sowie ein Hemdkleid aus Leinen, alles Stoffe aus Italien, die in Porto dann zu Kleidern genäht wurden.

Kunsthaus-Bar, Heimplatz 5, Zürich

Vergangenen Herbst, kurz vor dem Pop-up im «Badrutt’s Palace Hotel» St. Moritz, hat sich das im Januar 2020 von Zineb Hattab eröffnete Restaurant «Kle» für ein Uniform-Makeover entschieden. Es schwebte etwas Luftiges vor, sowohl bequem wie auch elegant, denn bis dahin war das Arbeitstenue mit T-Shirt und Schürze eher lässig gewesen. Unter der thailändisch-schweizerischen Restaurantmanagerin Amona Häusermann entstanden mit den Thai-Designerinnen Reena und Raj Khanijou zwei «Kle»-spezifische Oberteile, ein Hemd und eine Tunika aus Leinen in der Unternehmensfarbe Grün, präziser ausgedrückt: einem Jadegrün.

«Wichtig war, dass die Uniform geschlechtsneutral, zeitlos-elegant und dennoch einzigartig ist», so Lola Lichtenstein vom Restaurant «Kle». Beide Kleidungsstücke reichen – ausgestattet mit praktischen Taschen – bis zu den Oberschenkeln und sind seitlich geschlitzt, was einerseits der Silhouette eine sanfte Bewegung verleiht und andererseits eine Schürze ersetzt. Beide Oberteile haben einen asiatisch wirkenden Stehkragen: Beim Hemd geht dieser in eine mittige, verdeckte Knopfleiste über, während bei der Tunika eine diagonale Naht zur Achsel hinführt – ein Schnitt, der an typisch asiatische Gewänder wie das chinesische Cheongsam oder auch das vietnamesische Áo dài erinnert.

Restaurant Kle, Zweierstrasse 114, Zürich

Das Restaurant «Roter Delfin» an der Langstrasse erkennt man schon von weitem aufgrund der poppigen Einrichtung: ein tiefblau gekachelter Raum mit knallroten Tischchen und hellblauen Stühlen. Hier legt man Wert auf die Präsentation, was auch der Auftritt im Web und im wohlkuratierten Instagram-Konto zeigt. Unkompliziert ist das Flair mit dem gastronomischen Fokus auf belegte Toasts mit Schweizer Zutaten. Entsprechend abgestimmt ist auch die Arbeitsuniform: T-Shirt und Schürze – ein weitverbreiteter, lässig wirkender Restaurant-Look, hier aber wirklich passend und überzeugend.

Von vorne wie von hinten klar erkennbar: Der Service-Look des Restaurants «Roter Delfin».

Die knallroten Schürzen stammen von der Toggenburger Firma Rigotex, Hersteller klassischer Küchentücher. Die T-Shirts sind in Luzern siebgedruckt – das Design von Emma Kürz; sie ist für die gesamte Grafik im «Roten Delfin» verantwortlich. Als Fanartikel können Gäste die T-Shirts im Restaurant kaufen, wenn der Vorrat reicht. Und zudem gibt es noch ein anderes Gastro-Merchandise-Produkt: ein Frotteetuch, entwickelt mit dem Schweizer Spezialisten für Heimtextilien Lavie.

Roter Delfin, Langstrasse 31, Zürich

Noch bis Ende September 2024 offen: Heiko Nieders veganes Gartenrestaurant im Hotel «Dolder Grand». Passend zum entspannt-eleganten Ambiente präsentiert sich die Restaurant-Equipe in einer Farbkombination aus Beige und Weiss, die zur grünen Kulisse passt.

Getragen werden korrekt und schön geschnittene Anzugshosen, dazu ein Leinenhemd mit breiten, weissen Kreidestreifen. Die Bekleidung wurde aus dem Sortiment des Herrenausstatters Suitsupply zusammengestellt. Für etwas Verve sorgt das Schuhwerk: weisse Sneakers von On.

Restaurant Blooms, Kurhausstrasse, 8032 Zürich

Das wohl stattlichste Lokal unter Zürichs kürzlich neu eröffneten Restaurants ist die «Brasserie Süd» im Hauptbahnhof. Für Zürcher Verhältnisse beeindruckend sind der luftige Saal, die hohe Decke und die Stuckverzierungen. Das Interieur ist zwar geschmackvoll, wirkt aber abgesehen vom Teppich mit kosmischem Motiv eher zurückhaltend. Man hätte hier mehr aus dem Vollen schöpfen können, aber das allzu Pompöse passt wohl eher nicht nach Zürich.

Interessant sind indes die Outfits der Servicemitarbeiter. Ins Auge stechen sofort die khakigrünen Polohemden aus Frotteestoff oder die altrosafarbenen Kurzarmhemden zu beigen Chinohosen mit Bundfalten. Entworfen hat sie Leon Glasnović vom Label Loud Ones. In Kroatien wurden die Kleider nicht nur entworfen, sondern auch exklusiv für die «Brasserie Süd» produziert.

Den Geschäftsführern Valentin Diem und Nenad Mlinarevic war dabei wichtig: Die Kleider sollen den Mood der Brasserie widerspiegeln und auf dem grünlastigen Farbkonzept des Interieurs basieren. Die Kleidung soll zudem auf einen Blick die jeweilige Position der Mitarbeitenden vermitteln. Sommeliers tragen ein weinrotes Hemd, während Chefs de Service und Hosts am Empfang eine zweireihige Anzugsjacke mit breitem Spitzrevers tragen. Dazu gibt es ein rosafarbenes Kurzarmhemd, das auch die Chefs de Rang (Servicemitarbeitende) ohne Jacke tragen.

Ein rosafarbenes Kurzarmhemd für die Chefs de Rang, ein weinrotes Hemd für die Sommeliers.

Die Looks sind unisex – in der so geschäftigen Umgebung des Bahnhofes wollte man mit der Kleidung einen zeitlosen Look kreieren, der sowohl etwas nostalgisch wie auch modern wirke, so die Medienstelle des Restaurants. Entstanden ist tatsächlich eine elegante Uniform mit einem Twist, etwa bei Schnitten und Materialien, die auch vom Stil der französischen Riviera der 1950er und 1960er Jahre inspiriert scheinen.

Brasserie Süd, Südtrakt Hauptbahnhof Zürich, Bahnhofplatz 15, Zürich

Einem wahrhaften Gesamterlebnis kommt der Besuch in Andreas Caminadas Fine-Dining-Restaurant «Igniv» im Hotel «Marktgasse» gleich. Seit Anfang 2020 wird in dem Altstadthaus, wo einst Variétékünstler, Tänzerinnen und Seelöwen auftraten, höchste Gastrokultur geboten. Den passenden Rahmen hat die spanische Stararchitektin Patricia Urquiola mit imposanten Vorhängen und intimen Sofaecken geschaffen, ein Interieur mit Reverenzen an die bewegte Geschichte. Gastgeberin ist die Sommelière Ines Triebenbacher, in weiteren Hauptrollen treten die Barchefin Sarah Madritsch und der Küchenchef Daniel Zeindlhofer im «Igniv» Zürich auf.

Unterstützt werden sie von einem Team, das auffallend gut gekleidet ist. Die Frauen tragen eine Eigenkreation, entworfen von dem Corporatewear-Spezialisten KahnSwienty: Die bis zu den Oberschenkeln reichenden Kurzkleider sind aus einem Stoff mit Leinenoptik. Sie erinnern ein wenig an jene von Flugbegleiterinnen. Der Look ist elegant und modern zugleich, dank Details wie Ärmelabschlüssen und hohen Stehkragen aus Satin. «Die Kleider schmeicheln jedem Figurtyp. Sie sehen elegant aus, ohne steif zu wirken, und sprechen dadurch jüngere wie ältere Menschen an. Sogar einige Gäste fragen nach dem Design», so Ines Triebenbacher, die als Restaurantleiterin in der Farbe Smaragdgrün erkennbar ist. Der Rest des Teams trägt Schwarz – die Herren in Anzügen von J. Lindeberg, dazu schwarze Strickkrawatten und Fliegen, die mit der Textur der Damenkleider korrespondieren.

Der Küchenchef Daniel Zeindlhofer (links) und die Gastgeberin und Sommelière Ines Triebenbacher tragen im Restaurantdienst Blau beziehungsweise Grün, dazu eine Uhr von Carl F. Bucherer.

Hübsch, aber verständlicherweise etwas entspannterer, ist auch das Outfit des Küchenteams mit blauer, kragenloser Kochjacke samt verdeckter Knopfleiste. Die drei Köpfe des Führungsteams in Restaurant, Bar und Küche sind zudem mit Zeitmessern der Uhrenmarke Carl. F. Bucherer ausgestattet.

Igniv Zürich, Marktgasse 17, 8001 Zürich

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