Montag, September 30

In Zürich-West wird ein Schlüsselareal für die Belebung des Quartiers frei.

Mit einem solchen Namen dürfte eigentlich nichts schiefgehen. Die Autowaschanlage heisst schlicht und einfach «Best». Für alle, denen das nicht deutlich genug ist, prangt an der Fassade zeitweise ein Plakat mit der Zusatzinformation: «Die Nummer 1 in Zürich».

Bloss ist der Standort an der Hardbrücke in Zürich-West längst nicht mehr der beste – ganz im Gegenteil.

Als die Stadt vor 15 Jahren die Hardbrücke sanierte, hat sie im gleichen Zug einen Teil der parallel verlaufenden Hardstrasse in eine Fussgängerzone verwandelt. Seither liegt die Waschanlage, die 1994 an einer Hauptachse durchs Industriequartier gegründet wurde, in einer Sackgasse. Fahrverbotstafel inklusive.

Dadurch geriet die Waschanlage in Schwierigkeiten. Immer wieder seien Kunden bei der Zu- oder Wegfahrt von Fussgängern blockiert und manchmal auch beschimpft worden. Ein zusätzliches Problem sei, dass die Verbotstafel keine ausdrückliche Ausnahme für die Zufahrt zur Waschanlage enthalte.

Die Betreiber ziehen jetzt die Konsequenzen. Obwohl sie noch bis 2027 einen Vertrag mit der Stadt Zürich gehabt hätten, der das Areal gehört, machen sie Ende September vorzeitig Schluss. Das sei schade – aber wer hier sein Geld mit Autos verdiene, könne nicht mit Unterstützung rechnen.

Sie ziehen darum mit allen Angestellten nach Volketswil. Dort, an der Zürcherstrasse, rollt der motorisierte Verkehr noch zuverlässig.

Mit der Waschanlage verschwindet eine weitere Ikone des automobilen Zürich aus dem Stadtbild. Auch die Stützliwösch in Altstetten, ein gut besuchtes Übungsfeld für Virtuosen am Hochdruckreiniger, muss nächstes Jahr einem Neubau der SBB Platz machen.

Gefordert: Läden und Wohnungen, wie an der Europaallee

Wo eine Tür zugeht, geht eine andere auf: Das Ende der Autowaschanlage könnte aufgrund ihrer prominenten Lage zur Initialzündung für die weitere Belebung von Zürich-West werden.

Denn das Areal befindet sich mitten in jenem Kerngebiet, das laut dem städtischen Siedlungsrichtplan in ein lebendiges Quartierzentrum von Zürich-West verwandelt werden soll. Mit publikumsorientierten Erdgeschossnutzungen wie Läden oder Restaurants.

Gleichzeitig steht die Waschanlage wie ein Riegel quer in jener Diagonale, die das pulsierende Gebiet um das Geroldareal und die Viaduktbögen mit dem oft etwas verwaisten Turbinenplatz hinter dem Schiffbau verbindet.

«Dort muss jetzt etwas entstehen, das im Erdgeschoss Publikum anzieht, kombiniert mit Wohnungen in den Obergeschossen», sagt Christoph Gysi, der ehemalige Besitzer des benachbarten Restaurants «Les Halles» und der Präsident des Vereins Kulturmeile. «An der Europaallee hat sich gezeigt, dass diese Mischung ein Quartier belebt.»

Im Verein Kulturmeile sind knapp vierzig Unternehmen aus Zürich-West zusammengeschlossen, vom kleinen Barbetreiber bis zum Immobilienriesen Allreal. Gemeinsam setzen sie sich seit über zwanzig Jahren für ein urbanes Lebensgefühl und ein florierendes Gewerbe ein. Und gegen die befürchtete Verödung des ehemaligen Industriequartiers.

Dieses Vorhaben hat 2022 neuen Schub erhalten, als der Verein Kulturmeile gegen ein Hochhausprojekt der Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site (SPS) mobilisierte. Dem Neubau würden die Maag-Hallen geopfert, ein Ort für Konzerte, Theater und Ausstellungen. Dies obwohl im Architekturwettbewerb von SPS ein anderes Projekt den ersten Platz belegte, bei dem die Hallen erhalten bleiben würden. Im letzten Mai hiess dann auch das Baurekursgericht eine Einsprache gegen den Abriss gut, die SPS hat das Urteil angefochten.

Als Negativbeispiel diskutiert wird im Quartier momentan auch das Gebäude vis-a-vis der Autowaschanlage. Dort, jenseits der Hardbrücke, ist im Frühling der Jumbo-Baumarkt ausgezogen, der viel Kundschaft anzog. Die Räume im Erdgeschoss wird dem Vernehmen nach jenes Rechenzentrum übernehmen, das schon in den oberen Stockwerken eingemietet ist.

Das würde weniger Leben bedeuten: Geschlossene Fassaden zur Strasse hin. Offiziell bestätigt ist dies nicht, die Hauseigentümer schweigen dazu.

Die Stadt hat einen Plan fürs Areal, tut aber nichts

Mit der Entwicklung des Schlüsselareals um die Autowaschanlage hat sich die Stadt bisher viel Zeit gelassen – zu viel, finden Kritiker aus dem Quartier. Denn schon seit 2011 gibt es einen rechtskräftigen Gestaltungsplan, aus dem klar hervorgeht, was dort passieren soll.

Der Plan umfasst auch das benachbarte Grundstück der privaten Stiftung Hamasil. Doch während diese umgehend die gemischte Wohn- und Gewerbeüberbauung Kulturpark hochgezogen hat, bezeichnet die Stadt ihren Teil bis heute als «strategische Landreserve». Ein konkretes Bauvorhaben existiert nicht.

Betroffen davon wäre neben der heutigen Autowaschanlage auch das ehemalige Laborgebäude, in dem der Fernsehmoderator Kurt Aeschbacher eine Bar betreibt, sowie ein damit verbundenes Backsteingebäude. Sie alle stehen auf dem Grundstück der Stadt, und sie alle könnten gemäss dem Gestaltungsplan zugunsten eines Neubaus und öffentlich zugänglicher Freiflächen abgerissen werden.

Unter der Bedingung, dass dadurch der angrenzende Schiffbauplatz überzeugend eingefasst oder vergrössert wird. Eingetragen ist auch ein Fussweg quer durch das Areal.

Politisch dürfte der Druck auf die Stadt nun zunehmen. Erst kürzlich hat der Stadtrat ein Postulat der Grünen, der SP und der Grünliberalen entgegengenommen, das ihn dazu auffordert, eine strategische Planung für den öffentlichen Raum im Quartierzentrum um die Hardbrücke vorzulegen. Dieser sei «unwirtlich» und weise «grosse Defizite» auf. Und eine Autowaschanlage, fand der Erstunterzeichner Markus Knauss (Grüne), sei an diesem Ort fehl am Platz.

Auf dem Grundstück mit der Waschanlage laufen die Verträge mancher Mieter allerdings noch bis ins Jahr 2030. Vorher wird sich also nichts ändern. Stattdessen wird ab Ende September erst einmal das passieren, was in Zürich in solchen Fällen üblich ist: Es folgt eine Zwischennutzung.

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