Donnerstag, Februar 6

Wie die Stadt auf das veränderte Konsumverhalten reagiert.

Welche Drogen beschäftigen die Stadtzürcher Behörden?

Heroin, die meistkonsumierte harte Droge der neunziger Jahre, ist bei der jüngeren Generation von Konsumenten nicht mehr gefragt. An seine Stelle ist eine Vielzahl von Substanzen getreten. Man habe es mit einem veränderten Konsumverhalten zu tun, sagt der Stadtzürcher Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri.

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Im Vordergrund steht Kokain, daneben werden in der Partyszene von Ecstasy über Speed und Ketamin bis hin zu LSD viele Substanzen verwendet. Sorge bereiten den Behörden vor allem zwei Drogen: Crack, mit Backpulver vermischtes, rauchbares und schnell abhängig machendes Kokain sowie synthetische Opioide.

Werden synthetische Opioide in Zürich bereits konsumiert?

Bisher sind synthetische Opioide wie Nitazen oder Fentanyl in Zürich erst in Einzelfällen nachgewiesen worden, in den vergangenen sechs Monaten genau zwei Mal. Allerdings, sagt der Zürcher Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri, könne sich die Situation rasch ändern, der Drogenmarkt sei komplett unberechenbar. Es gebe zudem eine Zunahme von Fällen in den europäischen Nachbarländern.

Deshalb bereite man sich lieber auf ein Worst-Case-Szenario vor, statt sich von einer Welle überraschen zu lassen. Elendsszenen wie in den neunziger Jahren müsse man unbedingt verhindern. Hauri sagt: «Einen zweiten Platzspitz oder Letten darf es in Zürich nicht mehr geben.» Die Stadt sei gut vorbereitet. «Früher waren wir ein internationales Schreckensbeispiel, heute ist das Vier-Säulen-Modell Zürichs international anerkannt.»

Welche Massnahmen hat die Stadt gegen die Verbreitung synthetischer Opioide ergriffen?

Die Stadt hat die Herstellung von 1000 Einheiten eines Naloxon-Nasensprays bei einer Apotheke in Auftrag gegeben. Diese sollen im Notfall bei einer Überdosis zur Anwendung kommen.

Daneben plant sie weitere Massnahmen. Sie hat unter anderem Teststreifen und Schnelltests für synthetische Opioide bestellt. Das Konsummonitoring in den Kontakt- und Anlaufstellen und die medizinische Infrastruktur sollen ausgebaut werden. Im Frühling beginnen zudem Schulungen von Stadtpolizisten und Hausärzten. Sie sollen den richtigen Umgang mit den Substanzen lernen.

Künftig sollen Naloxon-Sprays auch an Konsumenten, Angehörige und nichtmedizinisches Personal abgegeben werden. Doch dafür fehlt bis jetzt eine gesetzliche Grundlage. Der Sozialvorsteher Raphael Golta sagt: «Synthetische Opioide könnten ein Game-Changer sein, weil sie hochpotent, billig und brandgefährlich sind. Wir müssen deshalb vorbereitet sein, wenn es beginnt.»

Wie rein sind die Substanzen?

In den letzten Jahren ist der Reinheitsgrad bei Kokain stark gestiegen. Allerdings strecken die Dealer die Drogen noch immer mit verschiedenen, teilweise problematischen Mitteln. Die Stadt hat deshalb ihr Angebot beim Drug-Checking ausgebaut. Konsumentinnen und Konsumenten können ihre Substanzen zwei Mal pro Woche im Drogeninformationszentrum analysieren lassen. Zudem gibt es am Freitag- und Samstagabend auch ein mobiles Drug-Checking an der Langstrasse für Partygänger.

Der Sozialvorsteher Raphael Golta will das Drug-Checking nun auch in den Kontakt- und Anlaufstellen für Drogenabhängige einführen. «Es ist ein wichtiges Element, weil wir dadurch wissen, was auf dem Markt läuft.»

Wie hat sich der Crack-Konsum entwickelt, der für Unruhe sorgte?

In den grossen Städten hat der Crack-Konsum zugenommen, auch in Zürich. Im Sommer 2023 entstand um die Bäckeranlage zeitweise eine offene Drogenszene. Einer der Gründe: Die Stadt hatte zuvor eine nahe gelegene Kontakt- und Anlaufstelle für die Drogenabhängigen geschlossen. Der offene Crack-Konsum und Gewalt ängstigten daraufhin das Quartier.

Erst als die Stadt unter Hochdruck ein Provisorium erstellte, eine Sonderkommission einsetzte und Patrouillen von Polizei, Sicherheitsdiensten und sozialen Betrieben verstärkte, beruhigte sich die Lage. Die Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart sagt: «Die Situation bleibt jedoch fragil. Die Probleme sind nicht einfach verschwunden.»

Braucht es eine kontrollierte Abgabe von Kokain?

Suchtexperten haben für Schwerstabhängige eine kontrollierte Kokain-Abgabe ins Spiel gebracht. Andreas Hauri sagt, man prüfe derzeit eine Untersuchung, die sich mit den Auswirkungen einer kontrollierten Abgabe beschäftige. Allerdings fehle bis jetzt eine gesetzliche Grundlage. Hauri sagt: «Wir müssen davon ausgehen, dass die Abklärungen noch längere Zeit in Anspruch nehmen werden.»

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