Freitag, März 21

Narendra Modi und Donald Trump bezeichnen sich als Freunde. Dennoch droht der amerikanische Präsident mit hohen Zöllen, wenn Indien an seiner Handelspolitik festhält. Modi bemüht sich, Trump auf andere Weise milde zu stimmen.

Donald Trump ist für seine Amtskollegen in aller Welt kein Unbekannter, doch ist er berüchtigt für seine unberechenbare Politik. Wie also umgehen mit dem neuen Herrn im Weissen Haus? Während viele westliche Verbündete ihm eher kühl begegnen, suchen andere ihr Heil darin, Trump zu schmeicheln. Auch Indiens Premierminister Narendra Modi scheint sich für diese Strategie entschieden zu haben: Am Montag trat er Trumps Netzwerk Truth Social bei und drückte seinem «Freund» Trump gleich einmal seinen Dank aus.

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Der indische Regierungschef folgte zunächst nur Trump und dessen Vize J. D. Vance. Seine eigene Followerzahl erreichte binnen drei Tagen mehr als 30 000. In seinem ersten Post schrieb Modi über einem Foto von sich mit Trump, er freue sich auf einen bedeutungsvollen Austausch. Anschliessend dankte er Trump dafür, dass dieser auf Truth Social den Link zu einem Interview mit Modi geteilt hatte, das der amerikanische Podcaster Lex Fridman geführt hat.

Trump hat Truth Social im Februar 2022 gegründet, nachdem er wegen seiner Unterstützung für den Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021 von Twitter und Facebook gesperrt worden war. Zahlreiche Anhänger folgten ihm, doch hat das Netzwerk nur eine begrenzte Reichweite erreicht. Die Nutzerzahl beträgt noch immer nur einen Bruchteil von X (früher Twitter), obwohl X seit der Übernahme durch den Tech-Mogul Elon Musk selbst viele Nutzer verloren hat.

Als Kommunikationsmittel ist Truth Social wenig sinnvoll

Truth Social ist bis heute ein Nischenmedium für Trump-Fans geblieben. Vor Modi sind keine anderen bedeutenden Staatsführer dem Netzwerk beigetreten. Selbst enge Verbündete wie Viktor Orban, Benjamin Netanyahu und Javier Milei sowie Rechtspopulistinnen wie Marine Le Pen oder Alice Weidel haben dort kein Konto eröffnet. Angesichts der relativ geringen Reichweite der Plattform ergibt sie kaum Sinn als politisches Kommunikationsmittel. Umso bemerkenswerter ist es, dass Modi dem sozialen Netzwerk nun trotzdem beigetreten ist.

Der Schritt muss wohl als Signal an Trump verstanden werden. Der indische Premierminister rühmt sich gerne seines guten Verhältnisses zu Trump. Erst Mitte Februar war er zu Gast im Weissen Haus – als einer der ersten Staatsführer nach Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt. Die beiden Männer zelebrierten dabei ihre Freundschaft, doch hielt dies Trump nicht davon ab, Indien wenige Tage später mit hohen Zöllen zu drohen, wenn es nicht seine Märkte öffnet.

Trump kritisiert schon lange die protektionistische Handelspolitik Indiens und klagt, die USA würden benachteiligt. Modi bringt dies in eine ungemütliche Lage. Er kann es sich aus wirtschaftlichen Gründen kaum leisten, die Zollschranken zu senken. Gleichzeitig will er das gute Verhältnis zu Trump nicht aufs Spiel setzen. Seine Antwort besteht nun offenbar darin, eine Charmeoffensive zu starten, ohne in der Sache substanzielle Zugeständnisse zu machen.

Kritischen Fragen stellt sich Modi praktisch nie

Als Teil dieser Charmeoffensive muss wohl auch Modis dreistündiges Interview mit Lex Fridman verstanden werden, das am Sonntag erschien. Seit seinem Amtsantritt vor elf Jahren wendet sich Modi zwar regelmässig in seiner Radiosendung «Mann Ki Baat» an die indische Bevölkerung. Sonst spricht er aber nur mit ausgewählten indischen Medien, bei denen er sicher ist, dass sie keine kritischen Fragen stellen. Ausländischen Medien gibt er höchst selten Interviews.

Fridman hat zahlreiche Prominente zu Gast gehabt, darunter Musk, Trump, Milei und Netanyahu. Im Januar sprach er auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Alle Gesprächspartner können sich gewiss sein, dass ihnen keine allzu unangenehmen Fragen gestellt werden. Auch bei dem ausschweifenden Interview mit Modi fungierte Fridman vor allem als Stichwortgeber, der Modi so sehr schmeichelte, dass selbst dieser sich darüber lustig machte.

Narendra Modi: Prime Minister of India - Power, Democracy, War & Peace | Lex Fridman Podcast #460

Modi steht seit Jahren dafür in der Kritik, dass er die Unabhängigkeit der Medien beschneidet, die Zivilgesellschaft drangsaliert und die muslimische Minderheit marginalisiert. Fridman stellte Modi dazu aber keine kritischen Fragen und gab ihm vor allem viel Platz, über sein Leben und seine spirituelle Entwicklung zu sprechen. Fridman versah das Interview nicht nur mit englischen und russischen Untertiteln, sondern dank einem AI-Programm auch mit einer Audiospur auf Englisch.

In dem Interview behauptete Modi, er begrüsse Kritik, denn Kritik sei die «Seele der Demokratie». In den meisten indischen Medien, die über Modis Beitritt zu Truth Social und das Fridman-Interview berichteten, war aber nur wenig Kritik am Premierminister zu finden. Eine der seltenen Ausnahmen war «The Wire». Das linke Online-Magazin warf Fridman «kriecherische Schmeichelei» vor und schrieb zum Premierminister: «Die ungenierte Lobhudelei zeigt, wie weit Modi bereit ist zu gehen, um sich bei Trumps USA anzubiedern.»

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