Mittwoch, Februar 5

Deutschlands Treibhausgasemissionen sinken. Das ist nicht zuletzt eine Folge der Wachstumsschwäche. Dennoch droht das Land seine selbstgesetzten Ziele zu verfehlen.

Im Bundestagswahlkampf ist der Klimaschutz derzeit kein grosses Thema. Das aktuelle Gutachten des Expertenrats für Klimafragen, eines von der Bundesregierung beauftragten Gremiums zur Bewertung der Klimapolitik, könnte dies ändern.

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Die fünf Wissenschaftler, die ihren Report am Mittwoch der Bundesregierung überreichten, kommen darin zu dem Ergebnis, dass es Deutschland zwar gelungen sei, die Treibhausgasemissionen seit dem Jahr 2021 sektorübergreifend deutlich zu senken.

Allerdings reiche die erzielte Geschwindigkeit nicht aus, um das im Bundes-Klimaschutzgesetz vorgegebene Ziel zu erreichen, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Referenzwert aus dem Jahr 1990 zu reduzieren. Dazu müsse vielmehr die mittlere jährliche Minderungsrate ab dem Jahr 2024 um mehr als die Hälfte zunehmen, schreiben die Experten in ihrem Gutachten, das sie alle zwei Jahre erstellen.

Weniger CO2: Hohe Energiepreise spielten eine Schlüsselrolle

Der Rückgang der Emissionen in den Jahren 2022 bis 2024 sei nicht zuletzt auf die sinkende wirtschaftliche Aktivität zurückzuführen, heisst es in dem Report. Dabei habe der Anstieg der Energiepreise im Zuge des Ukraine-Kriegs eine Rolle gespielt. In der Industrie sei es zu «konjunkturellen und strukturellen Nachfragerückgängen» gekommen, die sich auch im Stromverbrauch widerspiegelten, der von 2021 bis 2023 «erheblich» gesunken sei.

Nimmt man den Zeitraum von 2014 bis 2023 in den Blick, entfielen zwei Drittel der mittleren jährlichen Emissionsreduktionsrate auf die Energiewirtschaft. Setze sich der Abwärtstrend fort, könnte der Sektor ebenso wie die Sektoren Landwirtschaft und Abfall ihre Zielwerte für die Reduktion bis zum Jahr 2030 sogar unterschreiten, schreiben die Gutachter. Dagegen zeichne sich ab, dass die Sektoren Industrie, Verkehr und Gebäude ihre Ziele verfehlen.

Ein Grund dafür sei, dass der auf fossile Energieträger angewiesene Kapitalstock nicht schnell genug zurückgebaut und der mit nicht-fossiler Energie betriebene Kapitalstock nicht schnell genug aufgebaut werde. Die Gutachter weisen in diesem Zusammenhang auf die niedrigen Austauschquoten von Gas- und Ölheizungen durch Wärmepumpen, die geringen Sanierungsraten von Gebäuden sowie den gesunkenen Anteil von E-Autos an den Neuzulassungen hin.

Einkommensstarke Haushalte werden begünstigt

Um die Wirtschaft auf eine klimaneutrale Produktion umzustellen, seien Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe nötig. Die Gutachter zitieren Studien, denen zufolge die nötigen Transformationsinvestitionen zwischen 135 und 255 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Das entspreche 3,2 bis 6 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2023.

Die Experten fordern die Politik auf, künftig stärker auf Zielkonflikte zwischen Klimaschutz und anderen Politikbereichen zu achten. Viele Förderprogramme wiesen eine «eher geringe Kosteneffizienz» auf, der öffentlichen Hand drohe eine Finanzierungslücke im mittleren bis hohen zweistelligen Milliardenbereich pro Jahr.

Zudem begünstigten einige Fördermassnahmen wie etwa die Gebäudesanierung vor allem einkommensstärkere Haushalte. Darüber hinaus drohten steigende Energiepreise die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu schwächen.

Um die Wechselwirkungen zwischen Klimaschutzpolitik und anderen Politikbereichen stärker ins Visier zu nehmen, empfehlen die Gutachter, wieder ein Klimakabinett einzurichten, das vom Bundeskanzler koordiniert wird.

«Wir sind in die richtige Richtung unterwegs», so Habeck

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht sich trotz der Kritik durch das Gutachten in seiner Politik bestätigt. «Wir sind in die richtige Richtung unterwegs, sollten den Weg aber konsequent fortsetzen», sagte er. Es komme jetzt darauf an, Kurs zu halten. Die für den Klimaschutz nötigen Investitionen könnten der Wirtschaft « wichtige Modernisierungsimpulse» geben, so Habeck.

Der Klimaschutz dürfte auch die nächste Bundesregierung beschäftigen. Dem Klimaschutzgesetz zufolge muss sie innerhalb des ersten Jahres der Legislaturperiode ein Klimaschutzprogramm vorlegen.

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