Donnerstag, April 24

Das Ansinnen findet breite Unterstützung – Bürgerliche lehnen es allerdings ab.

Wo man parkieren darf und wo nicht, das ist im Gesetz genauestens geregelt. Wer sich nicht daran hält und sein Auto am falschen Ort abstellt, wird abgemahnt – auch dies steht im Gesetzbuch. Doch im digitalen Raum sind die Verhältnisse weniger klar. Dort machen multinationale Konzerne ihre eigenen Regeln und nennen sie «Allgemeine Geschäftsbedingungen».

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Dagegen regt sich immer breiterer Widerstand. Im vergangenen November ist im Kanton Zürich eine Volksinitiative zustande gekommen, die Grundrechte für den digitalen Raum definieren und in der Kantonsverfassung festschreiben will.

Im Zentrum stehen dabei sechs Rechte. Erstens soll der Staat garantieren, dass die Daten seiner Bürger jederzeit gelöscht werden können. Zweitens soll ein Leben ohne Zugang zum Internet möglich sein. Drittens fordert die Initiative ein Recht auf Informationssicherheit. Viertens sollen Menschen nicht von Maschinen beurteilt werden und fünftens nicht überwacht werden dürfen. Sechstens sollen Bürger davor geschützt werden, dass ihre Daten ohne Zustimmung weitergegeben werden können.

Der Regierungsrat hat sich mit diesen Forderungen bereits beschäftigt und empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Durch das Gesetz über die Information und den Datenschutz (IDG) seien die Rechte der Bürger schon ausreichend geschützt, hiess es.

Doch die zuständige Kommission im Kantonsrat beurteilt das Volksbegehren nun entschieden anders: Sie hat einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, der die Forderungen der Initiative weitestgehend beibehält.

FDP und SVP aus formalen Gründen dagegen

Die Kommissionspräsidentin Michèle Dünki-Bättig (SP) sagt: Die Initiative greife ein «wichtiges Anliegen aus der Bevölkerung» auf. Dem wolle die Kommission Rechnung tragen. Der Gegenvorschlag ist aus ihrer Sicht aber präziser formuliert als die Vorlage – und darum wirklich umsetzbar. Die Initiative suggeriere, dass der Staat private Akteure in die Pflicht nehmen könne, was nicht zutreffe.

Im Unterschied zum Initiativtext sieht der Gegenvorschlag beispielsweise kein Recht auf ein Offline-Leben vor. Es soll im Grundsatz aber auch weiterhin möglich sein, staatliche Leistungen auf analogem Weg zu beziehen.

Grünen-Vertreter Benjamin Krähenmann, der ebenfalls in der Kommission sitzt, begrüsst den Gegenvorschlag. Das Argument des Regierungsrats, dass der heutige Gesetzesrahmen ausreiche, lässt er nicht gelten. Im Gegenteil: Es besteht durchaus Handlungsbedarf. «Das sehen wir auch daran, dass andere Kantone wie Genf und Basel-Stadt bei dem Thema bereits aktiv geworden sind». Nun sieht Krähenmann auch den Kanton Zürich in der Pflicht.

Die digitale Integrität Thema stosse in den anderen Kanton auf grosse Resonanz aus der Bevölkerung. Deshalb rechnet sich Krähenmann auch gute Chancen im Kantonsrat aus.

Ablehnend stehen dem Gegenvorschlag die SVP und die FDP gegenüber – und dies auch bloss aus formalen Gründen. Roman Schmid (SVP) sagt: Die Forderungen der Initiative fielen in die Kompetenzen des Bundes. «Der Kanton regelt das Verhältnis zwischen Staat und Bürger im IDG ausführlich. Was Private untereinander machen, ist dagegen Sache des Bundes». Da wecke die Vorlage falsche Erwartungen.

Ausserdem kritisiert Schmid, dass bis dato keine Kostenabwägung vorliege – obwohl sich abzeichne, dass die Initiative, aber auch der Gegenvorschlag zu erheblich mehr Aufwand und Kosten in der Verwaltung führen werde.

Initianten wollen Gegenvorschlag prüfen

Wenn die Initianten mit dem Gegenvorschlag einverstanden sind, haben sie die Möglichkeit, ihre Initiative zurückzuziehen. In diesem Fall würde nur der Gegenvorschlag zur Volksabstimmung kommen.

Monica Amgwerd, die Kampagnenleiterin der Initiative, versichert, dass man den Gegenvorschlag «genau prüfen» werde. Sie betont aber, dass die sechs Einzelrechte in der Initiative «genau durchdacht» gewesen seien und sie Schmälerungen der Forderungen deshalb kritisch gegenüberstehe.

Die Tatsache, dass sich die zuständige kantonsrätliche Kommission dem Thema angenommen habe, wertet Amgwerd aber schon einmal als erfreuliches Zeichen: «Jetzt können Dinge in Bewegung geraten», sagt sie. Wenn das Volk es so wolle, habe die Schweiz die Gelegenheit, zur internationalen Vorreiterin zu werden. Ähnliche Verfassungsänderungen würden auch in Deutschland und im EU-Parlament debattiert.

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