Nach der grössten Firmenpleite in der Geschichte Österreichs ist der Signa-Gründer vermutlich auch privat zahlungsunfähig. Was heisst das für seine Zukunft – und für Gläubiger wie die Schweizer Banken?
Der Zusammenbruch der Signa-Gruppe hat nun auch direkte Folgen für ihren Gründer René Benko. Der Tiroler Unternehmer beantragte beim Landesgericht Innsbruck die Insolvenz als Einzelunternehmer, wie dieses gegenüber österreichischen Medien bestätigte. Eine Entscheidung darüber soll in den nächsten Tagen fallen – die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist wahrscheinlich.
Weil es sich um einen Antrag auf Insolvenz als Einzelunternehmer handelt, ist noch nicht ganz klar, was der Schritt über die private Zahlungsfähigkeit Benkos aussagt. Allerdings haftet er dafür mit seinem gesamten Privatvermögen. In den Folgen kommt das Gesuch deshalb einem Antrag auf Privatinsolvenz gleich.
Im Visier der Behörden
Die Frage, wie es um die persönlichen Vermögensverhältnisse des Immobilieninvestors steht, wäre in diesen Wochen ohnehin geklärt worden. Ende Januar hatte die Republik Österreich in Innsbruck einen Insolvenzantrag gegen ihn gestellt – damit geriet Benko erstmals persönlich ins Visier der Behörden.
Laut Medienberichten soll der Anlass dafür zum einen eine offene Steuerforderung gewesen sein, zum anderen, dass der Unternehmer seiner Verpflichtung im Sanierungsverfahren der Signa-Holding zum Einschuss von drei Millionen Euro nicht vollumfänglich nachgekommen sei. Die Republik ist selbst auch Gläubigerin der Dachgesellschaft.
Das Gericht ordnete eine Frist zur Einreichung von Dokumenten an, die diesen Dienstag abgelaufen ist. Dass Benko nun selbst die Insolvenz beantragt, werten Experten als taktisch motiviert: Bei einem Eigenantrag ist auch eine sogenannte Sanierung in Eigenverwaltung möglich, wie sie etwa die zwei wichtigsten Signa-Tochtergesellschaften durchzuführen versuchen. Würde dagegen dem Gläubigerantrag der Republik stattgegeben, käme es zum Konkursverfahren.
Keine Folgen für Schweizer Banken
Billigt das Gericht Benkos Antrag, wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der Einblick in die Vermögensverhältnisse erhält und mit ihm klären muss, ob und wie er entschuldet werden kann. Dabei kann es auch zur Verwertung seines privaten Eigentums kommen. Ein solches Insolvenzverfahren kann bis zu fünf Jahre dauern.
Für die Abwicklung der laufenden Insolvenzverfahren im Signa-Imperium hat Benkos private finanzielle Situation keine Auswirkungen. Die über seine Familie-Benko-Privatstiftung gehaltene Beteiligung könnte zwar weitgehend wertlos werden, darüber hinaus haftet der Firmengründer aber nicht mit seinem Privatvermögen. Die zahlreichen Gläubiger, unter ihnen auch viele Schweizer Banken, halten ihre Forderungen gegen die verschiedenen Signa-Gesellschaften und müssen auch von diesen befriedigt werden.
Vermögen liegt in Privatstiftungen
Dass Benko als Privatperson mutmasslich insolvent ist, heisst zudem nicht, dass er in den nächsten Jahren als armer Mann wird leben müssen. Benko hat schon früh grosse Teile seines Vermögens in Stiftungen eingebracht – und damit formell von seiner Person getrennt. Die wichtigsten Stiftungen in seinem Umfeld sind die Familie-Benko -Privatstiftung und die Laura-Privatstiftung in Österreich sowie die Ingbe-Stiftung in Liechtenstein.
Der offizielle Zweck dieser Stiftungen ist die «Versorgung der Begünstigten». Bekannt ist, dass Benkos Mutter Ingeborg zu den Begünstigten gehört sowie seine Kinder wie die älteste Tochter Laura. Sie können auf regelmässige Zuwendungen der Stiftungen zählen. Benkos Familie dürfte also gut versorgt sein, selbst wenn er persönlich nicht zu den Begünstigten der Stiftungen gehören sollte.
Wie viel Geld ist vorhanden?
Wie es den drei Privatstiftungen derzeit finanziell geht, lässt sich von aussen kaum beurteilen. In der Familie-Benko-Privatstiftung hält der Immobilienunternehmer vor allem die Beteiligungen an den Firmen der Signa-Gruppe, die ihren Wert wohl verloren haben. Allerdings dürften in den guten Jahren auch hohe Dividenden aus den Signa-Firmen in die Stiftung geflossen sein. Sie sind möglicherweise noch vorhanden.
In der Laura-Privatstiftung bündelt Benko private Vermögenswerte wie sein Wohnhaus nahe Innsbruck, zahlreiche Immobilien in Österreich, seine Jacht Roma oder eine Kunstsammlung. Sie dürften weiterhin einen Wert besitzen, allerdings soll die Laura-Privatstiftung auch beträchtliche Schulden aufgenommen haben.
Über die Vermögensbilanz lässt sich ebenfalls bei der nach seiner Mutter benannten Ingbe-Stiftung nur mutmassen. Es gibt allerdings Anzeichen, dass Benko durchaus Schäfchen ins Trockene gebracht haben dürfte. So hat die Ingbe-Stiftung noch im Januar 2023 ein Darlehen von 150 Millionen Euro an die Signa Prime, die wichtigste Immobiliengesellschaft der Signa-Gruppe, vergeben. Das ist dem zweiten Zwischenbericht des Sanierungsverwalters der Signa Prime zu entnehmen, der der NZZ vorliegt.
Die Stiftung könnte nun einen grossen Teil dieses Geldes zurückerhalten, weil just die Tochterfirma, an die der Kredit gewährt wurde, nun verkauft werden soll. In dieser Firma sind prestigeträchtige Liegenschaften in Wien wie das «Park Hyatt» oder das Goldene Quartier gebündelt.