Donnerstag, September 19

Der sozialdemokratische Premierminister Antony Albanese will die Jugend mit Vorschriften von der Handysucht befreien. Experten zweifeln an der Umsetzbarkeit.

Wer Tiktok oder Instagram nutzt, sollte mindestens 13 Jahre alt sein. Aus Sicht der australischen Regierung ist dieses Mindestalter ungenügend. Sie strebt eine Altersschwelle zwischen 14 und 16 Jahren an. Geht es nach Premierminister Anthony Albanese, dann sollen Jugendliche Tiktok und Instagram erst ab 16 Jahren nutzen dürfen.

«Wir wissen, dass es nicht einfach ist», sagte der Sozialdemokrat gegenüber dem staatlichen Sender ABC. Die geistige und körperliche Gesundheit junger Menschen stehe jedoch an erster Stelle. «Eltern wollen, dass ihre Kinder nicht mehr am Telefon, sondern auf dem Fussballplatz sind.»

Grossen politischen Widerstand muss der Regierungschef nicht erwarten. Die Opposition befürwortet den Vorschlag ebenfalls. Einführen will Albanese das Mindestalter am liebsten noch dieses Jahr. 2025 tritt das australische Volk erneut an die Wahlurnen, und Umfragen zeigen, dass Albanese um seine Wiederwahl zittern muss. Er will sich offenkundig als Landesvater in Szene setzen, der ein gesellschaftliches Problem entschlossen anpackt.

Besorgte Eltern

Bevor ein definitives Mindestalter bekanntgegeben wird, will die Regierung noch eine Probephase abschliessen, mit der die technischen Möglichkeiten ausgelotet werden, wie sich das Alter von Jugendlichen kontrollieren lässt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist auch wichtig für den sogenannten «Porno-Pass», an dem die Regierung ebenfalls arbeitet. Dieser soll verhindern, dass Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren auf pornografische Websites zugreifen können.

Ein Gliedstaat ist trotzdem bereits vorgeprescht. In South Australia ist der Zugang zu sozialen Netzwerken erst ab 14 Jahren erlaubt, und selbst 14- und 15-Jährige müssen vor der Nutzung die elterliche Erlaubnis einholen. Die Regierung in Adelaide führte dazu eine Umfrage des australischen psychiatrischen Dienstes Reach Out an. Diese habe ergeben, dass soziale Netzwerke das grösste Problem für Eltern darstellten. 59 Prozent hätten sich besorgt gezeigt.

Eine «Hauruckaktion»?

Experten dagegen melden Zweifel an. Laut Daniel Angus, Direktor des Digital Media Research Centre an der Queensland University of Technology, gibt es zwar Hinweise darauf, dass schädliche Inhalte in sozialen Netzwerken bei einigen Jugendlichen zu psychischen Problemen beitragen. Der kausale Zusammenhang sei jedoch nicht eindeutig geklärt.

Australiens E-Safety-Beauftragte merkte in einem Statement an, dass die Nutzung von Social Media für viele Teenager auch Vorteile bringe. Umgekehrt hätten die Untersuchungen der Behörde gezeigt, dass sich fast zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen vergangenes Jahr potenziell schädliche Inhalte angesehen hätten.

Der Medienexperte Angus hält den Plan der Regierung für eine «Hauruckaktion». Viel wichtiger als Verbote sei es, junge Menschen besser über den richtigen Umgang mit Inhalten im Internet zu informieren. Joanne Orlando von der Western Sydney University argumentierte in einem Aufsatz ähnlich. «Social Media ist wie Sex», schrieb sie. Junge Leute müssten aufgeklärt und nicht mit unrealistischen Verboten belegt werden.

Bedenken kommen auch vonseiten der Datenschützer. Denn eine Altersüberprüfung könnte dazu führen, dass Social-Media-Unternehmen Benutzeridentifikationen erfassen müssen. Beim Teilen von Daten ist Australien jedoch ein «gebranntes Kind». Bei mehreren aufsehenerregenden Cyberangriffen, unter anderem auf den Telekommunikationsanbieter Optus oder die private Krankenkasse Medibank, landeten die Daten von Millionen von Australiern im Darknet.

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