Chinas Präsident Xi Jinping wollte das Land mithilfe von Auslandinvestitionen bis 2050 zu einer Weltmacht im Fussball machen. Sein Plan ist krachend gescheitert.

Ab 2015 kauften chinesische Unternehmen Fussballklubs in England, Italien, Frankreich, Spanien und Tschechien. Millionensummen gaben sie auch für mittelmässige Brasilianer aus, die sie in die heimische Super League lockten. Doch die sportlichen Erfolge blieben grösstenteils aus.

Vor kurzem endete nun auch die produktivste Verbindung: Seit der Übernahme durch einen amerikanischen Investmentfonds gehört der FC Internazionale nicht mehr der Familie Zhang. Der Plan von Chinas Präsidenten Xi Jinping, das Land mithilfe von Auslandinvestitionen bis 2050 zu einer Weltmacht im Fussball zu machen, ist krachend gescheitert.

Näher können Freud und Leid kaum beieinander sein: Mitten in die Euphorie beim FC Internazionale über den mittlerweile 20. Scudetto in der Vereinsgeschichte platzte eine Nachricht aus der Finanzwelt. Darin stand, dass drei in Luxemburg domizilierte Unternehmen an die Glas Trust Corporation Limited übergegangen seien. Dieser Konzern gehört dem amerikanischen Investmentfonds Oaktree. Die drei anderen Gesellschaften waren Teil des Firmenimperiums der Familie Zhang.

Mit den Zhangs kam der sportliche Aufschwung

Unter den Zhangs, die Inter 2016 übernommen hatten, erlebte der Traditionsklub einen sportlichen Aufschwung: zwei Meistertitel und zwei Coppe Italia gewannen die «Nerazzurri» seither, zudem schafften sie es im vergangenen Jahr in den Champions-League-Final.

Ende Mai aber konnte die Familie Zhang einen Kredit in der Höhe von 275 Millionen Euro an Oaktree nicht zurückzahlen. Oder präziser: Oaktree akzeptierte den Vorschlag nicht, den Kredit plus Zinsen durch einen neuerlichen Kredit ablösen zu lassen. Stattdessen erwarb Oaktree den Klub komplett.

Steven Zhang, dem jungen Präsidenten aus dem fernen Nanking, blieb nichts anderes übrig, als sich bei Spielern, Angestellten und Fans zu bedanken – und gegen Oaktree zu schimpfen: «Wir haben jeden Versuch unternommen, eine freundschaftliche Lösung zu finden. Unseren Bemühungen wurde aber mit juristischen Drohungen und einem Mangel an Engagement seitens Oaktree begegnet», schrieb er auf X.

Bei vielen Inter-Fans löste Zhangs Mitteilung Trauer und Mitleid aus. Manche wollten in Zhang, der als Fussball-unerfahrener 24-Jähriger ins Geschäft einstieg, aber schnell lernte und viele richtige Managemententscheidungen traf, sogar einen auf dem Altar des globalen Finanzmarkts geopferten Märtyrer sehen.

Es gibt Parallelen zur AC Milan

Die jüngste Episode bei Inter erinnert an eine frühere der AC Milan. Der Stadtrivale hatte von April 2017 bis Juli 2018 ebenfalls einen chinesischen Besitzer. Über Yonghong Li war aber weniger bekannt als über die Zhangs, denen in China eine Kette von Elektronikgeschäften gehört. Doch auch ihm wurde nachgesagt, als Strohmann zu agieren.

Wie die Zhangs nun konnte auch Yonghong Li einen Kredit nicht bedienen. Jenen, den er zur Finanzierung des Milan-Ankaufs aus den Händen von Silvio Berlusconi benutzt hatte. Daraufhin übernahm der Investmentfonds Elliott die «Rossoneri». Anstelle von Chinesen haben in San Siro nun also Amerikaner das Sagen.

Damit dürfte auch die chinesische Ära im europäischen Fussball vorüber sein. Chinas Präsident Xi Jinping hatte vor einer Dekade zum grossen Sprung auf den grünen Rasen aufgerufen. Im März 2015 liess er einen 50-Punkte-Plan gutheissen, der Chinas Fussball revolutionieren, Erfahrungen aus dem Ausland gewinnen, zur Ausrichtung einer Weltmeisterschaft und bis spätestens 2050 zum Weltmeistertitel des chinesischen Nationalteams führen sollte.

Xis Plan führte zu einem regelrechten Kaufrausch, chinesische Unternehmer erwarben mittelklassige Vereine in Grossbritannien. Die Fosun-Gruppe stieg 2016 bei den Wolverhampton Wanderers ein, die Renhe Holding 2017 bei Reading, die Recon Group 2018 bei Aston Villa.

In Spanien sicherte sich die Wanda-Gruppe 2015 20 Prozent Anteil an Atlético Madrid. 2016 übernahm ein chinesischer Unternehmer den Granada CF, 2017 kaufte der gleiche Mann auch den FC Parma. In Tschechien etablierte sich ein weiterer Chinese als Finanzberater des dortigen Präsidenten, er übernahm 2016 den Traditionsklub Slavia Prag.

Und auch in der Heimat klotzten reiche Financiers: In den Saisons 2015/2016 und 2016/2017 bezahlten sie fast eine Milliarde an Ablösesummen für internationale Spieler, um sie in die chinesische Premier League zu locken. Die Blase platzte aber schnell. In der vergangenen Saison wurden in der gesamten chinesischen Super League laut Transfermarkt.de nur Transfers für 11,5 Millionen Euro getätigt.

Steuerschulden, Betrug, falsche Finanzpolitik

Auch von den Auslandinvestitionen blieb nicht viel. Die Wanda-Gruppe fuhr ihr Engagement bei Atlético bereits 2018 zurück. Der frühere Chef von Granada und Parma wird wegen Steuerschulden vom spanischen Fiskus gesucht. Und der einstige Boss von Slavia Prag ist 2018 aufgrund von Betrugsvorwürfen in China festgenommen worden. Bei Aston Villa wurden im gleichen Jahr Steuerschulden bekannt, fast wäre dem Klub die Lizenz nicht erteilt worden.

Die Ursache für den Rückzug der chinesischen Investoren war nebst deren teilweise erodierter finanzieller Basis in der Heimat die stärkere Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas über Geldflüsse ins Ausland.

Das ist ein markanter Unterschied zu den Sportinvestitionen etwa Katars, der Vereinigten Arabischen Emirate oder Saudiarabiens: Bei den Erdöl- und Erdgasdynastien handelt es sich meist um Staatsfonds, die chinesischen Investoren hingegen waren meist private Unternehmer. Sie können ohne den Segen des Präsidenten Xi Jinping zwar wenig tun. Doch der Staat kann sich bei Misserfolgen leicht distanzieren.

Die Unternehmer dürften ein Interesse daran gehabt haben, Vermögensteile ins Ausland und damit weg vom starken Arm des Staates zu bringen. Der wiederum fand im Fussball nicht die optimale Balance zwischen dem freien Spiel der Kapitalkräfte und den eigenen Kontrollbedürfnissen.

China hält sich im europäischen Fussball mittlerweile zurück, schaut nun aber auf andere Kontinente. Für den letzten Afrikacup bauten chinesische Unternehmen drei Stadien. Und auch im Hinblick auf den Afrikacup 2027 ist mit dem Austragungsland Tansania bereits ein Stadion-Deal unterzeichnet worden.

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