Donnerstag, März 20

Der ehemalige Aussenminister der USA hält die gegenwärtige Aussenpolitik der USA für gefährlich. Falls Ex-Präsident Trump gewählt würde, wäre er bereit, im Kabinett erneut zu dienen.

Herr Pompeo: Letzte Woche erklärte Präsident Joe Biden, dass Israel einem Waffenstillstand zugestimmt habe, worauf Israel dementierte. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das hörten?

Das war das zweite Mal innerhalb von ein paar Wochen, dass es diesen Wirbel um angebliche Abkommen zwischen Israel und der Hamas gab. Das ist ein Gebell ohne Substanz. Die Hamas ist nicht bereit, die nötigen Bedingungen dafür zu erfüllen, nämlich die Geiseln freizulassen und ihre Waffensysteme zu vernichten. Daher wird es kaum einen Waffenstillstand geben. Deshalb muss Israel die Hamas besiegen und die Geiseln den Familien zurückgeben.

Aber sollte dieser Krieg nicht sofort beendet werden?

Ja, es sollte unbedingt ein Ende geben. Aber die Hamas muss zuerst verschwinden. Sie haben am 7. Oktober über 1000 Israeli barbarisch getötet. Es wäre einfach. Die Iraner müssen der Hamas sagen: Legt eure Waffen nieder, hört auf, eure Tunnel zu bauen, hört auf, die Lebensmittel eurer Zivilisten zu stehlen, erlaubt den Israeli, für die Sicherheit ihrer eigenen Leute zu sorgen. Wenn das geschieht, kann sich auch für die Menschen in Gaza und in der Region etwas zum Guten wenden.

Ministerpräsident Netanyahu hat noch keinen Plan für die Nachkriegsordnung vorgelegt, was seine Regierung zu zerreissen droht. Haben Sie Vorstellungen?

Nun, es ist schwierig, darüber isoliert zu sprechen, denn es geht nicht allein um die Hamas. Es geht um den Hizbullah in Libanon und ursächlich um Iran. Solange Iran sich nicht in einer Weise verhält, die mit internationalen Normen vereinbar ist, weiss ich nicht, wie man über ein Danach sprechen kann.

Also ein endloser Krieg?

Israel muss für die Sicherheit seiner eigenen Nation sorgen. Übrigens, die arabischen Golfstaaten haben das gleiche Problem, die Bedrohung durch Iran. Die Regierung Biden hat sich einfach geweigert, etwas anderes zu tun, als den Ayatollah zu verhätscheln. Wie es in Gaza weitergeht, hängt davon ab, ob die USA und unsere Verbündeten Iran bewegen können, das Sponsoring von Terrorismus und die Entwicklung von Atomwaffen zu stoppen.

Sie sind ein scharfer Kritiker der Biden-Regierung. Aber sie hat doch die Israeli nach dem 7. Oktober unterstützt, und die Militärhilfe fliesst weiter.

Ja, und ich habe unmittelbar nach dem 7. Oktober die Politik des Weissen Hauses unterstützt. Die traurige Nachricht ist, dass sie davon abrückten, sobald der propalästinensische Flügel ihrer Partei begann, Druck auf Präsident Biden auszuüben, und dieser seine Wiederwahl bedroht sah.

Er und Aussenminister Anthony Blinken begannen Dinge zu sagen wie: Die Israeli müssten aufhören, die Israeli begingen Kriegsverbrechen. Oder dass Ministerpräsident Netanyahu diesen Krieg angeblich aus innenpolitischen Gründen in die Länge ziehe. Das ist eine böse Bemerkung über den Anführer eines Verbündeten. Man kann nicht mehr behaupten, dass Präsident Biden Israel weiterhin unterstützt.

Auch in der Ukraine tobt ein Krieg. Die Schweiz hat nächste Woche eine Friedenskonferenz für die Ukraine organisiert. Unterstützen Sie diese Bemühungen?

Ich habe die Absicht teilzunehmen. Und ich gehe mit einem offenen Geist dahin. Aber bis jetzt gibt es keine Anzeichen dafür, dass Wladimir Putin auch nur im Entferntesten daran interessiert ist, die Waffen zu Bedingungen niederzulegen, die dem Westen entgegenkämen. Ich nehme an der Ukraine-Konferenz teil, weil ich für Frieden bin. Wir waren ziemlich gut darin, einen solchen zu sichern. In den vier Jahren der Trump-Regierung hatten wir null Kriege.

Präsident Trump hat erklärt, dass er diesen Krieg beenden werde, sobald er wieder im Amt sei. Wissen Sie, was er vorhat?

Die Biden-Regierung hat in der Abschreckung völlig versagt. Wir hatten Wladimir Putin zuvor vier Jahre lang abgeschreckt. Präsident Obama hatte sich geweigert, der Ukraine defensive Waffensysteme zu liefern. Hätte er das getan, könnte die Welt heute anders aussehen. Ich bin überzeugt, dass wir unter einer neuen amerikanischen Regierung die Abschreckung wiederherstellen können. Es wird ein langer, mühsamer Weg sein. Putin hat in der Ukraine enormen Schaden angerichtet.

Zwischendurch regierte aber Präsident Trump, er hielt 2018 Militärhilfe der Ukraine zurück. Warum sorgte er nicht dafür, dass das Land sich gegen eine russische Invasion verteidigen konnte?

Welche der drei Regierungen, über die wir bisher gesprochen haben, hat der Ukraine Waffen geliefert? Es war die Trump-Regierung. Wir waren gegenüber Russland so hart wie keine andere Regierung in der amerikanischen Geschichte. Da waren die Sanktionen; da war die Tatsache, dass wir die russische Wirtschaft enorm strapazierten, weil wir Energie förderten und die Rentabilität des russischen Öls reduzierten.

Ich bin sicher, das überzeugte Putin, sich nicht mit dem Westen anzulegen, vier Jahre lang. Es wird die Aufgabe von Präsident Trump sein, wenn er wiedergewählt wird, die Abschreckung wiederherzustellen, die wir verloren haben.

Würde sich eine Trump-Regierung also an die Nato-Verträge halten und sich im Fall eines russischen Angriffs für die europäischen Verbündeten einsetzen?

Die Antwort ist ein klares Ja. Wir haben es bewiesen. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, dass die Nato nie mehr Ressourcen hatte als in der Zeit, als Präsident Trump im Amt war. Die Verbündeten zahlten endlich ihre vollen Beträge. Unsere Regierung entsandte Truppen nach Osteuropa und in die baltischen Staaten. Daher möchte ich meine leicht besorgten europäischen Freunde darauf hinweisen, dass die Dinge in Europa während der Trump-Administration vier Jahre lang ziemlich gut liefen.

Vier weitere Jahre Präsident Biden hingegen werden zu weiteren Aggressionen führen, fürchte ich, und ich bete, dass ich falschliege. Wenn ich Europäer wäre, würde ich mir darüber Sorgen machen.

Abschreckung lautet Ihre Lösung für alle derzeitigen Konflikte. Über China haben wir noch gar nicht gesprochen. Haben die USA überhaupt die militärischen Kapazitäten dazu?

Die Antwort ist unmissverständlich: Ja. Und wir haben viele Freunde und Verbündete in der Welt: die Australier, die Japaner, die Südkoreaner, die Singapurer, die Inder. Wir können Koalitionen bilden, um die chinesische Aggression abzuwehren. Wir haben Volkswirtschaften, die die wirtschaftlichen Risiken drosseln können. Aber Sie müssen sich auf die USA verlassen können, die Welt zählt darauf, dass wir die Führungsrolle übernehmen.

Die bösen Jungs dieser Welt, wie Kim Jong Un oder Xi Jinping oder Nicolás Maduro: Sie können Schwäche aus 5000 Meilen Entfernung riechen. Es braucht Abschreckung. Und deshalb muss man weiterhin widerstandsfähig und entschlossen sein und nicht ständig über rote Linien reden, die man aus Angst vor Eskalation dann ignoriert.

Der republikanische Senator Roger Wicker stellt in einem neuen Bericht die militärischen Kapazitäten der US-Streitkräfte infrage, vor allem bei der künstlichen Intelligenz und im Weltraum seien die USA nicht mehr wettbewerbsfähig. Teilen Sie diese Sorge nicht?

Wir brauchen immer mehr Waffensysteme. Wir brauchen industrielle Infrastruktur. Ich nehme an, dass unser Niveau für die Abschreckung ausreicht. Aber ja, die relative Lücke zwischen den Kapazitäten der USA mit anderen westlichen Ländern und denjenigen Chinas schliesst sich, die Chinesen gehen aggressiv vor. Ihre Budgets werden aufgestockt, ihre Fähigkeiten sowohl im Weltraum als auch im Cyberkrieg und in der biologischen Kriegsführung werden immer grösser.

Sie waren kürzlich in Taiwan. Wie beurteilen Sie die Situation dort? Wie nah ist ein möglicher Angriff?

Eine andere Nation mit der Flotte zu umzingeln, wie kürzlich nach der Inauguration des neuen Präsidenten, ist ein feindlicher Akt, auch wenn es sich angeblich um eine Übung handelte. Die Russen haben an der ukrainischen Grenze auch Übungen durchgeführt, bevor sie einmarschiert sind. Es besteht also ein echtes Risiko. Xi Jinping ist der festen Überzeugung, dass Taiwan ein Teil von China ist. Da liegt er einfach grundlegend falsch. Aber Xi Jinping glaubt es von ganzem Herzen.

Die USA schicken 2 Milliarden Dollar Waffenhilfe nach Taiwan, aber die Unabhängigkeit anerkennen sie nicht, weil sie eine Eskalation dadurch befürchten – zu Recht?

Es folgt einer linken Weltanschauung, dass realistische Massnahmen eskalierend wirken. Die Realität ist, dass Taiwan eine unabhängige Nation ist. Wir sollten nicht alle so tun, als ob das nicht so wäre. Das ist eine Dummheit, für die uns die Chinesen bloss verachten werden.

Donald Trump begann einen beispiellosen Handelskonflikt mit China. Joe Biden führt ihn fort. Stellt Sie das zufrieden?

Ich rechne es der Biden-Regierung hoch an, dass sie einiges fortgesetzt und an einigen Stellen sogar verbessert hat. Sie macht einige gute Sachen in Bezug auf Dual-Use-Technologien und hat den Handel mit Hightech-Unternehmen auf die schwarze Liste gesetzt.

Was sie nicht begreift, ist, wie ideologisch die Vision von Xi Jinping ist. Sie denkt: Mensch, wir können uns alle vertragen, wenn wir nur ein weiteres Treffen, eine weitere nette Cocktailparty haben. Dann wird Xi Jinping sich ändern. Das ist töricht. Wir müssen die Chinesen jetzt konfrontieren, und zwar nicht nur im Ausland, sondern auch in den USA und Europa.

Können wir uns das überhaupt leisten? Die Volkswirtschaften der USA, Europas und Chinas sind so verflochten, eine Entflechtung würde die Weltwirtschaft doch in eine tiefe Krise führen?

Richtig. Es erzeugt immer Kosten, wenn man Massnahmen ergreift, um sich gegen eine gescheiterte Wirtschaftspolitik zu wehren. Die nackte Realität ist: Die Kommunistische Partei Chinas hat ihre Wirtschaft auf dem Rücken der amerikanischen und europäischen Arbeiter aufgebaut, indem sie unser geistiges Eigentum stahl, das Produkt im eigenen Land herstellte und es dann zu Dumpingpreisen in unsere Länder zurückbrachte.

Wir schaden den westlichen Volkswirtschaften, indem wir dies zulassen. Eine vollständige Entkopplung werden wir wohl nie erreichen. Sollen sie dort – was weiss ich – Strandbälle produzieren, das ist völlig in Ordnung, aber nicht Spitzentechnologien, mit denen sie mein Enkelkind eines Tages umbringen könnten.

Wir sollten uns diese Technologien niemals stehlen lassen. Die Chinesen sollen die harte Arbeit leisten, um sie selber zu entwickeln, wie wir es getan haben. Wenn sich jemand entkoppeln will, dann ist es sowieso Xi Jinping, damit er weniger abhängig ist von den USA und sein Endziel erreichen kann.

Sie haben sich erst diesen April für Donald Trump als Kandidaten der Republikanischen Partei ausgesprochen. Sie haben damit zugewartet. Warum?

Ich habe nicht gewartet. Ich bin schon seit sieben Jahren an der Seite von Präsident Trump.

Würden Sie wieder in seinem Kabinett dienen, falls er gewählt wird?

Wir werden sehen, wen Präsident Trump auswählen wird und ob er mich fragt. Ich glaube, ich könnte etwas bewirken. Es wäre mir eine Ehre, dies wieder zu tun.

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